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Manöver im Herbst

Manöver im Herbst

Titel: Manöver im Herbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wert sind –«
    »Das glaub ich gern. Aber das kann ich mit der Generalvertretung nicht verrechnen –«
    »Dann schick deinen Generalvertreter auch her –«
    Schütze dachte an den ehrbaren Oberst aus dem Generalstab. Es wurde ihm eiskalt ums Herz. Er packte Frau Sülke an den Schultern und drückte sie von sich weg. Sie ergriff seine Hände, riß sie von den Schultern und preßte sie auf ihre Brüste. Gleichzeitig schrie sie grell.
    »Hilfe! Hilfe! Er will mir was! Hilfe! Er will mich vergewaltigen –«
    Heinrich Emanuel Schütze stand wie ein Pflock. Das Entsetzen lähmte ihn. Plötzlich – er wußte nicht, woher er gekommen war, ob aus dem Nebenzimmer oder durch die Flurtür – stand der Ehemann in der Küche und brüllte.
    »Du Schwein, du verfluchtes! Du Saukerl! Meine Frau willst du haben? Für deine dreckige Margarine? Ich drehe dir den Hals um!«
    »Aber … aber …«, stammelte Schütze. Er hatte noch immer die Hände auf den Brüsten von Erna Sülke liegen. Er war so gelähmt, daß er gar nicht wußte, was um ihn geschah. Im Hause wurde es lebendig. Die Nachbarn kamen herauf, drangen in die Wohnung. Frau Sülke stand, nackt und sehr verschämt, mitten im Zimmer. Es war klar … der Kerl mit der Margarine hatte ihr etwas antun wollen.
    Karl Sülke fuchtelte mit einem Messer vor Schütze herum. Er schrie von Halsabschneiden, von Zuchthaus wegen Schändung, von Reaktionärsmanieren.
    Schütze sah sich hilfesuchend um. Aber er fand keine Hilfe. Nur feindliche Blicke, Abscheu, Schadenfreude, Gemeinheit.
    Da nahm er seinen Koffer vom Boden, schüttelte stumm den Kopf und ging. Die Hausbewohner bildeten eine Gasse … wie ein stummes Spießrutenlaufen war es, bis er die Treppe erreichte. Dann rannte er sie hinab, rannte über die Straße, hetzte sie hinunter, bis er schweratmend mitten auf dem Neumarkt stand und sich an den Kandelaber einer Straßenlampe lehnte.
    Er hatte das Gefühl, sich erbrechen zu müssen. Ihm war es elend, als müsse er gleich umfallen und sterben.
    An diesem Tage kassierte er nicht mehr. Er ging hinunter zum Rhein, setzte sich auf eine der Bänke am Ufer und starrte auf das graugelbe Wasser des Stromes.
    Was ist aus mir geworden, dachte er. Wie soll das weitergehen?
    Er wußte es nicht. Er wußte nur eins. Drei Wochen würde er umsonst arbeiten müssen, um den Verlust bei Frau Sülke wieder herauszuholen. Erzählen von diesem Vorfall durfte er niemandem … wer wollte ihm glauben, daß seine Hände nur gezwungen auf dem nackten Körper der Frau gelegen hatten? Wer war bereit, ihm überhaupt zu glauben? Bis zum Abend saß er am Rhein. Dann ging er langsam nach Hause. In der Schildergasse las er an einem Haus ein Schild.
    Dr. P. Langwehr. Kinderarzt.
    Er blieb stehen und starrte es an.
    Dr. Langwehr … so hieß doch der Stabsarzt der Division, der ihn 1915 nach Soustelle gebracht hatte. Paul Langwehr. Das P. stimmte also. Ob er es war? Sprechstunden von 9-12, außer Samstag.
    Schütze beschloß, morgen vormittag diesen Dr. Langwehr aufzusuchen. War es der ehemalige Stabsarzt … vielleicht kaufte er ihm auch Margarine ab. Mehr wollte Schütze gar nicht. Wünsche werden klein, wenn man selbst kleiner wird.
    Amelia wartete auf ihn mit dem Essen. Sie hatte Pfannenkuchen gebacken. Mit der ›Morgenröte‹. Es roch etwas streng, aber es schmeckte ganz gut. Die Marmelade aus roten Rüben überdeckte den Trangeschmack.
    »Du siehst angegriffen aus, Heinrich«, sagte Amelia, als sie abgeräumt hatte, die Kinder schliefen und beide wieder am Fenster saßen und eine Tasse Kornkaffee tranken. »Du rackerst dich viel zuviel ab.«
    »Es gibt Schlimmeres.« Heinrich Emanuel sah hinüber zum Hahnentor. Auf seinen Zinnen lag fahler Mondschein. »Was wäre ich jetzt, wenn wir den Krieg gewonnen hätten …«
    »Aber wir haben ihn verloren.«
    »Glaubst du, daß es in Deutschland wieder einmal Soldaten gibt?« fragte er kläglich.
    »Nein –«
    »Aber so, wie es jetzt ist, kann es doch nicht bleiben.«
    »Vielleicht wird es noch schlimmer …« Amelia holte einen Brief aus der Schürzentasche. Der Baron hatte ihn geschrieben.
    »Wo soll das noch hinführen?« schrieb v. Perritz. »Schon jetzt kann man für ein Pfund Butter zehn Mark verlangen. In den Geschäften bekommt man fast gar nichts mehr … ich wollte mir einen Jagdanzug machen lassen. Was verlangt der Schneider für den Stoff? Ein Schwein oder bare 1.000 Mark. Das bedeutet ja, wenn es so weitergeht, die Inflation. Wie geht es Euch, liebe

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