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Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman

Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman

Titel: Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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Klammern BH stand.
    Ich stellte mir die Genugtuung vor, die der ungebildete Fell empfunden haben musste, als er so etwas wie Klammern verwenden konnte. Wahrscheinlich hätte er mir leid getan, wenn da nicht Gordos Hammer gewesen wäre.
    Es war eine Geschichte, die mir der Box-Trainer vor gut dreißig Jahren erzählt hatte.
    Ich hatte in einem Club gerade gegen einen stämmigen Journeyman im Halbschwergewicht gekämpft, einen Boxer aus Philadelphia namens Mike »Big« Pink. Es war ein inoffizieller Schaukampf, kein Amateur- und auch kein Profi-Fight. Pink war fast doppelt so alt wie ich und mit den Jahren deutlich langsamer geworden. Aber in der vierten Runde traf er mich so hart, dass er mich von den Beinen holte. Ich taumelte gegen die Seile und krümmte mich, als wollte ich prüfen, ob ich Fußgeruch hatte. In dieser und den beiden folgenden Runden jagte er mich durch den Ring, um mir den endgültigen K.o zu verpassen. Das war der Tag, an dem ich beschloss, kein Profiboxer zu werden. Ich schaffte es, auf den Beinen zu bleiben. Und obwohl Big Pink mich getroffen hatte, war es ein Unentschieden nach Punkten. Doch ich spürte diesen Schlag noch Wochen später, in Fingern und Knien, Brust und Rücken. Ich wollte nie wieder so geschlagen werden.
    Als ich Gordo das mitteilte, erzählte er von dem Hammer, um mir meinen Entschluss auszureden.
    »Hinter dem Blau im Himmel gibt es einen großen, dicken Hammer«, erklärte er mir. »Der hängt bloß da oben und wartet. Und eines Tages, wenn du es am wenigsten erwartest, saust dieser Hammer auf dich runterwie Big Pinks Faust. Das ist der endgültige Test für einen Boxer, für jeden Mann. Der Punch, den man nicht kommen sieht. Man kann nichts dagegen machen, man kann nur versuchen, sich so gut wie möglich davon zu erholen. Das hast du nach Mikeys Schlag getan. Du hast es gut gemacht.«
    Das war meine Abschlussprüfung als Boxer. Ich habe sie bestanden und am selben Tag aufgehört. Was ich jedoch damals noch nicht begriff, war, dass Gordo nicht nur über den Ring gesprochen hatte. Der Hammer wartete auf jeden. Er kam als Untreue, Krebs, Steuer oder als Komet am westlichen Himmel, der jedes Wesen über fünfzig Kilo vernichtete. Der Hammer war auf Norman Fell niedergesaust; und mich beobachtete er aus zwei stählernen Augen.
    Ich drückte mich vom Schreibtisch ab, lehnte mich zurück und betrachtete meine Hände. Ich habe große Hände mit dicken, klobigen Fingern. Als kleiner Junge wollte Twill immer mit mir Armdrücken spielen. Er setzte sich an den Esstisch, stemmte seinen spitzen Ellenbogen auf die Platte und versuchte mit aller Macht, meinen Arm herunterzudrücken. Ich ließ ihn etwa eine Minute kämpfen, bevor ich fester dagegen hielt, seinen Arm vom Tisch schob und ihn zu Boden rang. Er kreischte vor Lachen und rief Ungerecht! Er gewinnt immer kampflos .
    Ich hatte in einer Hand mehr Kraft als Twill im ganzen Körper, und da war er immerhin schon ein Teenager.
    Mit den Seiten aus Fells Büchern konnte ich nichts weiter anfangen, also rief ich Tiny an, um mich zu erkundigen, welche Fortschritte er gemacht hatte.
    »Hey, LT«, antwortete der junge Mann. Er ließ mir nicht mal Gelegenheit, die Frage zu stellen, sondern legte sofort mit seinem Bericht los. »Das Mädchen heißt Mardi Bitterman. Sie hat ihre IP-Adresse mit der Kreditkarte ihres Vaters bezahlt. Er heißt Leslie und ist Manager bei Parley & Lowe, einer Firma, die Kredite aufkauft und Unternehmen liquidiert.«
    »Irgendwas über die beiden?«, waren meine ersten Worte.
    »Nicht mal ein Strafzettel wegen Falschparkens. Das Mädchen ist eine ganz ordentliche Schülerin. Sie hat eine jüngere Schwester, Marlene, aber eine Mutter taucht nicht auf.«
    »Gestorben?«
    »Darüber finde ich auch nichts. Sie ist einfach nicht da.«
    »Danke, Bug. Kannst du ein bisschen tiefer graben?«
    »Zahlst du?«
    »Den üblichen Preis.«
    Ich rief Twill an, und er ging nach dem ersten Klingeln dran.
    »Hi, Pops. Was gibt’s?«
    »Ich wollte fragen ...«, setzte ich an.
    »Einen Moment«, unterbrach er mich und sagte zu jemand anderem: »Es ist mein Vater. Mom ist im Krankenhaus, und vielleicht muss ich helfen.« Nach einem weiteren Moment sagte er: »Was kann ich für dich tun, Dad?«
    »Du könntest damit anfangen, deine Lehrer nicht anzulügen.«
    »Die Stunde ist fast zu Ende«, sagte er. »Und du weißt, dass ich die Sommerkurse nur wegen meiner Verurteilung belegen muss.«
    »Keine Lügen.«
    »Okay. Wird gemacht.«
    »Und

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