Manner Lieben
durch die Badezimmertür in die geöffnete Toilettenschüssel zu befördern. Ein sinnbildlicher Akt, der Clement deutlich machen sollte, wie endgültig aus es zwischen ihnen war. In Jacques kochte erneut die Wut hoch, aber auch das Gefühl, das Wichtigste in seinem Leben verloren zu haben. Es tat weh, Clement aufzugeben. Denn obwohl sie auf den ersten Blick sehr unterschiedlich waren, hatte es viel gegeben, was sie miteinander verband. Eine Art von Verständnis und Vertrauen, das sich immer darin gezeigt hatte, dass sie einander auch die Wahrheit sagen konnten, ohne sich für irgendetwas schämen zu müssen, oder gar verurteilt zu werden.
Clement hatte mit diesem Betrug all das zerstört — Jacques' Leben völlig auf den Kopf gestellt. Das fühlte sich nicht gut an . ganz und gar nicht. Und es gab noch etwas, das ihm durchaus Bauchschmerzen bereitete, denn wenn er die Clique nicht aufgeben wollte, mit der sie sich jeden Freitagabend in einem der Pariser Bistros trafen, um über Gott und die Welt zu reden, dann würde er Clement zwangsläufig wiedersehen und vermutlich auch dessen neue Flamme Gerome, den Clement mitbringen würde.
Jacques fragte sich, wie die anderen ihn selbst dann sehen würden — als Verlierer vermutlich, denn alle waren wild auf Clement und für einige hatte Jacques schon viel zu lange das Rennen bei dem attraktiven Kerl aus reichem Hause gemacht. Was niemand verstanden hatte, war, dass es nicht nur um Spaß und sinnliche Spielchen in ihrer Beziehung gegangen war. Zumindest hatte Jacques es so empfunden. Plötzlich kam es ihm unsinnig vor, dass er je geglaubt hatte, jemand wie Clement könne solch einem spartanischen Trip durch die Natur etwas abgewinnen. Clement war ein klassischer Partylöwe, der sich gerne zeigte.
Nach einem weiteren Bissen musste Jacques sich eingestehen, dass es irgendwie nicht klappte, Clement einfach aus seinem Kopf zu verbannen. Vermutlich hing das auch damit zusammen, dass er vor seinem Aufbruch so ungefähr jede Viertelstunde einen Anruf oder eine SMS von Clement auf seinem Handy erhalten hatte. Wieso hatte Clement überhaupt so viel Zeit, ihm ständig zu schreiben? War der nicht vollauf damit beschäftigt, seine neue Freiheit zu genießen? Selbst wenn Gerome und er keine feste Beziehung führen wollten, würde Clement wohl kaum unter einem leeren Bett leiden. Es musste toll sein, sich wieder quer durch die Reihen der willigen Kommilitonen vögeln zu können. Jacques fühlte Traurigkeit, und er ahnte, dass er Clement mit seinen Gedanken Unrecht tat. Doch die Wut war besser als wehmütige Erinnerungen an die gemeinsame Zeit. Der Wind strich durch das Blattwerk über ihm. Jacques blickte in den blauen Himmel, schloss dann die Augen und genoss den kühleren Schatten seines Rastplatzes. Als er die Augen wieder öffnete, sah er eine Mauereidechse, die ein paar Meter von ihm entfernt auf einem kleinen Erdhügel saß und ihn zu beobachten schien. Er hob vorsichtig die Kamera und machte einige Nahaufnahmen von ihr. Sie drehte den Kopf, als wolle sie ihm ihre Schokoladenseite präsentieren. Jacques freute sich über diese Kooperationsbereitschaft und seine Hoffnung wurde genährt, dass er vielleicht auch noch auf eine Perleidechse treffen würde. Er neigte die Kamera etwas, um das Display ohne Spiegelung sehen zu können und blätterte die Bilder durch, die er von der Eidechse geschossen hatte.
Die Farben sahen strahlend aus, die Konturen scharf. Leider würde er erst am Computer sehen, ob die Fotos wirklich so gut geworden waren, wie sie auf dem kleinen Display wirkten. Als er versehentlich ein Bild zu weit zurückblätterte, erstarrte Jacques einen Moment lang.
Clement lächelte ihm entgegen; die verführerische Zahnlücke schien ebenso real wie die hellgrünen Augen, die vor Verlangen funkelten. Nur die nackten Schultern, die auf dem Bild noch zu sehen waren, und über die locker die blonden Strähnen fielen, ließen darauf schließen, dass Clement zu diesem Zeitpunkt unbekleidet auf dem Bett gekniet hatte, darauf wartend, dass Jacques endlich die Kamera fortlegen würde. Trotz der drängenden Ungeduld hatte er ein hinreißendes Lächeln zustande gebracht, das Jacques nun abermals die Schuhe auszog. Himmel tat es weh, das zu sehen! Ebenso, wie es wehtat, zu wissen, dass Gerome vermutlich in genau diesem Moment das verführerische Lächeln im Original sehen konnte. Es war schier unerträglich, dass der andere Clements perfekten Körper nun berühren durfte; dass die
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