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Manner Lieben

Manner Lieben

Titel: Manner Lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Julian
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das Sagen hatte. Er würde also besser das Maul halten, soviel war klar!
    Frank führte abermals die Hand zur Wunde, auch wenn das brannte wie die Hölle. Zugleich pochte sein Ohr vor dumpfem Schmerz.
    Frank fragte sich, warum er immer noch jeden Tag hierher kam. Und doch kannte er die Antwort darauf. Weil er sonst alleine war - seinem ebenfalls arbeitslosen Vater ausgeliefert, der nichts als Vorwürfe für ihn übrig hatte, während Franks Mutter im Krankenhaus putzen ging und abends völlig erledigt war. Kaum Geld. Keine Perspektive. Das war kein Leben! Während sein Ohr pulsierte, zweifelte Frank, ob er wirklich für ein wenig Gesellschaft weiterhin seine Gesundheit gefährden sollte. Sein Alkoholkonsum war inzwischen auf dem besten Wege, in einer Sucht zu münden. Von Zigaretten ließ er die Finger, auch wenn Tobias ihn dafür stets verhöhnte, steckte dieser sich doch selbst einen Glimmstängel nach dem anderen an, als sei nikotinlose Atemluft eine tödliche Gefahr. Frank blickte zu Boden und versuchte den Schmerz zu verdrängen, als er spürte, dass ihm langsam Tränen in die Augen traten. Plötzlich regte sich etwas neben ihm. Er wagte nicht, aufzusehen. Wenn einer der Jungs bemerkte, dass ihm die Augen tränten, dann würden sie ihn fertigmachen.
    „Hier", hörte er eine leise Stimme, in seinem Blickfeld tauchte ein Papiertaschentuch auf. Es war frisch und noch zusammengefaltet. Nun wurde es aufgeschlagen und ihm vorsichtig aufs Ohr gedrückt. Frank griff danach und hielt es fest. Nur langsam hob er den Kopf ein wenig. Mareks Augen trafen ihn forschend. Sofort versteifte Frank sich.
    „Danke", murmelte er und wollte den Kopf wieder senken, doch Mareks Gesichtsausdruck hielt ihn davon ab. Frank interpretierte ihn zu seiner großen Überraschung als Besorgnis. Im gleichen Moment, als sich die Züge des anderen wieder verhärteten, fiel Frank ein, dass er zu leichtsinnig gewesen war. Marek musste die Tränen gesehen haben, die Frank in seinen Augen spürte. Verdammt, das würde ein schmerzhafter Nachmittag werden, denn wenn Marek die anderen nun darauf aufmerksam machte, würde Tobias nicht eher ruhen, bis Frank heulend vor ihnen am Boden lag.
    Der selbst ernannte Anführer hatte das mal mit einem Typen gemacht, der eine dumme Bemerkung von sich gegeben hatte. Der Kerl hatte versucht, Fersengeld zu geben, aber Tobias und Roman hatten ihn erwischt und mit eiserner Hand festgehalten. Er hatte Schiss bekommen und Tränen waren ihm in die Augen gestiegen, die er hastig wegzuwischen versucht hatte. Aber es war zu spät gewesen, alle hatten gesehen, dass er flennte. Tobias hatte ihm daraufhin eine Abreibung verpasst, deren Brutalität Frank immer noch deutlich vor Augen stand.
    Marek wandte sich ab, und Frank biss die Zähne zusammen, in Erwartung dessen, was nun kommen würde. Aber Marek schwieg.
    Plötzlich erklang Tobias' Stimme: „Los, Frank, gib mir eine neue Flasche Bier! Bring sie mir schön brav her!" Frank versuchte, den Schmerz hinunterzuschlucken. Seine Augen mussten trocken werden! Er durfte nicht zu lange zögern, dem Befehl nachzukommen, sonst würde Tobias ihn sich so oder so vorknöpfen. Doch ehe Frank reagieren konnte, ging Marek bereits zu der Tüte, in der sie die Flaschen aufbewahrten, und warf Tobias ein Bier zu.
    „Ich habe gesagt, er soll das machen", fuhr Tobias ihn an. „Aber er hat die Finger voll Blut. Du wolltest ein Bier — du hast eins", gab Marek zurück.
    Die Luft schien zu vibrieren. Frank hob den Blick und sah, wie der Anführer und Marek sich gegenseitig anstarrten. Bislang hatte Frank noch nicht erlebt, dass Marek sich gegen Tobias auflehnte, doch insgeheim hatte er sich oft gefragt, ob er in Wahrheit nicht der Stärkere von beiden war. Auch Tobias schien dieser Gedanke nicht völlig fremd, obwohl er offensichtlich erstaunt war, dass Marek sich plötzlich gegen einen seiner Befehle stellte. Schließlich nickte er nur knapp, schlug den Kronkorken der Flasche an einer Metallsprosse der Rutsche ab, und nahm einen großen Schluck.
    Marek postierte sich zu Franks großer Verblüffung in seiner Nähe und fragte beiläufig: „Geht's?"
    Frank nickte kaum wahrnehmbar. Ein weiteres Mal streifte ihn Mareks Blick und diesmal konnte Frank ihn in seinem Bauch spüren - ein angenehmes Gefühl! Er musste unbedingt aufpassen und sich unter Kontrolle halten, beschwor er sich selbst sofort. Diese geheimnisvollen Augen hatten schon viel zu oft eine Rolle in seinen Tagträumen gespielt, und

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