Mansfield Park
unglücklich wäre, würde er keine Unannehmlichkeit scheuen, um sie aufzulösen; er werde für sie handeln und sie freimachen. Maria hatte einen kurzen Kampf zu bestehen, während sie ihm zuhörte. Es dauerte nur einen Augenblick. Als ihr Vater geendet hatte, war sie imstande, ihm ohne Zögern, mit Festigkeit und ohne sichtbares Zeichen der Aufregung zu antworten. Sie dankte ihm für seine väterliche Güte und Fürsorge, aber er befände sich im Irrtum, wenn er annahm, sie hätte auch nur den leisesten Wunsch, ihre Verlobung aufzulösen; sie sei sich keiner Veränderung ihrer Meinung und ihrer Neigung bewußt, seit sie ihr Jawort gegeben hatte; sie schätze Mr. Rushworths Charakter und Wesensart sehr hoch und zweifle nicht daran, daß sie mit ihm glücklich sein würde.
Sir Thomas war befriedigt; und vielleicht war er heimlich so froh, sich zufriedengeben zu dürfen, daß er die Sache nicht so eindringlich verfolgte, wie seine Vernunft es bei größerer Objektivität unbedingt geboten hätte. Es war eine Verbindung, auf die er nicht ohne Bedauern verzichtet hätte, und er fand viele Gründe, um sich zu beruhigen: Mr. Rushworth war jung genug, um noch etwas dazuzulernen, unter dem Einfluß guter Gesellschaft würde er sich vervollkommnen; wenn Maria, die doch zweifellos nicht von Liebe verblendet war, so zuversichtlich von ihrem künftigen Glück sprechen konnte, mußte man ihr Glauben schenken. Sie hegte vermutlich keine leidenschaftlichen Gefühle für ihren Verlobten, das hatte Sir Thomas auch niemals angenommen, aber darum konnte sie trotzdem ein angenehmes Leben führen. Wenn sie sich damit abfand, daß ihr Gatte niemals eine glänzende, tonangebende Rolle spielen werde, sprach alles andere zugunsten dieser Verbindung. Eine wohlgeratene Tochter, die nicht aus Liebe heiratete, blieb gewöhnlich ihrer eigenen Familie um so enger verbunden, und daß Sotherton in der nächsten Nachbarschaft von Mansfield lag, mußte ebenfalls höchst verlockend erscheinen, denn daraus würde sich der angenehmste, erfreulichste Verkehr ergeben. Solche und ähnliche Argumente suchte Sir Thomas zusammen und war glücklich, einen Bruch vermeiden zu können und den peinlichen Nachreden und Vorwürfen, die ihn begleiten mußten, zu entgehen. Er befürwortete mit Freuden eine Heirat, die ihm einen Zuwachs an Ansehen und Einfluß bringen würde, und sah den Entschluß seiner Tochter nur zu gern in dem Licht, das diesem Zweck am günstigsten war.
Maria war von dem Ausgang des Gesprächs ebenso befriedigt wie ihr Vater. In ihrer gegenwärtigen Stimmung freute sie sich geradezu darüber, daß sie ihr Schicksal unwiderruflich festgelegt und sich aufs neue an Sotherton gebunden hatte. Nun war sie sicher vor der Gefahr, daß Mr. Crawford jemals den Triumph genießen könnte, ihre Handlungen beeinflußt und ihre Zukunftsaussichten zerstört zu haben. Sie verließ ihren Vater mit stolz erhobenem Haupt und nahm sich nur vor, in Zukunft vorsichtiger mit Mr. Rushworth umzugehen, um keinen neuen Anlaß zu Verdacht zu geben.
Hätte Sir Thomas in den ersten drei oder vier Tagen nach Henry Crawfords Abreise mit seiner Tochter gesprochen, bevor sie noch jede Hoffnung auf ihn aufgegeben und sich endgültig mit ihrem Schicksal abgefunden hatte, wäre ihre Antwort vielleicht anders ausgefallen. Doch als weitere drei oder vier Tage vergingen, ohne seine Rückkehr oder wenigstens einen Brief, eine Botschaft von ihm zu bringen, irgendein Anzeichen, daß sein Herz weicher geworden wäre, daß die Trennung ihm erst sein wahres Gefühl offenbart hätte – als nichts dergleichen geschah, da konnte Maria wieder kühl genug denken, um ihren einzigen Trost in Stolz und Selbstzerfleischung zu suchen.
Henry Crawford hatte ihr Glück zerstört, doch er durfte es nie erfahren. Er sollte nicht auch noch ihren Ruf, ihre gesellschaftliche Stellung, ihren Wohlstand zerstören. Vor allem sollte er sich nicht einbilden, daß sie in der Einsamkeit von Mansfield nach ihm schmachtete, daß sie um seinetwillen Sotherton und London, Unabhängigkeit und äußeren Glanz verworfen hätte. Nach Unabhängigkeit lechzte sie mehr denn je. Nie hatte sie so darunter gelitten, daß es in Mansfield dergleichen nicht gab. Immer weniger fühlte sie sich imstande, den Zwang zu ertragen, den ihr Vater allen auferlegte. Die Freiheit, die sie in seiner Abwesenheit genossen, wurde ihr jetzt zum unentbehrlichen Bedürfnis. Sie mußte ihm und Mansfield so bald wie möglich entrinnen, um in Reichtum
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