Mansfield Park
ähnlich.»
«Ich meine», verbesserte sie sich bekümmert, «ich glaube – so fest man überhaupt für sich einstehen kann – daß ich niemals imstande sein werde, ihn liebzugewinnen.»
«Ich hoffe, es kommt anders. Es ist mir klar, viel klarer, als es Crawford sein kann, daß der Mann, der deine Liebe zu erringen sucht (und dir diese Absicht kundgetan hat), ein schweres Stück Arbeit vor sich hat, denn alle deine bisherigen Bindungen und Gewohnheiten marschieren in Kampfordnung gegen ihn auf. Bevor er dein Herz für sich gewinnen kann, muß er es von allen belebten und unbelebten Dingen loslösen, an die es sich im Lauf langer Jahre innig gebunden hat – und die jetzt durch den bloßen Gedanken einer Trennung noch beträchtlich an Macht gewinnen. Ich weiß, daß schon die Angst, Mansfield verlassen zu müssen, dich eine ganze Weile lang gegen ihn einnehmen wird. Ich wollte, er hätte dir nichts von seinen Absichten verraten, Fanny, ich wollte, er verstünde dich so gut wie ich. Mit vereinten Kräften hätten wir dich gewonnen, ich als Theoretiker und er als Praktiker. Er hätte nach meinen strategischen Plänen vorgehen müssen, dann wären wir leicht ans Ziel gelangt. Jetzt hoffe ich nur, daß die Zeit, die seine Treue und Beständigkeit erweisen wird (wovon ich fest überzeugt bin), ihm auch den verdienten Lohn bringt. Ich kann nicht glauben, daß du ihn nicht lieben möchtest, Fanny, aus einem natürlichen Gefühl der Dankbarkeit heraus. Irgend etwas Ähnliches mußt du empfinden. Irgendwie mußt du bedauern, daß du ihn nicht lieben kannst.»
Fanny vermied eine direkte Antwort. «Wir sind einander in unserer ganzen Art so unähnlich», sagte sie, «wir sind so totale Gegensätze … Mir scheint es ganz ausgeschlossen, daß wir miteinander auch nur halbwegs glücklich sein könnten, sogar wenn ich imstande wäre, ihn liebzugewinnen. Zwei unähnlichere Menschen kann es nicht geben, wir haben überhaupt nichts miteinander gemein. Wir wären beide todunglücklich.»
«Du irrst, Fanny. Der Gegensatz ist nicht so groß. Ihr seid einander gar nicht so unähnlich und habt viel Gemeinsames. Ihr habt die gleichen Moralbegriffe und den gleichen literarischen Geschmack, ihr habt beide ein gutes Herz und warme, menschliche Gefühle. Fanny – wer ihn Shakespeare lesen hörte und dich lauschen sah, wird niemals glauben, daß ihr nicht zusammenpaßt. Ich gebe zu, daß ihr im Temperament sehr verschieden seid: er ist lebhaft, du bist ernst. Um so besser – ihr ergänzt euch vortrefflich. Es liegt in deiner Natur, dich leicht entmutigen zu lassen und jede Schwierigkeit zu überschätzen; sein Optimismus wird dazu ein ausgezeichnetes Gegengewicht bilden. Er sieht nirgends Schwierigkeiten, seine Heiterkeit und Liebenswürdigkeit werden dich stützen. Daß ihr einander in diesen Punkten nicht gleicht, spricht nicht im mindesten gegen die Wahrscheinlichkeit eines glücklichen Zusammenlebens. Bilde dir das nicht ein. Ich persönlich halte das sogar für einen günstigen Umstand. Ich glaube unbedingt, daß man einander im Temperament lieber unähnlich sein soll – ich meine damit die Grundstimmung des Wesens, die Neigung, viel oder wenig Menschen um sich zu sehen, lieber zu reden oder zu schweigen, ernst oder heiter zu sein und so weiter. Gegensätze dieser Art sind dem Eheglück förderlich, davon bin ich fest überzeugt. Natürlich gilt das nicht für extreme Fälle – aber gerade eine zu große Ähnlichkeit in solchen Dingen wäre wohl das beste Mittel, ins Extrem zu verfallen. Eine sanfte, ständige Gegenwirkung bietet die beste Bürgschaft für Harmonie.»
Fanny brauchte nicht lange zu raten, wo seine Gedanken jetzt weilten. Miss Crawford hatte ihre ganze Macht über ihn zurückgewonnen. Vom Augenblick seiner Heimkehr an hatte er mit zuversichtlicher Fröhlichkeit von ihr gesprochen. Er ging ihr längst nicht mehr aus dem Wege. Erst gestern hatte er im Pfarrhaus gespeist.
Nachdem sie ihn ein paar Minuten lang glücklicheren Gedanken hatte nachhängen lassen, fand Fanny, daß er sich auch wieder ihrer erinnern dürfe, und brachte das Gespräch auf Mr. Crawford zurück. «Wir passen nicht nur im Temperament absolut nicht zusammen», sagte sie, «obwohl auch in dieser Hinsicht der Unterschied viel, viel zu groß ist – seine sprühende Lustigkeit bedrückt mich oft – etwas anderes stört mich noch mehr. Ich muß dir gestehen, Edmund, daß ich seinen Charakter nicht achten kann. Seit der Zeit der Theateraufführung habe ich
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