Mansfield Park
– seine entschiedene Bevorzugung eines stillen häuslichen Kreises gegenüber der Unruhe und Unordnung des Theaterspielens. Damit hat er mir wirklich aus dem Herzen gesprochen.»
«Gewiß – und er wird Ihnen immer besser gefallen, je näher Sie ihn kennenlernen. Er glänzt nicht nach außen, besitzt aber so viele vortreffliche Eigenschaften! Und er findet es so natürlich, zu Ihnen aufzuschauen, daß man mich deswegen auslacht, denn jeder glaubt, das sei mein Werk. ‹Wahrhaftig, Mrs. Norris›, hat Mrs. Grant mir erst neulich gesagt, ‹wenn Mr. Rushworth Ihr eigener Sohn wäre, könnte er keinen größeren Respekt vor Sir Thomas haben.›»
Von ihren Ausflüchten aus dem Konzept gebracht und durch ihre Schmeicheleien entwaffnet, gab Sir Thomas den Kampf auf und tröstete sich mit der Überlegung, daß ihre Gutmütigkeit eben manchmal den Sieg über ihre Vernunft davontrug, wenn es um das Vergnügen ihrer Lieblinge ging.
Für Sir Thomas gab es an diesem Tag viel zu tun, und er fand wenig Zeit, mit seiner Familie zu plaudern. Er mußte sich vor allem wieder mit den täglichen Geschäften von Mansfield vertraut machen, mit dem Verwalter und dem Schulzen sprechen, Projekte und Abrechnungen prüfen und zwischendurch die Stallungen, den Garten und die nächstgelegenen Pflanzungen inspizieren. Doch tätig und methodisch, wie er war, hatte er nicht nur dies alles erledigt, als er beim Mittagessen aufs neue seinen Platz als Hausherr einnahm, sondern er hatte auch den Zimmermann angewiesen, alles niederzureißen, was er erst kürzlich im Billardzimmer aufgebaut hatte, und den Bühnenmaler so früh am Tage entlassen, daß er jetzt schon mindestens in Northampton sein mußte. Der Bühnenmaler war verschwunden, ohne daß er Schlimmeres angestellt hatte, als in einem Zimmer den Fußboden zu ruinieren, sämtliche Wagenschwämme unbrauchbar zu machen und fünf jüngere Dienstboten zu Müßiggang und aufrührerischen Gedanken zu verleiten; Sir Thomas durfte füglich hoffen, daß ein oder zwei weitere Tage genügen würden, um jede äußere Erinnerung an das Gewesene auszutilgen. Dazu gehörten auch alle ungebundenen Exemplare der «Liebesschwüre», die sich im Haus fanden, denn Sir Thomas verbrannte jedes, das ihm unter die Augen kam. Mr. Yates begann jetzt langsam etwas von Sir Thomas’ Absichten zu ahnen, wenn er auch weit davon entfernt war, seine Beweggründe zu verstehen. Er war vormittags mit seinem Freund jagen gegangen, und Tom hatte die Gelegenheit wahrgenommen, um ihm unter gebührenden Entschuldigungen für die Eigenheit seines Vaters auseinanderzusetzen, daß nun nichts mehr zu machen wäre. Man kann sich vorstellen, wie schwer dieser Schlag Mr. Yates traf. Zum zweitenmal genau die gleiche Enttäuschung erleben – das war ein beispielloses Pech! Seine Entrüstung war so gewaltig, daß nur die Rücksicht auf seinen Freund und dessen jüngere Schwester ihn davon abhielt, dem alten Herrn die Absurdität seines Vorgehens ganz energisch vor Augen zu führen und ihm etwas Vernunft beizubringen … Davon war er im Wald und noch den ganzen Heimweg lang fest überzeugt. Doch als sie dann zusammen am gleichen Tisch saßen, bewog ein undefinierbares Etwas in Sir Thomas’ Haltung Mr. Yates zu der Überlegung, daß es vielleicht klüger wäre, den Alten nach seiner Fasson selig werden zu lassen und seine Verrücktheit stillschweigend zu verachten. Mr. Yates hatte schon viele unbequeme Väter kennengelernt und war öfter von den Unannehmlichkeiten betroffen worden, die sie verursachten, doch in seinem ganzen Leben war er noch nie einem so unbegreiflich moralischen, so infam tyrannischen Vertreter dieser Gattung begegnet wie Sir Thomas. Einen solchen Mann ertrug man nur um seiner Kinder willen, und Sir Thomas durfte seiner holden Tochter Julia dankbar sein, daß Mr. Yates trotz allem geruhte, noch einige Tage länger unter seinem Dach zu verweilen.
Der Abend verlief äußerlich ungestört, obwohl fast jedes Gemüt beklommen war. Die musikalischen Darbietungen, zu denen Sir Thomas seine Töchter aufforderte, halfen den Mangel an wahrer Harmonie verbergen. Maria befand sich in größter Aufregung. Für sie hing jetzt alles davon ab, daß Henry Crawford sich ohne weitere Verzögerung erklärte, und es beunruhigte sie, daß er auch nur einen Tag verstreichen ließ, ohne etwas in dieser Richtung zu unternehmen. Sie hatte ihn den ganzen Tag lang erwartet und wartete den ganzen Abend lang weiter. Mr. Rushworth hatte sich zu
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