Manipulationstechniken. So wehren Sie sich. (Haufe Sachbuch Wirtschaft) (German Edition)
möchten jemanden auf eine bestimmte Meinung festlegen bzw. herausfinden, ob er sich festlegen lässt. Man kann dann die vom Adressaten geäußerte Position wiederum nutzen, um seine eigene Position anzuschließen. Geschlossene Fragen sind also geeignet, ein Commitment zu erzielen. Auf Basis dieses Commitments des Adressaten kann man entsprechend des Konsistenzprinzips („Wer A sagt, muss auch B sagen!“) seine eigene Argumentation aufbauen. Sokrates hat in den platonischen Dialogen diese Methode häufig eingesetzt, um den Gesprächspartner auf bestimmte Positionen „festzunageln“.
Beispiel
Manuela und Ludwig planen ihren Urlaub. Manuela möchte in die USA fliegen, Ludwig ist das aber zu teuer.
Manuela: Aber sollten wir uns gerade einen solchen Urlaub nicht einfach mal leisten?
Ludwig ringt mit sich selbst: Ja, das ist schon richtig …
Manuela: Haben wir in den letzten Jahren nicht oft genug auf Dinge verzichtet?
Ludwig: Ja, ja, das stimmt schon.
Manuela: Ich finde, da wird es doch mal Zeit, dass wir etwas Außergewöhnliches machen. Was meinst du?
Manuela stellt hier ein paar geschlossene Fragen, die fast rhetorischen Charakter haben. Sie bringt Ludwig damit in eine Gedankenrichtung, die ihn langsam erweicht. Der Gedanke, in den USA Urlaub zu machen, festigt sich Schritt für Schritt. Zum Abschluss stellt Manuela noch eine offene Frage – „Was meinst du?“ – und bezieht Ludwig dadurch sofort wieder in das Gespräch mit ein.
Zum Abschluss noch ein Kommentar zur Unterscheidung offener und geschlossener Fragen. Worauf es eigentlich ankommt, ob die Antwort ausführlich oder knapp ausfällt, ist weniger die grammatische Form der Frage, sondern die Einstellung des Fragenden, die der Adressathinter der Frage spürt. Wenn ich merke, dass der Fragende wirklich Interesse an mir und meiner Meinung hat, werde ich auch auf „grammatisch geschlossene Fragen“ ausführlich antworten („Hey, Fritz, du lässt die Ohren ja ganz schön hängen. Ist was?“ „Na ja, dir kann man ja eh nichts vormachen. Also …“). Umgekehrt gilt: Eine mit offensichtlichem Desinteresse gestellte „grammatisch offene“ Frage wird eher kurz beantwortet – man spürt ja, dass der Frager „es“ gar nicht wissen will.
Hineinzoomen: Der Präzisierungstrichter
Eine der wichtigsten Einsatzmöglichkeiten von Fragen zielt darauf, die Äußerungen des Adressaten zu präzisieren und zu konkretisieren. Wir können uns dies als ein Hineinzoomen in die Position des Adressaten vorstellen. Die Methode, die wir dazu benutzen, nennen wir den Präzisierungstrichter .
Der Präzisierungstrichter ist eine einfache und elegante Methode, um emotional aufgeladene Gespräche zu versachlichen, Wesentliches von Unwesentlichem zu trennen, Prioritäten zu erkennen und gemeinsam festzulegen, zum Kern einer Sache zu kommen, auf konkrete Fakten zuzusteuern und vage Äußerungen zu präzisieren.
Am besten sehen wir uns ein paar Beispiele an. Zuerst zwei einfache Beispiele, in denen durch den Trichter die Wendungen des Adressaten genauer erfasst werden sollen:
Beispiele
„Ich sehe da einige Punkte, die ich für kritisch halte.“
„Welche Punkte meinen Sie denn genau?“
„Was Sie vorschlagen, ist doch wenig realistisch.“
„Was meinen Sie mit ‚wenig realistisch’?“
An diesen Beispielen sehen wir bereits, dass sich der Präzisierungstrichter besonders dann empfiehlt, wenn man mit Einwänden konfrontiert wird. Nun ein etwas komplexeres Beispiel.
Beispiel
Herr Kern: Ah, Herr Piper! Gut, dass ich Sie treffe. Mit Ihnen habe ich sowieso noch ein Hühnchen zu rupfen. Die Präsentation gestern von Ihrem Mitarbeiter, die ließ ja mehr als zu wünschen übrig, und die Informationsweitergabe, die klappt ja wohl auch überhaupt nicht. Wenn sich da nicht bald was ändert, dann wird das ernsthafte Konsequenzen haben. Ich lasse mir doch von Ihren Leuten nicht auf der Nase herumtanzen …
Herr Piper: Das überrascht mich jetzt natürlich. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann geht es Ihnen gleich um zwei Punkte: die Präsentation von Herrn Meier und etwas, was mit unserer Informationsweitergabe nicht stimmt. Ich würde gern beide Punkte mit Ihnen klären. Mit welchem sollen wir denn anfangen?
Herr Kern: Meinetwegen mit der Präsentation vom Meier.
Herr Piper: Was ist denn da genau vorgefallen?
Herr Kern: Ja, der war überhaupt nicht vorbereitet.
Herr Piper: Was heißt denn „nicht vorbereitet“?
Herr Kern: Er hatte keine Unterlagen dabei
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