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Mantramänner

Mantramänner

Titel: Mantramänner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Hagedorn
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von nebenan, die zur inneren Balance manchmal ihre Hände im Modder versenkte.
    Dekorativ würde ich in einem Blumenbeet knien, während sich ein paar vorwitzige Haarsträhnchen unter dem Stoff hervorschlängelten, und mir irgendwann gedankenverloren eine Spur Erde an die Wange schmieren. Und wir würden reden, Siv und ich. Gespräche, die sich an der Oberfläche um ganz handfeste Dinge drehen würden. Um winterfeste Grünpflanzen und zarte Wurzeln, um Dünger und Knospen. Aber natürlich würde all das noch eine zweite, eine tiefere Bedeutung haben. Und ich würde wissen, dass er wusste, und er würde wissen, dass ich wusste. Oder so. Vielleicht würde ich ihn auch einfach nur ansehen, mit diesem Du-musst-eigentlich-gar-nichtsmehr-sagen-Blick, diesem Deine-Gartenkralle-ist-auch-meine-Gartenkralle-Blick, sodass er gar nicht anders könnte, als den gleichen Blick in die Zukunft zu werfen wie ich. Ich jedenfalls sah ein altes Landhaus mit knarrenden Dielen und Bauerngarten und mit einer großen Wohnküche, in der ich vollwertige Leckereien kochte. Außerdem ein großzügiges Yogaloft im oberen Stock, in dem Siv seine Kurse gab, wenn er nicht gerade damit beschäftigt war, die Flaschen in unserem gut bestückten Weinkeller zu drehen und zu wenden.
    Draußen an den Blumenbeeten stand schon mein Karmagrüppchen. Satya trug Gummistiefel und dreckverschmierte Latzhose und sah darin nun überhaupt nicht mehr indisch aus, sondern wie ein bayerischer Ökobauer. Siv hatte die gleichen Klamotten an, sah aber eher aus, als wäre er aus einer Modefotostrecke zum Thema Landlust
herausgefallen. Mir fiel wieder meine Großmutter ein: »Einen schönen Menschen kann nichts entstellen.« Auch die Lockige von gestern Abend war dabei, dazu noch zwei Frauen mit fast identischen roten Mecki-Frisuren. Neben ihnen standen einige schmuddelige Flechtkörbe mit Gartengeräten und ein unförmiger, riesiger Rasenmäher, auf dem man mehrere Kleinkinder hätte spazieren fahren können.
    »Sodasamma«, nickte Satya in die Runde, und wieder war ich mir nicht sicher, ob das ein Segensspruch war oder einfach nur Bayerisch. Er wandte sich an die Mecki-Frauen und rieb sich unternehmungslustig die Hände. »I daad sogn«, er nickte sich selbst beifällig zu, »wo ihr gestern erst die Heckn g’schnittn habt’s, macht’s heut des Beet. Siv, du hast an grünen Daumen, du machst aa mit. Und du«, er zeigte mit einem erdverkrusteten Finger auf mich, »du fängst amal an, hier zu mähen. Aber pass auf mit der Schnur, ned dass die mir kaputtgeht. « Und er zeigte auf ein dickes schwarzes Kabel, das zu einer Außensteckdose an der hinteren Hauswand führte.
    Ich starrte erst ihn an, dann Siv. Doch der hob nur belustigt die Augenbrauen und ließ sie wieder sinken.
    »Ihr könnt’s ja später zusammenhelfen«, Satya machte eine Handbewegung, die alle einschloss. »Mit dem Rechen. Ihr wisst’s ja, der Mäher hat keinen Fangkorb. Jetzt schaug amal her«, und mit einem Fußtritt setzte er den Mäher in Betrieb. Der Motor startete augenblicklich mit einem satten Sound, der sogar die jugendlichen Mofabesitzer aus dem Nachbardorf neidisch gemacht hätte.
    Also keine Gespräche über Erde und Wurzeln.
    Keine zarten Andeutungen über Blüten und Knospen.
    Nur ein lärmendes Ungeheuer und ich, die wir gemeinsam einem mörderischen Handwerk nachgingen. Unschuldige, lindgrüne Hälmchen absäbeln, Gänseblümchen köpfen, gerade mal, dass sie ihre zarten Häupter über der Frühlingswiese erhoben hatten. War das noch Yoga? Konnte ich den Einsatz eigentlich aus Gewissensgründen ablehnen? Den Dienst am Mäher verweigern?
    »Ich glaube, du hast nicht richtig zugehört.«
    Wie bitte? Wo kam jetzt diese Stimme her? Ich schob los und sah mich um.

    »Es geht darum, eins zu werden mit deinem Tun. Mit deinem Leben. Mit dem Augenblick.«
    Jetzt hatte ich ihn entdeckt. Buddha saß entspannt auf der Rückseite von Sivs Sweatshirt, Gold auf Blau, und zwinkerte mir zu. War also doch nicht ganz auf den Mund gefallen. Wenigstens nicht tagsüber.
    »Na und?«, gab ich patzig zurück. »Ich finde diesen Augenblick gerade ziemlich verschwendet. Siv jätet mit den Pumucklfrauen ein Beet und sieht mich nicht mal an dabei.«
    »Du hast noch einen weiten Weg vor dir«, dozierte Buddha.
    »Und du wiederholst dich, mein Freund.«
    Ich gab mir nicht einmal die Mühe zu flüstern. Hörte ja sowieso keiner bei dem Lärm.
    »Ich will dir eine Frage stellen«, begann Buddha wieder. Täuschte ich

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