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Manner Lieben

Manner Lieben

Titel: Manner Lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Julian
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Reiseführer beschrieben. Clement checkte mit leichtem Gepäck ein. Das Zimmer wirkte gemütlich, die Aussicht in den Hof war traumhaft. Einen Moment lang genoss er den Anblick, dann wandte er sich ab und verließ das Zimmer. Er stieg die Treppen wieder hinab, kaufte an der Rezeption eine Zeitung und setzte sich damit in die Eingangshalle. Sein Herz schlug wie verrückt, jedes Mal wenn jemand die Pension betrat. Er beschwor sich, Ruhe zu bewahren. Nichts war gewiss — gar nichts. Clement ahnte, dass dies ein langer Tag werden würde, und dass ihm nicht viel mehr übrig blieb, als zu hoffen.
    Der Duft des Lavendels war so intensiv, dass Jacques ganz benebelt davon war. Überall flogen Schmetterlinge, Bienen und Hummeln umher, die sich an den kleinen lilafarbenen Blüten bedienten. Die Felder reichten bis zu einer entfernten Gruppe von Bäumen, dahinter erstreckte sich das Gebirge. Jacques schulterte seinen Wanderrucksack neu, den er für seine Tour durch die Provence sorgfältig gepackt hatte. Noch im Morgengrauen des vorherigen Tages war er von seiner Heimatstadt Paris mit dem Zug bis Avignon gereist, hatte die Stadt erkundet und schließlich wie geplant in einem Hotel übernachtet.
    Am frühen Morgen war er dann per Anhalter gefahren und froh gewesen, als er dem äußerst gesprächigen Fernfahrer endlich wieder entkommen konnte, ohne allzu undankbar zu wirken. Jacques sah zum strahlend blauen Himmel. Ein Gefühl der Vorfreude durchströmte ihn bei dem Gedanken, dass er die herrliche Natur für ein paar Tage sein Zuhause nennen konnte. Den Fotoapparat hielt er stets griffbereit, um für seine Sammlung interessante Aufnahmen festhalten zu können.
    Jacques Eltern waren nicht gerade erfreut gewesen, als sie erfahren hatten, dass er die Provence zu Fuß zu erkunden wollte. Seine Ausführungen, dass er danach die Fotos der Fauna und Flora der Gegend einem Verlag anbieten wollte, hatten sie nur mit einem müden Lächeln quittiert. Sie rechneten ihm keine Chancen diesbezüglich ein, aber darauf kam es Jacques letztendlich auch gar nicht an.
    Das Zelt und eine dünne Decke würden ihm genügend Schutz bieten, obwohl ihm doch etwas unwohl bei dem Gedanken war, ganz alleine irgendwo zu campieren.
    Jacques Eltern gingen inzwischen von falschen Voraussetzungen aus, denn sie glaubten, sein bester Freund Clement würde ihn begleiten. Was seine Eltern nicht ahnten: Bis ein paar Stunden vor der Abreise waren Clement und er ein Paar gewesen. Um allerletzte Vorbereitungen für ihren Trip zu besprechen, war Jacques überraschend in der Wohnung seines Geliebten aufgetaucht und hatte dort eine noch viel überraschendere Entdeckung gemacht: Clement lag mit einem anderen Kerl namens Gerome im Bett, der mit ihnen gemeinsam das Abitur gemacht hatte und jetzt an der gleichen Uni wie sie studierte. Vom Moment der schockierenden Entdeckung an war Jacques klar gewesen, dass er alleine gehen würde — und er wollte sich bemühen, die Wanderung nicht nur alleine zu genießen, sondern sie ebenfalls dazu nutzen, um mit der Vergangenheit abzuschließen.
    Immerhin war er mit Clement seit fast einem Jahr zusammen gewesen, und noch viel länger waren sie befreundet. Ob die Freundschaft wiederkehren konnte, wusste er derzeit noch nicht — dafür tat es zu weh, was Clement ihm angetan hatte. Selbst der Lavendelduft versprach in diesem Fall keine Heilung. Jacques verdrängte die Erinnerung an romantische und sinnliche Stunden mit Clement rigoros.
    Er sah sich um und fotografierte eine Mohnblüte, die sich vorwitzig unter die Lavendelblüten gemischt hatte, dann atmete er tief durch und spürte, dass es nun wirklich bald Zeit wurde, der nahenden Mittagshitze in den kühleren Schatten zu entfliehen. Als Jacques die Bäume erreicht hatte, lehnte er seinen Rucksack gegen einen der Stämme, holte die Decke hervor und setzte sich darauf. Das Baguette schmeckte köstlich — die Welt war perfekt! Zumindest so lange, bis ihm einfiel, dass er ursprünglich jetzt mit Clement hier hatte sitzen wollen. Sie hätten das Gefühl von Freiheit gemeinsam genießen können, sich unter diesem Baum küssend, einander streichelnd — aber Clement hatte es vorgezogen, seine Freiheit auf anderem Wege zu genießen ... einem, den Jacques nicht akzeptieren konnte und wollte. War er deshalb vielleicht ein Spießer? Nachdem er die beiden in flagranti erwischt hatte, war er aus Clements Wohnung gestürmt, jedoch nicht ohne zuvor den Schlüssel zu selbiger mit einem gezielten Wurf

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