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Mansfield Park

Mansfield Park

Titel: Mansfield Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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bleiben … War sein Brief lang? Schreibt er ausführlich, was er treibt? Vielleicht gibt es dort weihnachtliche Festivitäten, denen zuliebe er bleibt?»
«Ich habe nur teilweise gehört, was in dem Brief stand. Er war an meinen Onkel gerichtet – aber ich glaube, er war ganz kurz – sicher nur ein paar Zeilen lang. Ich weiß nur, daß sein Freund ihn gedrängt hat, länger zu bleiben, und daß er eingewilligt hat; wenige Tage länger – oder einige Tage länger – das weiß ich nicht genau.»
«Oh, wenn er seinem Vater geschrieben hat! Ich dachte, es wäre ein Brief an Lady Bertram oder an Sie … Aber wenn er seinem Vater geschrieben hat, wundert es mich nicht, daß er sich kurz faßt. Wer würde wohl Sir Thomas einen Plauderbrief schreiben? Hätte er Ihnen geschrieben, wüßten wir mehr Einzelheiten. Sie hätten von Bällen und Gesellschaften vernommen. Er hätte Ihnen alles und alle genau geschildert. – Wie viele Fräulein Owen gibt es eigentlich?»
«Drei, soviel ich weiß.»
«Sind sie musikalisch?»
«Ich habe keine Ahnung. Ich habe nie etwas davon gehört.»
«Das ist nämlich die erste Frage, die man stellt, wenn man selbst ein Instrument spielt», plauderte Miss Crawford so recht munter und unbekümmert weiter. «Aber es ist natürlich töricht, sich überhaupt nach jungen Mädchen zu erkundigen – besonders nach drei eben flügge gewordenen Schwestern. Man weiß auch ohne Fragen ganz genau, wie sie sind – alle sehr wohlerzogen und reizend, und eine von ihnen bildhübsch. Das ist immer so, in jeder Familie gibt es eine ausgesprochene Schönheit. Zwei spielen Klavier und eine Harfe – und alle drei singen – oder würden singen, wenn sie es gelernt hätten – oder singen um so besser, weil sie keinen Unterricht hatten – oder so ähnlich.»
«Ich weiß nichts von den Fräulein Owen», wiederholte Fanny ungerührt.
«Sie wissen nichts und wollen nichts wissen. Ihr Ton könnte nicht gleichgültiger sein. Wie sollte man sich auch für Leute interessieren, die man nie gesehen hat? – Nun, wenn Ihr Cousin zurückkommt, wird ihm Mansfield sehr still vorkommen. Die Lärmmacher werden alle weg sein, Ihr Bruder und mein Bruder und ich selber … Jetzt, da es ernst wird, denke ich nicht gern daran, daß ich meine Schwester verlassen muß. Sie läßt mich ungern fort.»
Fanny fühlte sich verpflichtet, etwas Höfliches zu sagen. «Man wird Sie zweifellos sehr vermissen. Alle werden Sie sehr vermissen.»
Miss Crawford sah sie scharf an, als wünschte sie mehr herauszuhören, und sagte dann lachend: «O ja! Zum Schluß vermißt man auch den lästigsten Lärm – das heißt, man merkt den Unterschied, wenn er aufgehört hat. Aber ich fische nicht, Sie brauchen mir kein Kompliment zu machen. Falls ich wirklich vermißt werde, wird es sich zeigen, und wer mich zu sehen wünscht, wird mich zu finden wissen. Ich begebe mich nicht in unbestimmte oder unerreichbare Fernen.»
Fanny brachte es nicht über sich, darauf zu antworten, und Miss Crawford war enttäuscht. Sie hatte gehofft, von ihr, die sie für eingeweiht hielt, eine schmeichelhafte Bestätigung ihrer Macht über Edmund zu hören – und ihre Stimmung verdüsterte sich wieder.
«Ja, die Fräulein Owen!» rief sie unvermittelt.
«Angenommen, eine der Fräulein Owen würde Herrin in Thornton Lacey – was würden Sie dazu sagen, Miss Price? Es sind schon merkwürdigere Dinge passiert, und man darf wohl annehmen, daß sich die betreffenden jungen Damen alle erdenkliche Mühe geben. Sie haben auch vollkommen recht, denn es wäre eine sehr passende Versorgung für sie – ich kann es ihnen nicht im geringsten verdenken. Jeder hat die Pflicht, so gut wie möglich für sich zu sorgen. Ein Sohn von Sir Thomas ist nicht der erste beste – und jetzt ist er gar in ihrer eigenen Branche. Der Vater ist Pfarrer, der Bruder ist Pfarrer, alle miteinander sind sie Pfarrer. Er ist sozusagen ihr legitimes Eigentum, er gehört ihnen mit Fug und Recht … Aber Sie sagen ja nichts, Fanny – Miss Price – warum sagen Sie nichts? Jetzt einmal ehrlich, erwarten Sie nicht, daß es so kommen wird?»
«Nein», sagte Fanny fest. «Das erwarte ich ganz und gar nicht.»
«Ganz und gar nicht!» rief Miss Crawford mit großer Munterkeit. «Das erstaunt mich! Aber Sie wissen es wohl genau
– ich bilde mir immer ein, Sie sind … Vielleicht glauben Sie, daß er überhaupt nicht heiraten wird – zumindest nicht so bald …»
«Ja, das glaube ich», sagte Fanny leise und hoffte dabei,

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