Mansfield Park
ihm den Lack zerkratzen. Wir möchten doch alle nicht, daß unser lieber Sir Thomas bei seiner Heimkehr eine zerkratzte Kutsche vorfindet.»
«Das wäre zwar kein sehr anständiger Grund, um statt dessen Mr. Crawfords Wagen zu benützen», sagte Maria, «aber wahrhaftig, Wilcox ist ein dummer, alter Kerl, der nicht richtig zu fahren versteht. Ich garantiere dafür, daß uns am Mittwoch die engen Heckenwege nicht stören werden.»
«Es ist doch nicht unbequem oder irgendwie unangenehm, auf dem Kutschbock zu sitzen?» fragte Edmund.
«Unangenehm!» rief Maria. «Du lieber Himmel, es ist der beste Sitz im ganzen Wagen! Ich nehme an, daß Miss Crawford ihn sich selber vorbehalten wird.»
«Dann habt ihr also Platz für Fanny, und es spricht nichts dagegen, daß ihr sie mitnehmt.»
«Fanny!» wiederholte Mrs. Norris ganz entsetzt. «Mein lieber Edmund, daran ist nicht zu denken. Sie muß bei deiner Mutter bleiben, das habe ich auch Mrs. Rushworth erklärt. Sie ist gar nicht eingeladen.»
«Sie haben doch sicher nichts dagegen, Mama», sagte Edmund, sich an seine Mutter wendend, «Fanny mitfahren zu lassen, sofern Ihre Bequemlichkeit nicht darunter leidet? Wenn Sie sie entbehren könnten, würden Sie ihr das Vergnügen nicht versagen, nicht wahr?»
«Nein, gewiß nicht – aber ich kann sie eben nicht entbehren.»
«Doch, Mama – wenn ich bei Ihnen zu Hause bleibe. Und das ist meine Absicht.»
Ein allgemeiner Aufschrei unterbrach ihn.
«Ja», fuhr Edmund fort, «ich bin bei diesem Ausflug überflüssig und bleibe gern zu Hause. Fanny wünscht sich sehr, Sotherton zu sehen, ich weiß, daß ihr viel daran liegt. Sie genießt nicht oft eine solche Zerstreuung. Und Ihnen, Mama, macht es doch sicher auch Freude, ihr ein so großes Vergnügen zu ermöglichen, nicht wahr?»
«O ja, sehr – falls deine Tante nichts dagegen hat.»
Mrs. Norris brachte sofort den einen unwiderleglichen Einwand vor, daß sie Mrs. Rushworth ausdrücklich erklärt hätte, Fanny würde nicht mitkommen – und was für einen Eindruck werde es machen, wenn man sie dann doch mitbrächte! Diese Schwierigkeit schien ihr unüberwindlich. Es müßte einen höchst sonderbaren Eindruck hinterlassen! Eine solche Formlosigkeit grenze geradezu an Mißachtung für Mrs. Rushworth, die selbst so vorbildliche Manieren habe, und sie, Mrs. Norris, bringe so etwas einfach nicht über sich … Mrs. Norris liebte Fanny nicht und war zu keiner Zeit geneigt, ihr eine Freude zu bereiten, aber ihre augenblickliche Opposition gegen Edmund entsprang vor allem ihrer Voreingenommenheit für ihren eigenen Plan, eben weil es ihr Plan war. Sie war ganz überzeugt, alles aufs allerbeste arrangiert zu haben, so daß jede Änderung zum Schlechteren sein müsse. Als Edmund ihr in der ersten Atempause, die sie sich gönnte, erklärte, sie brauche sich Mrs. Rushworths wegen keine Sorgen zu machen, denn er habe auf dem Weg zur Kutsche die Gelegenheit benützt, um von Fannys allfälliger Teilnahme an der Partie zu sprechen, und unverzüglich eine überaus herzliche Einladung für seine Cousine erhalten, konnte Mrs. Norris ihren Ärger kaum verbeißen. «Schön, schön», sagte sie höchst ungnädig. «Tut, was ihr wollt, macht nur alles nach eurem Kopf! Mir liegt wahrhaftig nichts daran.»
«Es sieht aber sehr komisch aus, wenn du an Fannys Stelle zu Hause bleibst», sagte Maria.
«Jedenfalls hat sie allen Grund, dir dankbar zu sein», fügte Julia hinzu und ging rasch aus dem Zimmer – denn sie hatte das deutliche Gefühl, daß eigentlich sie sich erbötig machen sollte, bei ihrer Mutter zu bleiben.
«Fanny wird bestimmt so dankbar sein, wie es dem Anlaß entspricht», antwortete Edmund kurz, und damit war das Gespräch beendet.
Doch als Fanny den Plan vernahm, überwog ihre Dankbarkeit bei weitem ihre Freude. Sie empfand Edmunds Freundlichkeit viel tiefer, als er, der von ihrer zärtlichen Zuneigung nichts ahnte, es vermuten konnte; daß er ihretwegen auf ein Vergnügen verzichten sollte, tat ihr weh, und sie fühlte, daß es ihr gar keine Freude machen würde, Sotherton ohne ihn zu sehen.
Die nächste Zusammenkunft der beiden Familien von Mansfield brachte eine weitere Abänderung des Planes, und zwar eine, die allgemeine Billigung fand. Mrs. Grant selber machte sich erbötig, Lady Bertram anstelle ihres Sohnes den ganzen Tag Gesellschaft zu leisten, und abends sollte Dr. Grant zum Speisen kommen. Lady Bertram war es wohl zufrieden, und die Stimmung der jungen Damen hob sich wieder.
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