Mantel, Hilary
sieht es an seinen
Augen -, und wenn es ihm besser geht, ist er ruhelos. Die Ungewissheit, wie es
um seine Gesundheit steht, bremst seine Bereitschaft, die Kosten und Mühen für
die Vorbereitung eines großen Turniers auf sich zu nehmen. Wenn er doch
antritt, ist es bei seiner Erfahrung, seinem Gewicht und seiner Größe, seinen
hervorragenden Pferden und der Stärke seines Charakters wahrscheinlich, dass
er gewinnt. Aber um Unfälle zu vermeiden, zieht er es vor, gegen Gegner zu
kämpfen, die er kennt.
Henry sagt: »Als der Kaiser
vor zwei oder drei Jahren in Deutschland war, hatte er da nicht ein böses
Geschwür an seinem Oberschenkel? Es heißt, das Wetter war ihm nicht zuträglich.
Aber seine Herrschaftsgebiete ermöglichen natürlich jederzeit einen
Klimawechsel. Während zwischen dem einen Teil meines Königreichs und dem
anderen keine Veränderung zu finden ist.«
»Oh, ich nehme an, in Dublin
ist es noch schlimmer.«
Henry betrachtet ohne jede
Hoffnung den strömenden Regen draußen. »Und wenn ich ausreite, schreien die
Leute mich an. Sie schnellen aus Gräben in die Höhe und rufen mir zu, dass ich
Katherine zurücknehmen soll. Was würden sie wohl sagen, wenn ich ihnen
Vorschriften machte, wie sie mit ihrem Haus, ihrer Frau und ihren Kindern
verfahren sollten?«
Selbst als das Wetter
aufklart, schwinden die Befürchtungen des Königs nicht. »Sie wird entkommen
und eine Armee gegen mich aufbringen«, sagt er. »Katherine. Sie wissen nicht,
was sie alles tun würde.«
»Sie hat mir gesagt, dass sie
nicht fliehen würde.«
»Und Sie glauben, dass sie nie
lügt? Ich weiß, dass sie lügt. Ich habe Beweise. Sie hat gelogen, als sie
sagte, sie sei Jungfrau.«
Ach das, denkt er müde.
Es scheint, dass Henry nicht
an die Macht bewaffneter Wachen, an Schlösser und Schlüssel glaubt. Er denkt,
ein von Kaiser Kar! rekrutierter Engel wird sie sprengen. Wenn er reist, hat
er ein großes Eisenschloss dabei, das von einem Diener, der eigens zu diesem
Zeck mitkommt, an der Tür seines Gemachs befestigt wird. Sein Essen wird auf
Gift vorgekostet und in der Nacht wird ganz zum Schluss sein Bett nach
verborgenen Waffen wie zum Beispiel Nadeln abgesucht; aber trotzdem hat er
Angst, dass er im Schlaf ermordet wird.
Herbst: Thomas More verliert
an Gewicht, ein drahtiger kleiner Mann schält sich aus dem Körper heraus, der
sich noch nie durch ein Zuviel an Fleisch ausgezeichnet hat. Er lässt ihm durch
Antonio Bonvisi Speisen schicken. »Nicht dass ihr Leute aus Lucca wüsstet, wie
man isst. Ich würde ihm selbst etwas schicken, aber wenn er erkrankte ... Sie
wissen ja, was die Leute sagen würden. Er mag gern Gerichte mit Eiern. Ich weiß
nicht, ob er auch andere Sachen mag.« Ein Seufzer. »Milchspeisen.«
Er lächelt. Der Verzehr von
Fleisch steht überall hoch im Kurs. »Kein Wunder, dass er verkümmert.«
»Ich kenne ihn seit vierzig
Jahren«, sagt Bonvisi. »Ein Leben lang, Tommaso. Sie würden ihm doch nichts
tun, oder? Bitte versprechen Sie mir - wenn Sie das können -, dass niemand ihm
etwas tut.«
»Warum glauben Sie, dass ich
keinen Deut besser bin als er? Ich brauche ihn nicht unter Druck zu setzen,
verstehen Sie. Seine Familie und seine Freunde werden das tun. Oder nicht?«
»Können Sie ihn nicht einfach
im Tower vergessen?«
»Natürlich. Wenn der König es
erlaubt.«
Er trifft Vorkehrungen, dass
Meg Roper ihn besuchen kann. Vater und Tochter gehen in den Gärten spazieren,
Arm in Arm. Manchmal beobachtet er sie aus einem Fenster in den Räumen des Lord
Lieutenant.
Im November stellt sich
heraus, dass diese Taktik vergeblich war. Sie hat sich gegen ihn gewendet wie
ein Hund, den du aus Freundlichkeit auf der Straße aufliest und der dir dann in
die Hand beißt. Meg sagt: »Er hat mir mitgeteilt und mich gebeten, es auch
seinen Freunden mitzuteilen, dass er nichts mehr mit Eiden jeglicher Art zu
tun haben will, und wenn wir hören, dass er geschworen hat, sollen wir davon
ausgehen, dass er durch Druck und schlechte Behandlung dazu gezwungen wurde.
Und wenn dem Kronrat ein Papier mit seiner Unterschrift vorgelegt wird, sollen
wir wissen, dass es nicht seine Handschrift sein kann.«
Inzwischen ist es die Suprematsakte,
auf die More seinen Eid leisten soll, ein Gesetz, das all die Befugnisse und
Würden zusammenfasst, die der König während der letzten beiden Jahre übernommen
hat. Es macht den König nicht, wie manche sagen, zum Oberhaupt der Kirche. Es
stellt fest, dass er das Oberhaupt
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