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Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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Beispiel?«
    »Nun, zum einen kann ich an Ihren Augen erkennen, dass Ihr Fieber weg ist.«
    »An meinen Augen? Vielleicht solltest du in meinem Büro sitzen und ich nehm hier vorne Anrufe entgegen.«
    »Nein«, sagte sie und schüttelte unvermittelt ernst den Kopf. »Nein. Ich kann die Zeichen lesen, aber ich kann sie nicht übersetzen.«
    In meinem ganzen Leben hatte ich noch nichts gehört, was die wahre Arbeit eines Detektivs triftiger und prägnanter auf den Punkt gebracht hätte.
    »Und was macht dich sonst noch glücklich, Mardi?«
    »Sie werden schon sehen.«
    Eine weitere Überraschung.
    Twill saß mit dem Rücken zum Gang, die Füße auf eine offene Schublade gelegt, an seinem Schreibtisch und blätterte in einem Buch mit rotem Einband ohne Schutzumschlag. Ich blieb hinter ihm stehen. Er las weiter, undich stand da und wartete. Der Geduldskampf dauerte keine Minute. Dann drehte er sich zum Gang, wobei er die Schublade zutrat, um auf seinem Bürostuhl genug Schwung zu bekommen. Er hatte ein hellgelbes T-Shirt aus Seide und schwarze Röhrenjeans an. Seine Tennisschuhe waren dunkelgrün, und er trug keine Socken.
    »Pops«, sagte er mit einem Grinsen.
    Ich unterdrückte ein Lächeln und setzte mich auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch.
    »Sohn.«
    Zwar war er noch nicht lange in meinem Büro, doch Twill und mich verband ein inneres Verständnis, seit er sprechen konnte. Ich musste ihn nur ansehen, und er kapierte, was Sache war.
    »Ich und Em …«, begann er.
    »Em?«
    »Mirabelle Mycroft … Sie und ich, wir waren gestern Abend mit Kent und Luscious McKenzie Pizza essen, in einem Laden in der 9 th Avenue, der The Last Ray of the Day heißt. Ich hab neben seinem Mädchen gesessen und er neben seiner Schwester.«
    »Wie war er?«, fragte ich.
    »Schwer zu sagen, Pops. Ich meine, er hat nicht den Machoboss raushängen lassen, aber er war irgendwie hart. Er hat mich angeguckt, als wollte er sagen: Wer verdammt noch mal glaubst du, wer du bist, dass du hier mit mir sitzt? Dabei hat er die ganz Zeit scheißfreundlich gelächelt und gefragt, was ich so mache. Luscious war in Ordnung. Halb weiß, halb schwarz mit grünen Augen und Haaren wie Ms. Ullman, der Typ Mädchen, für das Männer von Bäumen springen und so.«
    »Und Kent?«
    »Wir haben uns zwei große Pizzas geteilt, und dann hat er sich entschuldigt, um draußen eine Zigarette zu rauchen. Während er weg war, hat Em versucht, mit Luscious zu reden …«
    »Sie haben sich nicht verstanden?«, fragte ich.
    »Mirabelle war einfach nervös. Ihr Bruder war zu still, und Luscious hat geredet, was ihr gerade in den Kopf kam. Jedenfalls … als Kent draußen war und Em zur Toilette musste, hat Luscious mir ihre Karte in die Hand gedrückt. Voll auf die raffinierte Tour. Sagt, ihre Mom sei aus Texas, und guckt mir dabei tief in die Augen, und dann schiebt sie mir ihre Karte rüber. Nach dem Essen hat Kent uns in einen Rock-’n’-Roll-Club in der Varick Street eingeladen. Die Musik hätte dir gefallen, Pops. Er und Luscious haben ein paar Freunde getroffen, und ich hab gesagt, ich würde Em nach Hause bringen.«
    »Und hast du die Finger von ihr gelassen, wie ich gesagt habe?«
    »So gut wie.«
    »Was soll das heißen?«
    »Sie musste in den Arm genommen werden, weil sie so nervös war, und von dort ist es nicht weit bis zu einem Kuss. Und du kennst das ja, man weiß nie, wie ein Mädchen einen küsst. Aber ich hab ihr erklärt, dass ich meinen Job mache und gehen müsse. Das hat sie auch kapiert, größtenteils. Ich hab sie vor ihrer Haustür abgesetzt und Luscious angerufen.«
    »Einen Moment mal, Junior. Ich hab dir gesagt, dass das bloß ein Erkundungseinsatz sein sollte.«
    »Ich weiß«, verteidigte er sich. »Ich hab bloß angerufen, um herauszufinden, was sie wollte. Ich dachte, wenn sie mich treffen will, könnte ich sie fragen, was sie mit Kent zu tun hat, und vielleicht das eine oder andere über ihn erfahren. Das hätte ich überwiegend am Telefon erledigen können. Aber stattdessen hat sie mir erklärt, dass Kent mich treffen will.«
    »Was?«
    »Das hab ich auch gesagt, Mann.« Twills Miene wirkte immer noch milde erstaunt. »Ich meine, als ob sie ein Mitglied seiner Bande wäre. Er hat mich ausgecheckt, während ich ihn ausgecheckt habe. Das heißt, seine Schwester und sein Vater haben sich womöglich geirrt. Wenn irgendwer irgendwas dreht, dann Kent selber.«
    »Was genau hat das Mädchen gesagt?«
    »Sie hat gesagt, Kent hätte gefallen, was er

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