Mannerfreie Zone
erinnert werden, was für eine schlechte Freundin ich bin.
„Eve, hier ist Lacey. Kann ich um vier Uhr einen Termin bei Herb haben? Ich muss mit ihm vor der Redaktionskonferenz über einen Vorschuss sprechen.“ Ich kann es nicht leiden, wie sie das Wort „muss“ betont, als ob sie erwartet, dass ich sofort alles stehen und liegen lasse und mich um ihre Probleme kümmere. Löschen. Löschen. Löschen.
Ich bitte Tabitha, mit mir Mittagessen zu gehen, dann rufe ich Roseanne an und sage, dass ich zum Lachsessen nach Hause kommen werde und hinterlasse schließlich bei Sherman eine Nachricht für Rob, dass ich um zehn bei ihm sein werde, allerdings nicht zum Abendessen. Ich erkläre Sherman natürlich nicht, was wir stattdessen tun werden, denn ich will nicht, dass er einen falschen Eindruck bekommt. Ich kenne ihn nicht einmal, aber ich hoffe, dass er nicht glaubt, ich sei eine Art Assistenten-Flittchen. Dann vereinbare ich einen Termin für Lacey und Herb. Ich bin ein Multitalent.
Ich treffe Tabitha im
The Nook
. Sie nimmt das Hähnchen-Cordon-Bleu und ich eine
California Roll
. Sie tut so, als ob sie sich für Rob interessiert, aber da ich nicht wirklich viel erzählen will, beginnt sie sofort, von Joao zu schwärmen, diesem brasilianischen Choreographen, den sie am Samstag bei der Tanzvorführung kennen gelernt hat. Er ist nur für zwei Wochen in der Stadt.
„Tabitha, hast du jemals über den Grund nachgedacht, warum du dich nur mit Männern einlässt, die nicht hier leben?“
„Ich hoffe mal, dass du dich durch deine häusliches Glück mit einem eigentlich völlig unerreichbaren Typen nicht plötzlich zu vorschnellen Urteilen hinreißen lässt. Aber ja, du hast Recht, es gibt auf jeden Fall einen Grund dafür.“ Sie leckt sich genüsslich die Finger ab. Immer muss sie aus allem ein Drama machen.
„Okay, ich gebe auf. Was ist der Grund?“ Sie nimmt noch einen Löffel Kartoffelbrei und beugt sich dann über den Tisch, genauso wie ich.
„Ich finde es langweilig, über längere Zeit mit dem gleichen Typen zu schlafen.“ Ich lache laut auf. Tabitha ist nicht oft so direkt. „Lach ruhig. Monogamie bedeutet Monotonie.“
„Selbst mit Jaques? Mit ihm hattest du doch was Längeres im Sinn …“
„Ich war ein wenig verblendet von seinem Sinn für Mode und davon, wie er mir immer gut zugeredet hat, ruhig fettige Dinge zu essen. Das musst du doch verstehen! Du solltest mir eher vorwerfen, dass ich eine Freundin habe – in diesem Fall dich –, die mir nicht die Meinung sagt, wenn ich langsam aber sicher ein Mondgesicht bekomme.“ Sie schlürft ihren Eiskaffee und sieht sich in der Kantine um. „Aber ich habe einen eisernen Willen, und deswegen verzeihe ich dir, dass du mich noch nicht darauf aufmerksam gemacht hast. Aber ich hätte es gern, dass du mich in Zukunft vor solch seltsamen Verhaltensweisen warnst.“
„Nur wenn ich das Gefühl habe, dass du auch wirklich gewarnt werden willst.“
„Gute Idee. Hey …“, sie blickt an mir vorbei. „Ist das dort nicht ein mächtiger Chef, von dem erzählt wird, dass er mit einer Untergebenen eine Affäre hat?“ Ich sehe, dass Rob mit einer sehr attraktiven Frau zu Mittag isst. Ich beschließe, dass ich für mein Sushi etwas Ketchup benötige. Ich versuche zu lauschen, als ich auf meinem Weg an ihnen vorbeikomme. Er klingt völlig geschäftsmäßig, was mir wieder etwas Mut macht. Ich benehme mich wie ein Teenager. Wie blöd. Wenn er was mit dieser sehr attraktiven Frau hätte, würde er nicht mir ihr in die Kantine gehen. Offenbar sieht er mich überhaupt nicht. Ich beschließe, ganz unauffällig wieder auf meinen Platz zu gehen, damit er mich nicht verdächtigt, ihn verdächtigt zu haben.
„Hey Eve“, ruft er, als ich hinter ihm vorbeilaufen will. Ein großer Tisch voller Menschen ist zwischen uns, und seine Lunch-Gefährtin betrachtet mich von oben bis unten.
„Oh, hey Rob.“ Na, wie cool bin ich?
„Hast du jetzt genug Ketchup?“ Sein Gesicht blickt ernst, aber er zieht eine Augenbraue in die Höhe.
„Ich glaube schon. Tschüss.“ Er wendet sich wieder seinem Lunch-Date oder was immer sie ist zu. Als ich wieder an unserem Tisch bin, hat Tabitha ihren analytischen Gesichtsausdruck aufgelegt.
„Interessantes Gespräch?“
„Ich glaube, es ist ein Geschäftsessen.“ Was tue ich da bloß? „Hast du am Wochenende mit Ro gesprochen?“
„Nicht wirklich. Ich habe sie zu der Tanzveranstaltung eingeladen, aber sie hatte keine Lust. Ich glaube
Weitere Kostenlose Bücher