Mansfield Park
In dreizehn Wochen konnte sich viel ereignen.
Sir Thomas wäre tief gekränkt gewesen, hätte er nur halbwegs die Gefühle geahnt, mit der seine Töchter seiner Heimkehr entgegensahen, und der Umstand, daß eben diese Heimkehr in der Brust einer anderen jungen Dame das höchste Interesse erregte, hätte ihn wohl kaum darüber zu trösten vermocht. Miss Crawford, die mit ihrem Bruder nach Mansfield Park spaziert war, um dort den Abend zu verbringen, vernahm alsbald die freudige Nachricht; und obwohl sie ihr scheinbar nicht mehr Beachtung schenkte, als die Höflichkeit erforderte, und ihre Anteilnahme nur durch ein paar gemessene Worte ausdrückte, lauschte sie mit einer Aufmerksamkeit, die nicht so leicht zu befriedigen war. Mrs. Norris gab den Inhalt der Briefe wieder, und das Thema wurde fallengelassen. Doch als nach dem Tee Miss Crawford mit Edmund und Fanny am offenen Fenster stand und in die Abenddämmerung hinausblickte, während die Fräulein Bertram, Mr. Rushworth und Henry Crawford sich mit den Kerzen am Klavier zu schaffen machten, kam sie plötzlich wieder darauf zurück und sagte, sich der Gruppe zuwendend: «Wie glücklich Mr. Rushworth heute aussieht! Er freut sich auf den November.»
Edmund sah ebenfalls zu Mr. Rushworth hinüber, hatte aber nichts zu bemerken.
«Die Rückkehr Ihres Vaters wird ein großes Ereignis sein.»
«Ja gewiß! Nach einer so langen Abwesenheit, die mit mancherlei Gefahr verbunden war!»
«Und andere große Ereignisse werden folgen: die Hochzeit Ihrer Schwester und Ihre Ordinierung.»
«Jawohl.»
«Seien Sie nicht beleidigt», sagte sie lachend, «aber es erinnert mich an die Helden der antiken Sage, die in die Ferne zogen, um große Taten zu vollbringen, und dann nach ihrer glücklichen Heimkehr den Göttern Opfer darbrachten.»
«In diesem Fall gibt es keine Opfer», sagte Edmund mit ernstem Lächeln und einem neuerlichen Blick zum Klavier hinüber. «Es ist ihr eigener Wille.»
«O ja, das weiß ich. Es war nur ein Scherz. Sie hat getan, was jedes Mädchen an ihrer Stelle tun würde, und ich zweifle nicht daran, daß sie sehr glücklich wird. Mein zweites Opfer haben Sie natürlich nicht verstanden.»
«Ich versichere Ihnen, daß meine Berufswahl genau so freiwillig ist wie Marias Heirat.»
«Es trifft sich gut, daß Ihre Neigung so gut mit dem Interesse Ihres Vaters zusammenstimmt. Wie ich höre, wartet hier in der Gegend eine fette Pfründe auf Sie.»
«Und Sie nehmen an, daß mich das beeinflußt hat?»
«Nein, ganz sicher nicht!» rief Fanny.
«Danke für deine gute Meinung, Fanny, aber es ist mehr, als ich selber beschwören möchte. Im Gegenteil, der Umstand, daß ich auf dieses Amt zählen durfte, hat mich wahrscheinlich stark beeinflußt. Doch daran kann ich nichts Schlimmes finden. Ich hatte keinerlei angeborene Abneigung gegen den Beruf zu überwinden, und ich sehe nicht ein, warum ein Mann ein schlechterer Pfarrer sein sollte, weil er weiß, daß er schon in jungen Jahren sein Auskommen haben wird. Ich war in guten Händen. Ich hoffe, ich selbst würde mich durch keinen Vorteil in eine falsche Richtung drängen lassen, und ganz sicher hätte mein Vater bei seiner großen Rechtlichkeit es niemals zugelassen. Ja, zweifellos haben auch äußere Umstände mich beeinflußt, aber ich glaube, ich habe mir deswegen nichts vorzuwerfen.»
«Es ist das gleiche», sagte Fanny nach kurzem Nachdenken, «wie wenn der Sohn eines Admirals zur See geht oder der Sohn eines Generals in die Armee eintritt, und darin sieht gewiß niemand etwas Unrechtes. Niemand wundert sich, wenn ein junger Mann den Beruf wählt, in dem seine Freunde ihn am besten fördern können, und niemand verdächtigt ihn darum, daß es ihm nicht ernst damit sei.»
«Nein, meine liebe Miss Price, und das aus guten Gründen. In Ihren beiden Beispielen liegt die Rechtfertigung in den Berufen selbst. Alles spricht zu ihren Gunsten: Heroismus, Wagemut, Abenteuerlust, ja sogar der gute Ton. Militärs und Seehelden stehen in der Gesellschaft hoch im Kurs. Darum gibt es nichts zu wundern, wenn junge Leute diese Berufe wählen.»
«Wenn dagegen ein Mann in der Gewißheit, sein Amt antreten zu können, Pfarrer wird, meinen Sie, daß man ihn unlauterer Beweggründe verdächtigen darf, nicht wahr?» sagte Edmund. «In Ihren Augen wäre er nur gerechtfertigt, wenn seine Zukunft ganz unsicher vor ihm läge.»
«Was! In den geistlichen Stand treten, ohne über eine Pfründe zu verfügen? Das wäre Wahnsinn, heller
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