Mansfield Park
war er ein Mann, der mit heißer, selbstloser Liebe um sie selber warb, der mit einem Mal nur die ehrenhaftesten, aufrichtigsten Gefühle zu hegen und sein Glück einzig in einer Liebesheirat zu sehen schien; er überschüttete sie mit Beteuerungen seiner Verehrung und seiner Liebe, er bewies ihr, soweit es mit Worten zu beweisen war, daß er sie um ihrer Sanftmut und Güte willen liebte – und das alles mit der Sprache, dem Ton und dem Geist eines hochbegabten Menschen … Und als Krönung des Ganzen war er jetzt auch noch der Mr. Crawford, dem William seine Beförderung verdankte!
Das war allerdings eine Wandlung! Das waren Ansprüche, die nicht leichthin abzutun waren. Im Park von Sotherton, im Theater von Mansfield Park hatte sie ihn mit der ganzen Würde beleidigter Tugend verachten können, aber jetzt trat er ihr mit dem Anrecht auf eine andere Behandlung entgegen. Sie mußte höflich, sie mußte mitleidig sein. Sie mußte sich geehrt fühlen, und ob sie an sich selber oder an ihren Bruder dachte – sie mußte ihm dankbar sein. Was bei alledem herauskam, war eine solche Mischung von Mitleid und Aufregung, ihre abweisenden Worte wurden durch den Ausdruck so inniger Dankbarkeit und Betrübnis gemildert, daß einem so selbstbewußten und optimistischen Menschen wie Crawford die Tatsache oder zumindest das Ausmaß ihrer Abneigung wohl fraglich erscheinen konnte; und es war gar nicht so vernunftwidrig, wie es Fanny vorkam, wenn er das Gespräch mit der Beteuerung seiner unwandelbaren, unerschütterlichen und unverzagten Liebe beschloß.
Er ließ sie nur widerstrebend gehen, doch er sandte ihr keinen Blick der Verzweiflung nach, der seine Worte Lügen gestraft oder ihr die Hoffnung gegeben hätte, daß er sich letzten Endes weniger unvernünftig zeigen würde, als er behauptete.
Sie zürnte ihm jetzt. Eine so selbstsüchtige, so wenig edelmütige Beharrlichkeit mußte Groll erregen. Hier zeigte sich wieder der Mangel an Zartgefühl und Rücksichtnahme, der sie von Anfang an abgestoßen hatte, hierin erkannte sie wieder den alten Mr. Crawford mit seinen verwerflichen Eigenschaften. Wie augenfällig war sein Mangel an Empfindung und Menschlichkeit, wo es um sein eigenes Vergnügen ging – und ach! – was sie immer schon gewußt hatte: kein fester moralischer Grundsatz machte ihm das zur Pflicht, was sein natürliches Gefühl ihm nicht eingab. Wäre ihr Herz so frei gewesen, wie … wie es vielleicht sein sollte – auch dann hätte sie es ihm nimmer schenken können.
So sann Fanny in aller Aufrichtigkeit und in ernstlicher Betrübnis, während sie – o ungebührlicher Luxus! – im Ostzimmer am Feuer saß und verwirrt bedachte, was alles geschehen war und was wohl noch kommen würde. Sie befand sich in einem Zustand nervöser Aufregung, in dem ihr nichts klar war als die Überzeugung, daß sie niemals und unter keinen Umständen imstande sein würde, Mr. Crawford zu lieben, und das unerhörte Glück, ein eigenes Feuer zu haben, an dem sie sitzen und sinnen konnte.
Sir Thomas war gezwungen oder zwang sich selbst, bis zum nächsten Morgen zu warten, um zu erfahren, was zwischen den jungen Leuten vorgegangen war. Dann besuchte ihn Mr. Crawford und erstattete seinen Bericht. Sir Thomas’ erstes Gefühl war Enttäuschung. Er hatte sich mehr erhofft. Er hatte nicht gedacht, daß eine Stunde innigen Werbens von seiten eines Mannes wie Crawford auf ein weichmütiges Mädchen wie Fanny so wenig Eindruck machen würde. Doch die Entschlossenheit und optimistische Zuversicht des Verliebten machten ihn bald wieder zuversichtlich. Wenn der Hauptbeteiligte ein solches Vertrauen in den guten Ausgang seiner Sache zeigte, konnte auch Sir Thomas wieder daran glauben.
Was ihn selbst betraf, ließ er es an keiner Höflichkeit, keinem Entgegenkommen fehlen, das die Dinge fördern konnte. Mr. Crawfords Festigkeit wurde gebührend gepriesen, Fanny wurde gelobt, die Verbindung war nach wie vor die wünschenswerteste der Welt. Mr. Crawford würde in Mansfield Park jederzeit willkommen sein; was die Häufigkeit seiner Besuche jetzt und in Zukunft anbelangte, habe er sich einzig nach seinem eigenen Urteil und Gefühl zu richten. Alle Freunde und Verwandten Fannys seien sich in ihren Wünschen für sie einig, der Einfluß aller, die sie liebten, müsse sie in die eine, erwünschte Richtung weisen.
Sir Thomas sagte alles, was zur Ermutigung des jungen Mannes gesagt werden konnte. Mr. Crawford nahm jede Ermutigung dankbar und erfreut entgegen,
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