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Manöver im Herbst

Manöver im Herbst

Titel: Manöver im Herbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Italien. Ein Block im Osten – Rußland. Nur die westliche Flanke ist weich … aber das bekommen wir auch noch hin. Prost meine Herren!«
    Man stieß an. Man trank den Wein mit wahrer völkischer Begeisterung. Sogar Heinrich Emanuel Schütze. Auch wenn er eins nicht verstand und nach dem Toast den Major zur Seite nahm.
    »Wieso sagten Sie: Block im Osten – Rußland. Ich denke, gerade Rußland ist unser großer Gegner.«
    »Ist er, lieber Schütze«, sagte der Major. Sein weingerötetes Gesicht glänzte.
    »Aber –«
    »Es tut sich was mit dem Russen. Glauben Sie mir. Wir werden noch die besten Freunde.«
    »Und der Bolschewismus?«
    »Den bekämpfen wir natürlich?«
    »Aber –«
    »Man nennt das Diplomatie, mein Bester. Wir alten Haudegen kommen da nicht mehr mit, gewiß nicht. Aber Köpfchen haben die da oben. Um Polen zu kassieren, muß der Osten ruhig sein. Frankreich ist morsch – keine Gefahr. Amerika bleibt neutral.« Der Major sah Schütze aus sprühenden Augen an. »Was wollen sie gegen Großdeutschland ausrichten, wenn Väterchen Stalin und Brüderchen Hitler sich vertragen und Polen teilen?«
    »Teilen?« Hauptmann Schütze nahm schnell einen Schluck Wein. »Aber diese Freundschaft mit Rußland … sie ist ja noch Phantasie … ich sage: Unmöglich. Einfach unmöglich.«
    Am 23. August 1939 wurde der deutsch-sowjetische Nichtangriffspakt geschlossen. Als Antwort gaben England und Frankreich dem jetzt eingekreisten Polen ihr Beistandsversprechen.
    Heinrich Emanuel las es in der Morgenzeitung. Er warf sie auf den Frühstückstisch zurück und überblickte seine erschrockene Familie.
    »Es wird Krieg geben«, sagte er. »Habt ihr schon gelesen?«
    »Ja.« Amelias Gesicht war blaß. »Es ist ein Verbrechen –«
    »Davon verstehst du nichts. Es geht um die Größe Deutschlands. Polen provoziert dauernd, unsere deutschen Brüder werden verfolgt, geprügelt, ermordet. Außerdem ist das, was man Polen nennt, altes, deutsches Kulturland. Posen, Thorn, Bromberg … das sind Namen, die verpflichten. Wir revidieren nur die Geschichte …«
    Amelia legte ihr Brötchen zurück auf den Tisch. Ihre Lippen zitterten als sie sprach.
    »Was ist in dich gefahren? Du sitzt hier in Rummelsburg, weil du – vielleicht unbewußt – einmal das Richtige getan hast. Und plötzlich begeisterst du dich am Wahnsinn eines Mannes? Siehst du denn nicht daß –«
    »Ich sehe nur, daß ihr alle die Stunde nicht begreift.« Hauptmann Schütze stand vom Tisch auf und warf seine Serviette auf die Zeitung mit den roten Balkenüberschriften. »Es ist vieles falsch gemacht worden. Sicherlich. Die Judensache damals …«
    »Dr. Bernstein hat man ausgewiesen!« rief Amelia dazwischen.
    »Dann ist er wenigstens in Sicherheit. Zugegeben – nicht alles ist hundertprozentig. Aber unser Drittes Reich ist noch jung. Es gärt wie guter Most. Und du wirst sehen … der reife Wein wird noch besser.«
    Er sah hinüber zu Giselher-Wolfram, der mit mißmutigem Gesicht sein Frühstück aß.
    »Du meldest dich freiwillig?« fragte Heinrich Emanuel.
    »Nein!« Amelia nahm ihrem Sohn die Antwort ab. »Er steckt im Abitur, du weißt es doch.«
    »Wenn er sich freiwillig meldet, wird man sogar über einige Lücken im Latein hinwegsehen, – sagte mir der Herr Direktor. Deutschland braucht Offiziere.«
    »Ich möchte Journalist werden Vater«, sagte Giselher-Wolfram.
    Heinrich Emanuel Schütze starrte ihn entgeistert an. »Zur Zeitung willst du? Bist du verrückt?«
    »Ich habe in Deutsch eine eins.«
    »Das ist deine Pflicht als Deutscher. Ebenso ist das Soldatsein eine deutsche Pflicht.«
    »Ich wäre ein schlechter Soldat, Vater.« Giselher-Wolfram sah hilfesuchend zu seiner Mutter. Er war ganz anders als Christian-Siegbert. Er war zartknochig, hatte das schmale Gesicht Amelias und verträumte Künstleraugen. Daß sein Vater Hauptmann war, nahm er hin. Aber bei dem Gedanken, einmal selbst in einer Uniform auf einem Kasernenhof zu stehen und angebrüllt zu werden: »Sie Pflaume! Die Hände sind dazu da, daß man sie an die Hosennaht legt. Verstanden?«, empfand er eine seinen ganzen Körper überziehende Übelkeit.
    Hauptmann Schütze riß die Augen auf. Was sein Sohn da sagte, war das Ungeheuerlichste, das jemals in seiner Familie gesprochen worden war.
    »Dann wird man einen guten Soldaten aus dir machen!« schrie er. »Wir haben Methoden, auch dich zum Menschen zu machen.«
    »Daß du immer brüllen mußt.« Uta-Sieglinde legte ihr Brot weg. Sie sah

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