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Manöver im Herbst

Manöver im Herbst

Titel: Manöver im Herbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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den Kopf durch das heruntergekurbelte Fenster.
    »Hören Sie noch etwas, Herr Oberstleutnant?«
    »Nein.« Schütze atmete tief. »Es ist alles in Ordnung.«
    »Sollten wir dieses merkwürdige Flugzeug nicht melden?«
    »Aber warum denn?« Schütze kletterte in den Wagen. »Wollen Sie sich lächerlich machen? Sieht schon Gespenster, der Junge, wird's heißen. Die von der Luftwaffe werden schon wissen, was sie machen …«
    »Und wenn … wenn es keins von uns war?«
    »Woher soll es sonst kommen, was?« Schützes Stimme war bestimmt. »Sie lesen zuviel Spionageromane, Herr Leutnant. Fahren wir.«
    Der Wagen ruckte an, schoß auf die Straße zurück und knatterte nach Paris.
    Lang rang Schütze mit sich, ob er Dr. Langwehr die nächtliche Landung berichten sollte. Es waren Agenten, aus England herübergeflogen und abgesetzt, um den Widerstand gegen die deutsche Besatzung zu organisieren. Sie waren Feinde, gefährlicher, als jede Truppe. Sie schlugen aus dem Dunkel zu und tauchten im Ungreifbaren unter. Aber sie verkürzten den Krieg …
    Der Zwiespalt in Schützes Brust war ungeheuer.
    Gegen Morgen rief er die deutsche Abwehr an. Er nannte nicht seinen Namen. Mit Recht hätte man ihn gefragt, warum er solange gezögert habe.
    »Zwei Agenten sind abgesprungen. In der Gegend von Surcamps …«
    Dann legte er schnell den Hörer auf, ehe man feststellen konnte, woher der Anruf gekommen war.
    Aber auch das befreite ihn nicht. Er kam sich elend vor. Es erschütterte ihn, daß er keine Linie mehr in seinem Leben sah. Immer war er korrekt gewesen. Immer nur Soldat. Immer nur einem Befehl gehorchend. Immer für Deutschland. Treu der Regierung. Er kannte nichts anderes.
    Jetzt stand er plötzlich zwischen den, Fronten. Allein, niemand half ihm. Sein Gewissen sollte entscheiden. Was ist Gewissen, dachte Schütze hilflos. Sicherheit der Familie, ist ein Gewissen. Sicherheit des Staates, auch eins. Sicherung des Friedens … Glück der Menschen … Keiner soll hungern und frieren … Es gab soviele Gewissen auf der Welt, und eins fraß das andere auf.
    Am nächsten Tag sprach man im Hotel St. Just von dem Absprung zweier englischer Agenten vor Paris. Man hatte sie noch nicht gefunden. Die Fallschirme zwar und Teile eines zerbrochenen Senders, aber von den Agenten fehlte jede Spur.
    Heinrich Emanuel Schütze aß mit ruhiger Hand ein saftiges Schnitzel. Er beteiligte sich nicht an dem Gespräch. Nur als man ihn anredete, legte er die Gabel und das Messer hin und wischte sich mit der Serviette über den fettigen Mund.
    »Der französische Krieg ist zu einer Auseinandersetzung der Intelligenz geworden«, sagte er. »Man könnte ihn trotz der grausamen Note fast elegant nennen. Es wird unsere Aufgabe sein, den Franzosen zu zeigen, daß auch wir Deutsche etwas vom Leben verstehen. Das Beispiel des Vorsterbens haben wir der Welt jetzt schon jahrhundertelang vorgemacht.«
    Es war ein kluger Satz, auf den keiner antwortete. Nur die jungen Leutnants sahen sich verstohlen an. Sie bewunderten Schütze.
    Er selbst kam sich nach wie vor elend vor.
    *
    Es tat sich nichts in Paris. Gar nichts.
    Während die deutsche 6. Armee in Stalingrad jämmerlich unterging und der Krieg sich wendete, während vom Peipus-See bis zum Kaukasus die russischen Offensiven rollten und die deutschen Armeen vor sich hertrieben, während Nordafrika verlorenging, eine riesige Armada der Engländer und Amerikaner auf Sizilien landete und begann, die Südflanke der deutschen Front über Italien her aufzurollen, während sich die müden zerschlagenen deutschen Armeekorps in die russische Erde krallten und der Berg Monte Cassino zu einem größeren und schrecklicheren Verdun des 2. Weltkrieges wurde, während die sich als Sieger fühlenden Churchill, Roosevelt und Stalin vom 27.11. bis 2.12.1943 in Teheran konferierten und die bedingungslose Kapitulation Deutschlands festsetzten und beschlossen, daß es nie wieder ein Deutsches Reich geben sollte, während all dieser Zeichen eines verlorenen Krieges geschah in Paris – nichts.
    Man lebte weiter zwischen Sekt und Weinbergschnecken, Austern und hübschen Mätressen, sonnte sich an der Küste zweier Meere und schickte Seidenstrümpfe nach Hause, Kisten mit Champagner, Kognak und Bordeaux, Pelzmäntel und hauchzarte Unterwäsche. Es war ein Krieg, wie er hundert Jahre so bleiben konnte. Rußland war weit, Afrika noch weiter, den Italienern gönnte man, daß sie die Hosen voll bekamen … und wenn es tatsächlich so schlimm

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