Manhattan Blues
Harvard drin, ganz zu schweigen davon, daß sie sogar den
falschen DiMaggio bekommen hat. Und ich werde sehr böse, wenn Provinzler aus
Boston in eine richtige Stadt kommen und Bürger auf der Straße angreifen. Oh,
du wirst ein wunderschönes Veilchen kriegen, Walter. Möchtest du, daß ich sie
töte?«
»Ich glaube, ich möchte nur meine Freiheit und mein Eigentum
zurückbekommen«, erwiderte Walter.
»Immer schön langsam«, sagte Callahan.
»Jetzt sind wir nicht mehr so mutig, was?« sagte Dietz. Mit einer
Bewegung, die so schnell war, daß Walter sie kaum verfolgen konnte, ließ Dietz
den Gewehrkolben Callahan ins Gesicht schwingen, packte ihn am Haar, zog ihn
aus dem Wagen und richtete den Lauf dann auf Cahill.
»Ist das dein Aktenkoffer, Walter?« fragte Dietz.
Walter nickte, worauf Cahill ihm den Koffer schnell zurückgab. Walter
stieg aus und betrat den Bürgersteig. Dietz stieß Callahan mit dem Fuß, worauf
der kräftige Mann zur Tür der Limousine zurückkroch. Cahill half ihm in den Wagen,
die Tür knallte zu, und eine Sekunde später fuhr das Auto davon.
Eine vor Verblüffung sprachlose Passantin stand ein paar Meter von
ihnen entfernt auf dem Bürgersteig.
»Keine Angst, M'am«, sagte Dietz und ließ in der schwachen
Straßenbeleuchtung seine Dienstmarke von Forbes und Forbes aufblitzen. »New
Yorks beste Truppe. Wir tun unser Bestes, um die Straßen für nette Menschen wie
Sie sicher zu halten.«
Die Frau sah Dietz entsetzt an und eilte davon.
»Bill«, sagte Walter, »ein Dankeschön ist kaum angemessen für das,
was...«
»Ja, nun, ich stellte mir vor, daß du irgendwelchen Ärger hast«, sagte
Dietz. »He, Walter, du kannst vielleicht vergessen zu erwähnen, daß du mich
hier gesehen hast, okay?«
Weil du für deine sterbende Frau Stoff kaufst.
»Weißt du, William, von dir hatte ich das gleiche erhofft.«
»Ich gehe davon aus, daß es nichts gibt, was du mir sagen willst...«
»Eine gute Annahme.«
»Brauchst du vielleicht noch Unterstützung?“
»Von hier an ist es eine Art Ein-Mann-Job, danke.«
Dietz sah ihn zweifelnd an. »Bist du sicher? Nimm es mir nicht übel,
Walter, aber du bist nicht gerade ein harter Bursche.«
»Ich nehme es dir nicht übel«, erwiderte Walter.
Sie blickten einander kurz an und wechselten ein albernes, verlegenes
Lächeln.
»Mann, Walter«, sagte Dietz. »Mickey Spillane?!«
»Was soll ich sagen?« fragte Walter. »Der literarische Geschmack
deiner Frau ist nun mal so. Sie liebt den Müll. Wie hast du es herausgefunden?«
»Daß ich einen riesigen Schwanz habe, bedeutet noch lange nicht, daß
ich ein kompletter Schwachkopf bin.« Dietz versteckte die Waffe unter seinem
Mantel, um den peinlichen Augenblick zu überspielen, und sagt dann: »Im Ernst,
Walter, ich danke dir.«
»Im Ernst, William, ich danke dir.«
Dietz reckte das Kinn in Richtung Needle Park und sagte: »Ich hatte
sowieso etwas zu erledigen.«
»Du solltest einen Musiker aufsuchen, den ich kenne«, sagte Walter.
»Er heißt Mickey Evans.«
»Ja?«
Walter nickte.
»Gut, vielleicht werde ich das tun.“
»Tu es.«
Ein Abschiedsgeschenk für William Dietz. Saubere Nadeln und Heroin für
seine Frau.
Walter zuckte die Achseln, drehte sich um und ging in Richtung Boat
Basin.
Das Boat Basin wirkt völlig fehl am Platz, dachte Walter, als er an
der Telefonzelle stand und auf die kleine Marina hinunterblickte, die in das
Ufer des Hudson eingeschnitten war. Doch das Boat Basin mit seinen kleinen
Segelbooten wirkte zu idyllisch für diese Stadt mit ihren riesigen Anlegern für
Kreuzfahrtschiffe und Frachter. Das Boat Basin wirkte zu ruhig, zu klein - nur
ein paar Segelboote bewegten sich sacht auf diesem stillen, dunklen Teil des
Flusses, der mehr durch die Lagerhäuser auf der Jersey-Seite erleuchtet wurde
als durch die Lichter Manhattans, die durch die dichtbelaubten Bäume des
Riverside Park ausgesperrt wurden.
»Um neun Uhr am Boat Basin«, sprach er in den Hörer und legte dann
auf.
Er beobachtete vom Ufer aus, wie ein Licht auf einem der kleinen
vertäuten Segelboote viermal blinkte - das vereinbarte Signal. Er sah sich
noch einmal um, um sich zu vergewissern, daß niemand ihm gefolgt war. Dann
schlenderte er zum Dock hinunter und ging an Bord.
Der Schwerfällige begrüßte ihn mit einer Pistole, die er auf Walters
Brust gerichtet hielt, und befahl ihm mit einer Handbewegung, in die Kabine
hinunterzugehen.
»Du bist umwerfend, Walter«, sagte Morrison. Er saß in
Weitere Kostenlose Bücher