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Mantel, Hilary

Mantel, Hilary

Titel: Mantel, Hilary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woelffe
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sein
Aufgabengebiet überschreitet, findet er jemanden, der sie beantworten kann.
Wenn der König sich über etwas beschwert, sagt er: Überlassen Sie es mir. Wenn
ich die Sache mit Ihrer königlichen Erlaubnis in die Hand nehmen darf? Wenn
der König guter Stimmung ist, lacht er bereitwillig, wenn der König unglücklich
ist, geht er sanft und vorsichtig mit ihm um. Der König hat einen Kurs der
Verstellung eingeschlagen, der dem spanischen Botschafter, scharfsichtig wie er
ist, nicht entgehen konnte. »Er empfängt Sie unter vier Augen, nicht in seinem
Audienzsaal«, sagt er. »Er zieht es vor, dass seine Adligen nicht erfahren, wie
oft er sich mit Ihnen berät. Wenn Sie kleiner wären, könnten Sie in einem Wäschekorb
hinein- und herausgebracht werden. Wie die Dinge liegen, glaube ich, dass diese
ach so gehässigen Kammerherren nicht umhinkönnen, ihren Freunden davon zu
erzählen, und diese Freunde werden über Ihren Erfolg murren und Verleumdungen
gegen Sie in Umlauf setzen und Komplotte schmieden, um Sie zu Fall zu bringen.«
Der Botschafter lächelt und sagt: »Wenn ich ein Bild benutzen darf, das Ihnen
gefallen wird - treffe ich den Nagel auf den Kopf?«
    Aus einem Brief von Chapuys an
den Kaiser, der zufällig von Mr Wriothesley befördert wird, erfährt er etwas
über seinen eigenen Charakter. Nennt-mich liest ihm den Brief vor: »Er sagt,
dass Ihre Herkunft obskur ist, Ihre Jugend leichtsinnig und wild war, dass Sie
seit langem Ketzer und eine Schande für das Amt des Ratgebers sind; aber persönlich
hält er Sie für einen Mann guten Mutes, liberal, freigebig, kultiviert...«
    »Ich wusste doch, dass er mich
mag. Ich sollte ihn um Arbeit bitten.«
    »Er sagt, dass Sie sich das
Vertrauen des Königs mit dem Versprechen erworben haben, Sie würden ihn zum
reichsten König machen, den England je gehabt hat.«
    Er lächelt.
    Ende Mai werden zwei Fische
von enormer Größe in der Themse gefangen oder vielmehr sterbend ans schlammige
Ufer gespült. »Erwartet man von mir, dass ich in dieser Sache etwas
unternehme?«, sagt er, als Johane mit der Nachricht nach Hause kommt.
    »Nein«, sagt sie. »Wenigstens
glaube ich das nicht. Es ist ein Vorzeichen, richtig? Es ist ein Omen, das ist
alles.«
     
    Ende Juli erhält er einen
Brief von Cranmer aus Nürnberg. Vorher hatte er aus den Niederlanden
geschrieben und um Rat für seine geschäftlichen Verhandlungen mit dem Kaiser
gebeten, eine Sache, der er sich nicht gewachsen fühlt; aus Städten längs des
Rheins hatte er hoffnungsvoll geschrieben, dass der Kaiser zu einer Einigung
mit den lutherischen Fürsten kommen müsse, da er ihre Hilfe gegen die Türken an
der Grenze benötige. Er schrieb davon, welche Mühe er sich gebe, ein Meister
in Englands üblichem diplomatischem Spiel zu werden: Zunächst wird die
Freundschaft des Königs von England angeboten und dann verlockendes englisches
Gold in Aussicht gestellt, allerdings ohne dass dieses Versprechen tatsächlich
eingelöst wird.
    Aber dieser Brief ist anders.
Er wurde einem Schreiber diktiert. Er spricht vom Wirken des Heiligen Geistes
im Herzen. Rafe liest ihm den Brief vor und zeigt auf einige Wörter in Cranmers
eigener Handschrift, die sich von ganz unten am linken Rand hochziehen: »Etwas
ist passiert. Kann nicht in einem Brief darüber schreiben. Es könnte Aufsehen
erregen. Manche würden sagen, ich war unbedacht. Ich brauche Ihren Rat.
Behalten Sie es für sich.«
    »Na ja«, sagt Rafe, »wir
könnten die Cheapside rauf und runter rennen: »Thomas Cranmer hat ein
Geheimnis, aber wir wissen nicht, was es ist!<«
     
    Eine Woche später taucht Hans
in Austin Friars auf. Er hat ein Haus in der Maiden Lane gemietet und wohnt im
Steelyard, solange es für ihn hergerichtet wird. »Zeigen Sie mir Ihr neues
Bild, Thomas«, sagt er beim Hereinkommen. Er bleibt davor stehen. Verschränkt
die Arme. Tritt einen Schritt zurück. »Kennen Sie diese Leute? Trifft das Bild
sie?«
    Zwei italienische Bankiers,
Geschäftspartner, schauen den Betrachter an, sehnen sich aber danach, Blicke
miteinander zu wechseln; einer in Seide, einer in Pelz; eine Vase mit Nelken,
ein Astrolabium, ein Stieglitz, ein Glas, durch das der Sand halb geronnen
ist; hinter dem Bogenfenster ein mit Seide getakeltes Schiff, mit
lichtdurchlässigen Segeln treibt es in einem Spiegelmeer. Hans dreht sich um,
erfreut. »Wie bekommt er diesen Ausdruck ins Auge - so hart und doch so
verstohlen?«
    »Wie geht es Elsbeth?«
    »Fett. Traurig.«
    »Ist das

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