Manhattan Projekt
somalischer Rebellen gefangenzunehmen. Die Operation verlief reibungslos. Das Sonderkommando wollte gerade abziehen, als einer der Hubschrauber von einer Granate getroffen wurde. Der Hubschrauber stürzte ab, und es folgte eine beispiellos grausame Schlacht Mann gegen Mann, die die ganze Nacht andauerte. Das Sonderkommando verlor drei Dutzend Mann, die Somalis mehr als tausend.
Doch dies war ein schwacher Trost für Buck Torrey. Er schrieb ein halbes Dutzend Memoranden mit der Bitte, seinen Männern in diesem gottverlassenen Land bewaffnete Unterstützung zur Seite zu stellen. Weil seine Bitte unbeachtet blieb, war die Special Operations Kommandozentrale vor Ort nicht in der Lage, eine Rettungsoperation zu arrangieren oder Verstärkungstruppen aufzustellen. Torreys Männer – und für ihn waren sie seine Männer – hatten trotzdem alles im Griff. Sie ließen sich nicht von einer Institution unterkriegen, der es mehr um ihr Image und ihre Dollars ging als darum, Leben zu schützen. Torrey schrieb ein allerletztes Memorandum, ging in das Büro des SOC-Befehlshabers und zertrümmerte dessen Unterkiefer mit einem einzigen Kinnhaken.
Er war mit seiner Entlassung einverstanden, nahm seine Pension entgegen und kehrte der Welt den Rücken. Aber er konnte dem Spinnennetz der Special Forces nicht entkommen, denn die hatten ihre eigenen Mittel, jemanden aufzuspüren; auch Blaine hatte sich dieser Mittel bedient, um ihn zu finden.
»Ich warne dich, wenn du hierher gekommen bist, um dir ein nettes Plätzchen zu suchen, die Gegend eignet sich nicht für einen Urlaub«, sagte Buck Torrey.
»Ich bin wegen dir gekommen.«
»Ich habe mit deinen Ärzten gesprochen, mein Junge.«
»Du …« Blaine machte aus seiner Verwunderung keinen Hehl.
»Sie sagten mir, sie würden dich zusammenflicken.«
»Sie haben es geschafft, daß ich gehen kann, ohne hinzufallen, und mich rasieren, ohne mich zu schneiden. Ab dann wird's schwierig.«
»Kein beneidenswertes Leben, rumlaufen und sich rasieren.«
»Nein.«
Buck Torrey ließ seine Beine vom Steg baumeln und schüttelte das Wasser aus seinen Kleidern. »Jetzt kannst du noch Angeln hinzufügen, mein Junge, und du hast ein Stückchen mehr von dir wieder.«
»Ich möchte, daß du mich wieder trainierst, Buck.«
»Klar. Fliege oder Köder, du hast die Wahl.«
»Ich rede nicht vom Angeln.«
Torrey blickte auf McCrackens DS-Ring und verglich ihn mit seinem eigenen. »Steht dir gut.«
»Danke.«
»Wann hast du ihn das letzte Mal getragen?«
»Ich erinnere mich nicht mehr.«
»Das erklärt, warum er so gut erhalten ist.« Torrey sah Blaine prüfend an. »Hast du ihn heute für mich angesteckt?«
»Ich habe gehofft, er könnte mich zurückbringen.«
»Du kannst nicht zurück, mein Junge. Das Getriebe eines Mannes läuft nur vorwärts.« Bucks Augen ruhten auf Blaines Ring. »Und alles was du dazu brauchst, um dich wieder selbst durchzuschlagen, liest sich in diesen beiden Buchstaben.«
»Dead Simple.«
»Das sind nur Worte. Du mußt hinter die Worte schauen, das war unser Motto, und darum waren wir so gut im Töten. Viele sind gut im Töten. Aber um immer noch zu leben wie wir alten Hasen, mußt du schon ein bißchen mehr können als das.«
»So wie du, vielleicht.«
»Ich weiß nicht. Du lebst doch auch noch, oder nicht?«
»Nicht sehr.«
»Entweder ja oder nein.«
»Ja.«
»Dann erzähl mir jetzt den Rest der Geschichte.«
Der A-1000-Thunderhawk-Helikopter flog leise und unsichtbar durch die Nacht. Blaine kauerte in dem engen Durchgang zum Heck, während das Washington Monument immer näher rückte. Als die Spitze direkt unter ihnen war, drosselte der Pilot des Thunderhawk das Tempo, bis der Hubschrauber auf der gleichen Stelle schwebte. Blaine ergriff das Seil, das an seinem Gurtzeug befestigt war und glitt lautlos in den nächtlichen Himmel. In seinem schwarzen Tarnanzug wußte Blaine sich selbst für geübte Augen unsichtbar.
Die gesamte Ausrüstung, die er angefordert hatte, war mit einem FBI-Eliteteam zu einer Baustelle in der Nähe des Baseballstadions im West Potomac Park gebracht worden.
Er überließ es Kirkland, dem Einsatzkommando seine Rolle in der Operation zu erklären, legte das Gurtzeug der Kletterausrüstung an und überprüfte sorgfältig den Bestand an Felshaken sowie die Haltbarkeit der Karabinerhaken. Zufrieden verstaute er alles an seinem Platz und machte sich daran, das Kletterseil zusammenzulegen, so daß es bequem um seine Schulter hängen
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