Mansfield Park
er seiner Schwester nicht entgegenkommen, aber er begleitete sie mit der größten Bereitwilligkeit nach Northamptonshire und verpflichtete sich ebenso bereitwillig, sie innerhalb einer halben Stunde nach Empfang der Nachricht wieder abzuholen, wenn es ihr dort nicht gefiele.
Die Begegnung verlief für beide Teile sehr befriedigend. Miss Crawford fand eine Schwester, die weder pedantisch noch verbauert war, einen Schwager, dem man den Gentleman ansah, ein bequemes, wohleingerichtetes Haus vor; und Mrs. Grant begrüßte in ihren Geschwistern, die sie fortan noch inniger ins Herz zu schließen hoffte, ein überaus einnehmendes junges Menschenpaar. Mary Crawford war auffallend hübsch, Henry zeichnete sich, ohne eigentlich schön zu sein, durch gute Haltung und vornehmes Wesen aus. Beide waren lebhaft und liebenswürdig, und Mrs. Grant traute ihnen daraufhin alle anderen guten Eigenschaften zu. Sie war von beiden ganz entzückt, besonders von Mary. Da sie selbst nie in der Lage gewesen war, sich ihrer eigenen Schönheit zu rühmen, erfüllte sie jetzt die Schönheit ihrer Schwester mit doppeltem Stolz. Sie hatte nicht erst Marys Ankunft abgewartet, um sich nach einer passenden Partie für sie umzusehen, und ihre Wahl war auf Tom Bertram gefallen. Der älteste Sohn eines Baronet war nicht zu gut für ein Mädchen mit zwanzigtausend Pfund, das überdies Marys Eleganz und Bildung besaß. Und da Mrs. Grant eine warmherzige, freimütige Frau war, hatte Mary noch nicht dreimal unter ihrem Dach geschlafen, als sie ihr bereits ihren Plan anvertraute.
Miss Crawford freute sich, eine so vornehme Familie in der nächsten Nachbarschaft zu finden, und die Fürsorglichkeit ihrer Schwester mißfiel ihr ebensowenig wie deren Wahl. Es war ihr Wunsch, zu heiraten, vorausgesetzt, daß es eine gute Partie war, und da sie Mr. Bertram in London gesehen hatte, wußte sie, daß gegen seine Person ebensowenig einzuwenden war wie gegen seine gesellschaftliche Stellung. Sie tat zwar, als sei das Ganze ein Scherz, versäumte aber nicht, ernsthaft darüber nachzudenken, und bald wurde auch Henry in den Plan eingeweiht.
«Und jetzt», fügte Mrs. Grant hinzu, «habe ich noch eine Idee, die das Ganze erst vollkommen macht. Ich möchte euch beide so gern in meiner Nähe behalten, und darum, Henry, sollst du die jüngere Miss Bertram heiraten, ein liebes, hübsches, gebildetes Mädchen, das dich sehr glücklich machen wird.» Henry verneigte sich dankend.
«Liebste Schwester», sagte Mary, «wenn es dir gelingt, ihn zum
Heiraten zu überreden, werde ich vollends entzückt sein, eine so gescheite Schwester zu besitzen, und nur bedauern, daß du nicht ein halbes Dutzend Töchter anzubringen hast. Wenn du Henry dazu bringst, mußt du geradezu die Klugheit einer Französin besitzen, denn alles, was englische Kunst vermag, haben wir vergeblich an ihm ausprobiert. Ich habe drei beste Freundinnen, die alle der Reihe nach sterblich in ihn verliebt waren. Was sie und ihre Mütter (sehr tüchtige Damen!) ebenso wie meine arme Tante und meine Wenigkeit für Mühe aufgewendet haben, um ihn zum Heiraten zu überreden, zu überlisten oder zu verlocken, ist mit Worten nicht zu sagen! Er ist der schlimmste Flirt, den du dir vorstellen kannst. Falls die Fräulein Bertram nicht Wert auf ein gebrochenes Herz legen, sollen sie Henry lieber aus dem Weg gehen.»
«Lieber Bruder, das will ich nicht von dir glauben!» «Nein, dazu bist du bestimmt zu gütig. Du wirst mich gerechter beurteilen als Mary und mir meine Jugend und Unerfahrenheit zugute halten. Ich bin ein vorsichtiger Mensch und habe keine Lust, mein Lebensglück voreilig aufs Spiel zu setzen. Niemand kann einen höheren Begriff vom Ehestand haben als ich. Und was eine gute Frau bedeutet, finde ich am vollkommensten in der weisen Zeile des Dichters ausgedrückt: ‹Des Himmels letzte, beste Gabe!›»
«Da hörst du es, Schwester! Merkst du, wie er das eine Wort betont? Siehst du, wie er lächelt? Glaub mir, er ist ganz abscheulich! Die Lehren des Admirals haben ihn vollkommen verdorben.»
«Es macht mir wenig Eindruck, was junge Leute über die Ehe sagen», erwiderte Mrs. Grant.
«Wenn sie behaupten, daß sie eine Abneigung dagegen haben, schließe ich daraus nur, daß sie dem oder der Richtigen noch nicht begegnet sind.»
Dr. Grant beglückwünschte seine Schwägerin lachend, daß sie persönlich offenbar keine Abneigung gegen den Ehestand empfinde.
«Nein, wirklich nicht! Und ich schäme mich dessen gar
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