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Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Titel: Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Banner
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wenn ich Sie brauche.«
    »Wie Sie wünschen, Sir.«
    Sobald der Butler in seinem Zimmer war, ging er zum Schrank. Er nahm das Buch heraus und seufzte erbittert, als er feststellte, dass darin noch immer nicht mehr war als seine eigenen, unbeantworteten Botschaften. Er b e gann, so ungestüm hineinzuschreiben, dass die Tinte durch den Druck, den er auf die Feder ausübte, nach allen Seiten spritzte.
    Der zwanzigste August im zwölften Jahr der Regen t schaft König Cassius ’ II. , schrieb er. Talitha.
     
    Ich zuckte zusammen, als ich den Namen las, und hielt das Buch dann näher vor meine Augen. »Talitha« – ich hatte mich nicht verlesen, das stand dort wirklich. Talitha war Luciens engste Ratgeberin, diejenige, die den König und die Königin getötet und Aldebaran und den Prinzen in die Verbannung geschickt hatte. Dieser Mann war also tatsächlich kein Fremder. Und das Datum, das er g e schrieben hatte – der zwanzigste August im zwölften Jahr der Regentschaft König Cassius ’ I I. –, dieses Datum lag drei Tage vor dem Tag der Befre i ung. Ich las schnell weiter.
     
    Talitha, es ist nun zwei Monate her, seit du mir gean t wortet hast, und trotzdem weiß ich, dass du nicht in G e fahr bist. Kannst du mir nicht wenigstens ein Wort schreiben?
    Das Wenige, das ich von dem Land sehen kann, lässt mich erahnen, dass etwas geschehen wird. Aber meine Versuche, mehr zu erkennen, werden abgeblockt. Kön n test du diesbezüglich Nachforschungen anstellen? Ich befürchte, dass es Verräter in unseren Reihen gibt. Aber sei vorsichtig. Falls eine Rebellion im Gange ist, dann bin ich mir sicher, dass die Kalitz-Fa milie auf der Heil i gen Insel dahintersteckt. Kannst du nicht jemanden b e auftragen, sie zu beobachten? Ich habe Luden Kalitz in Verdacht. Ich weiß, dass du glaubst, meine Besorgnis sei unbegründet, aber überprüfe es bitte noch einmal, bevor du sie so rasch verwirfst.
    Maßnahmen müssen getroffen werden, doch soweit ich sehen kann, ist bislang nichts unternommen worden. N a türlich überlasse ich es deinem weitaus besseren Urteil, Malonia zu beschützen, aber kannst du mir sagen, was du diesbezüglich zu tun gedenkst? Bitte antworte mir, Talitha – ich bin sehr beunruhigt. Wenn es auch nur die geringste Gefahr einer bevorstehenden Revolution gibt, müssen wir als Erste handeln und unsere Sicherheitsvo r kehrungen verstärken. Du hast diese englischen Waffen nicht gesehen. Willenskraft ist nichts im Vergleich zu i h nen. Wir müssen uns absolut sicher sein, dass niemand solche Waffen in Massen produziert, um eine Rebelle n armee auszurüsten. Es sind keine unpraktischen Schus s waffen, wie die, die man gerade in Malonia zu entwickeln beginnt, sondern hoch effektive Maschinen.
    Ich bitte dich noch einmal, mir eine Antwort zu se n den. Dein ergebener Diener, A.R
    Nachdem er seine Initialen hingekritzelt hatte, schob der Butler das Buch in den Schrank zurück. Er fing an, in dem Raum auf und ab zu gehen, wobei er die Finger a n spannte und lockerte, als wollte er sie von dem Druck, den sie auf den Füller au s geübt hatten, befreien. Er rieb sich die Schläfen. Die Ve r suche, nach Malonia zu sehen, hatten ihn erschöpft. W a rum antwortete Talitha nicht?
     
    Zwei Tage später tauchte eine hastig und in schiefen L i nien quer über die Seite gekritzelte Nachricht auf. A. F. Situation unter Kontrolle. Unternimm keinen weiteren Versuch, dich mit mir in Verbindung zu setzen – ich kann nicht sicher sein, dass du nicht beobachtet wirst. Ni e mand plant eine Revolution, und die Kalitz-Familie am allerwenigsten. Ich weiß, dass du einen Groll gegen sie hegst, aber bitte sei so freundlich, dies aus den Staatsa n gelegenheiten herauszuhalten. Eine Antwort ist nicht e r forderlich. Talitha.
    Arthur Field schlug das Buch zu und starrte stirnru n zelnd in die Dunkelheit vor seinem Fenster. Er respe k tierte Talitha von Tag zu Tag weniger. Doch sie stand in jederlei Hinsicht über ihm – welches Recht hatte er, ihr vorzuwerfen, nicht genug zu unternehmen? Schließlich hatte sie weder die Zeit noch die Energie, ständig mit ihm zu kommunizieren. Er sah zu, wie der See unter dem dämmrigen Himmel immer dunkler wurde, und knirschte dabei geistesabwesend mit den Zähnen, während er gleichzeitig die Fingernägel in den Bucheinband grub.
    »Talitha«, sagte er schließlich in die Dunkelheit. »T a litha, antworte mir.« Er schloss die Augen und sprach lauter. »Antworte mir!«
    Die Dunkelheit blieb unverändert,

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