Mansfield Park
gefallen. Er gehörte zu den jungen Leuten, die allgemein beliebt sind. Seine Liebenswürdigkeit war von der Art, die man häufiger liebenswürdig findet als manche Gabe höherer Prägung, denn er hatte eine unbefangene Art, war stets guter Dinge, besaß einen großen Bekanntenkreis und fand immer eine Menge zu erzählen; die Anwartschaft auf Mansfield Park und den Baronet-Titel machte ihn um nichts unsympathischer. Miss Crawford hatte bald das Gefühl, daß er der Richtige für sie sein könnte. Sie sah sich mit löblicher Besonnenheit um und stellte fest, daß so gut wie alles zu seinen Gunsten sprach: der Park, ein wirklicher Park von fünf Meilen im Umkreis, das geräumige, modern gebaute Haus, das dank seiner malerischen Lage einen Ehrenplatz in jeder Sammlung von Abbildungen englischer Landsitze verdient hätte und nur neu möbliert zu werden brauchte – sympathische Schwestern – eine unaufdringliche Mutter – und er selbst war ein angenehmer Mensch mit dem besonderen Vorzug, daß er sich gegenwärtig durch ein Versprechen seinem Vater gegenüber verpflichtet hatte, nicht hoch zu spielen, und daß er später einmal selbst Sir Thomas heißen würde. Ja, es war nichts gegen ihn einzuwenden. Sie würde wohl recht daran tun, ihn zu nehmen. Und dementsprechend begann sie sich ein wenig für das Pferd zu interessieren, das beim Rennen in B. für ihn laufen sollte.
Dieses Rennen sollte Tom bald nach dem Beginn ihrer Bekanntschaft hinwegrufen, und da es sich zeigte, daß seine Familie auf Grund seiner sonstigen Gepflogenheiten ihn nicht vor Ablauf vieler Wochen zurückerwartete, schien dies eine erwünschte Gelegenheit, die Stärke seiner Leidenschaft in diesem frühen Stadium auf die Probe zu stellen. Er seinerseits suchte sie beredt zur Teilnahme am Rennen zu bewegen, und es wurden alle möglichen Pläne geschmiedet, daß die ganze Gesellschaft mittun sollte – doch es blieb beim Reden.
Und Fanny? Was trieb sie, was dachte sie während dieser ganzen Zeit? Was hielt sie von den neuen Freunden? Es gab wohl wenige achtzehnjährige Mädchen, die seltener aufgefordert wurden, ihre Meinung zu äußern, als Fanny. Auf ihre stille Art und ohne viel beachtet zu werden, zollte auch sie Miss Crawfords Anmut ihre Bewunderung. Doch da sie Mr. Crawford noch immer häßlich fand, obwohl ihre Cousinen ihr mehr als einmal das Gegenteil bewiesen hatten, sprach sie niemals von ihm. Miss Crawford ihrerseits richtete ihre Aufmerksamkeit auch auf Fanny. «Jetzt beginne ich Sie alle richtig zu verstehen», sagte sie, als sie eines Tages mit den beiden jungen Herren im Garten spazierte, «bis auf Miss Price. Sagen Sie bitte, ist sie eingeführt oder nicht? Ich kenne mich nicht mehr aus. Sie war mit der ganzen Familie beim Dinner im Pfarrhaus, was dafür sprechen würde, daß sie eingeführt ist; andererseits tut sie so selten den Mund auf, daß ich es kaum annehmen kann.»
Edmund, an den diese Worte hauptsächlich gerichtet waren, erwiderte: «Ich glaube, ich weiß, was Sie meinen – aber ich nehme es nicht auf mich, Ihre Frage zu beantworten. Meine Cousine ist ihrem Alter und ihrem Verstand nach ein erwachsenes Mädchen, aber eingeführt oder nicht eingeführt, das geht über meinen Horizont.»
«Und dabei ist im allgemeinen nichts leichter festzustellen. Der Unterschied im Auftreten, in der Kleidung, in der ganzen Erscheinung ist so groß. Bis jetzt hätte ich es nicht für möglich gehalten, daß man sich in diesem Punkt irren kann. Ein junges Mädchen, das noch nicht eingeführt ist, kleidet sich immer auf die gleiche Art – ein knappes, schmuckloses Hütchen zum Beispiel wirkt sehr züchtig – und spricht kein Wort. Sie lachen – aber ich versichere Ihnen, so ist es, und abgesehen davon, daß es manchmal zu weit getrieben wird, ist es ganz in der Ordnung. Junge Mädchen sollen still und bescheiden sein. Allenfalls könnte man einwenden, daß ihr Betragen, sobald sie in die Gesellschaft eingeführt sind, sich oft gar zu abrupt ändert. Es schlägt manchmal in der kürzesten Zeit von äußerster Zurückhaltung ins reine Gegenteil, in Dreistigkeit um. Das ist zweifellos ein Fehler des bestehenden Systems. Es macht keinen guten Eindruck, wenn ein achtzehn-oder neunzehnjähriges Mädchen plötzlich bei allem mitredet und über alles informiert ist, wenn man weiß, daß sie vor einem Jahr noch kaum imstande war, den Mund aufzutun. Sie, Mr. Bertram, dürften diese Verwandlung öfter beobachtet haben, nicht wahr?»
«Und ob! Aber das
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