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Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman

Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman

Titel: Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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schmuggelte. Ich musste bloß einen kleinen Tipp absetzen; vielleicht war es auch ein mittelgroßer.
    »Nie gehört«, sagte ich.
    »Oh.«
    »Eine Freundin von Ihnen?«
    »Wir werden Ihre Geschichte überprüfen, Mr. McGill«, erwiderte sie und stand auf. »Hoffen wir, dass Sie unschuldiger sind, als Dolores es war.«

27
    Die Polizei mag es, wenn ein Verdächtiger oder jemand, den sie einfach nicht mag, sich unbehaglich fühlt. Es spielt keine Rolle, ob die fragliche Person unschuldig ist und den Übergriff nicht verdient hat. Wenn der Fall gelöst und ein anderer als Schuldiger überführt ist, kommen sie nicht eine Woche später vorbei, um sich zu entschuldigen. Ihr Job ist es, Leute wie mich mit Übelkeit und Ängsten zu plagen
    Die Polizei handelt mit Magengeschwüren und Herzinfarkten, unspezifischen Neurosen und unverstelltem Verfolgungswahn.
    Deshalb habe ich die buddhistische Praxis der Meditation erlernt.
    Nachdem die Vertreter des NYPD meine Räumlichkeiten verlassen hatten, setzte ich mich auf meinen Bürostuhl und atmete lange und tief ein und zählte »eins«. Dann atmete ich aus, dachte dabei die Zahl »zwei« und fuhr auf diese Weise fort, bis ich es bis »zehn« geschafft hatte. Dann fing ich wieder bei »eins« an und so weiter, viele Male, bis das Zählen von mir abfiel und nur eine Art Seligkeit zurückblieb, die etwas länger als eine halbe Stunde andauerte.
    Ich hätte auch noch viel länger so weitermachen können, wenn es nicht wieder geklingelt hätte. Diesmal war es kein Schock, sondern nur ein sanfter Denkanstoß. Ich hatte mich in einen knallbunten Karpfen in der kühlen Ecke eines japanischen Teiches verwandelt. Ich atmetedurch den Mund ein und blickte auf den Monitor, um den Flur einzusehen.
    Ryman Lucas und Hal Pittman waren hässliche Männer. Lucas’ Nase, Augen und Ohren gehörten zu einem größeren Kopf. Und Pittman war schlicht furchteinflößend. Sie waren beide weiß, gleich groß – kleiner als 1,80 Meter, aber immer noch ein Stück größer als ich. Sie trugen billige Anzüge – Lucas einen hellbraunen, der andere einen hellorangefarbenen.
    Ich dehnte mich träge, streckte den Oberkörper, nahm meine .38er aus der obersten Schublade und schlenderte zur Tür.
    Bis ich am Eingang angekommen war, hatte es noch zwei Mal geklingelt. Ich öffnete langsam die Tür, zeigte den Schlägern meine Pistole und bedeutete ihnen mit dem Lauf, sich auf die Besucherstühle im Vorzimmer meines Büros zu setzen.
    Aura hatte den als Tatwaffe beschlagnahmten Stuhl durch ein schickes Lederteil aus dem Keller des Tesla Building ersetzt, eingestellt auf die von mir bevorzugte Höhe, was mich lächeln ließ, als ich vis-a-vis meiner aufmerksamen Geiseln darauf Platz nahm.
    »Du brauchst keine Knarre, LT«, sagte Pittman.
    »Aber du brauchst einen neuen Schneider«, erwiderte ich.
    »Komm schon, Mann«, beschwerte sich Lucas. »Wir sind bloß hier, weil der Boss uns beauftragt hat.«
    »Am Anfang schon«, sagte ich in der Hoffnung, sie zu ärgern.
    »Häh?«, fragte Lucas.
    »Warum seid ihr hier?«, fragte ich und spürte, wie dieLuft aus meinen Lungen wich und der Stuhl mein Gewicht trug.
    Pittman rezitierte eine zehnstellige Nummer, die mit der Vorwahl von Chicago anfing. Ein Muskel auf der linken Seite meines Gesäßes spannte sich leicht an.
    Ich nahm den Hörer in die linke Hand, klemmt ihn zwischen Schulter und Ohr und wählte.
    Nach dem ersten Klingeln wurde abgenommen: »Leonid?«
    Meine rechte Arschbacke kannte die Stimme.
    »Mr. Vartan.«
    »Ich bin im Erdgeschoss, im Coffee Exchange auf der Südseite.«
    »Ich komme sofort.«
    Ich dankte Buddha für seinen Atem in meinen Lungen. Ohne diesen kleinen Vorteil hätte ich vielleicht etwas Verrücktes getan – wie die beiden vor mir sitzenden Männer zu erschießen.
    »Ihr beiden könnt gehen«, sagte ich.
    »Aber ...«, setzte Pittman an.
    Ich richtete die Pistole auf sie und spannte den Hahn, was meine ungeladenen Gäste veranlasste, aufzustehen und ohne ein weiteres Wort hinauszugehen.
    Das klingt tödlicher, als es in Wirklichkeit war. Das Ganze war nicht gewalttätiger als ein Klaps auf den Bauch eines halsstarrigen, trägen Pferdes.
    Ich war mir sicher, dass die Knochenbrecher vor dem Fahrstuhl im Erdgeschoss auf mich warten würden. Wenn Harris Vartan jemandem etwas aufträgt, führt der den Befehl garantiert aus. So läuft das einfach in seiner Welt.
    Aber ich hatte diese Sphäre verlassen und wusste keine bessere Art, das zum Ausdruck

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