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Manöver im Herbst

Manöver im Herbst

Titel: Manöver im Herbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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an. »Was will der alte Mann eigentlich? Soll er einen besseren vorschlagen als diesen Hitler. Das Rheinland haben wir wieder, die Wehrpflicht, die Ehre der Nation. Unsere Wehrmacht wird aufgebaut zum stärksten Heer in Europa … was will der Deutsche mehr?«
    »Ruhe und Sicherheit.«
    »Die garantieren unsere Waffen.«
    Amelia schüttelte den Kopf. »Kannst du dir nicht denken, daß es ein Leben ohne Militär gibt? Daß die Menschen alle friedlich nebeneinander leben, daß ihnen nicht mehr die Angst im Nacken sitzt …«
    »Nein.« Hauptmann Schütze trank einen Schluck Wein und wischte sich den Schnurrbart ab. »Das wäre gänzlich wider die menschliche Natur.« Er lächelte, tätschelte Amelia den Rücken und legte den Arm um ihre Schulter. »Ein Deutscher ohne Uniform … das ist ja absurd, Amelia.«
    1938 rückte Hauptmann Schütze in das Sudetenland ein. Es waren heiße Tage. Ein neuer Krieg lag in der Luft. Wenn man schnupperte, roch es fast nach Schwefel. In Berlin lagen alle Aufmarschpläne fertig. Die Garnisonen standen unter Waffen. Über die neuen Autobahnen rollten die Transporte nach Osten und Westen. Der halbfertige Westwall wurde besetzt. Riesige neue Geschütze wurden einbetoniert. Sturzkampfbomber, Stukas genannt, heulten unter dem blauen sonnigen Himmel. 52 aktive Divisionen mit über 30.000 Offizieren standen Gewehr bei Fuß und sahen auf die Grenzen. In England, in Frankreich, vor allem aber in Polen jagten sich die Sitzungen der Staatsmänner.
    Unterdessen ritt Hauptmann Schütze nördlich Eger durch wogende Weizenfelder, sammelte Blumensträuße der zur Freude organisierten ›befreiten‹ Deutschen und saugte in sich das Erleben auf, Mitbegründer eines Großdeutschland zu sein.
    In Graslitz, einem kleinen Ort nordostwärts von Eger machte er drei Tage Quartier und schrieb einen überschäumenden Brief an Amelia und die Kinder.
    Am Abend des zweiten Tages bekam Schütze Besuch. Ein Mann in schwarzer Uniform und mit silbernen SS-Runen auf den Spiegeln kam in das Zimmer, brüllte »Heil Hitler!« und setzte sich Hauptmann Schütze gegenüber an den Tisch.
    »SS-Sturmbannführer Gunter Harris«, stellte er sich vor. »Sie sind Kommandeur der Einheiten hier?«
    »Ja.« Schütze musterte den Besucher. Ein unheimliches Gefühl klomm in ihm hoch. Was will er hier, dachte er. Wie kommt die SS in dieses Land?
    »Ich brauche Ihre Hilfe.« SS-Sturmbannführer Harris holte ein silbernes Etui aus der Uniform und bot Heinrich Emanuel eine Zigarette an. »Wir haben den Auftrag, die Sozis und Kommunisten dieses Gebietes zu sammeln und nach Chemnitz zu schaffen.«
    Hauptmann Schütze drückte die Zigarette nach dem ersten Zug aus. Sie schmeckte wie Galle. »Sozis?«
    »Befehl des Reichsführers SS.«
    »Was habe ich damit zu tun?«
    »Sie sollen mit Ihrer Truppe die Abtransporte sichern.«
    »Ich habe keinen Befehl dazu.«
    »Wie Sie sehen, bringe ich ihn Ihnen.«
    »Bedaure.« Hauptmann Schütze stand auf. Er sah auf SS-Sturmbannführer Harris hinab mit der deutlichen Aufforderung, das Zimmer zu verlassen. Harris verstand ihn, aber er blieb sitzen. Sein Gesicht wurde kantig. Die Freundlichkeit verlor sich.
    »Machen Sie keine Schwierigkeiten, Herr Hauptmann«, sagte er leise.
    »Ich unterstehe meinem Kommandeur in Eger, sonst niemandem. Ihr Reichsführer geht mich nichts an. Ich bin Soldat.«
    »Sie weigern sich, Kommunisten zu begleiten?«
    »Wenn ich keinen Befehl bekomme, – ja.«
    »Ich befehle es Ihnen!« schrie Harris. Er sprang auf und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Sind Sie so blöd oder spielen Sie nur den Doofen? Haben Sie noch nicht erkannt, daß für uns Ihre Vorgesetzten einen Haufen Dreck bedeuten? Wenn der Reichsführer SS etwas befiehlt, so ist das wie ein Befehl des Führers! Und ich stehe hier im Auftrage des Reichsführers!«
    »Das mag sein.« Schütze nickte. Die Starrheit seiner Dienstauffassung war jetzt wie ein undurchdringbarer Schild. »Aber ich bitte mir, dies schriftlich zu geben. Mit den Unterschriften des Führers und des Reichsführers.«
    SS-Sturmbannführer Harris wurde rot im Gesicht. Er kam um den Tisch herum und stellte sich nahe vor Schütze.
    »Sie weigern sich also?«
    »Ja.«
    »Ich werde Sie hinrichten lassen!«
    Schütze lächelte. »Ich unterstehe der Wehrmachtsgerichtsbarkeit. Mich geht die SS gar nichts an. Transportieren Sie Ihre Kommunisten allein …«
    »Sie Schwein von einem Hauptmann!« Harris griff Schütze an die Brust. »Sie kommen mit! Ich

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