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Mappa Mundi

Mappa Mundi

Titel: Mappa Mundi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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ausgerechnet jetzt eine lebenslange Gewohnheit ablegen?
    Und dann endlich fand er die Zeit, nachzudenken und zu entschlüsseln, was dieser Dan ihm über Natalie hatte sagen wollen. Was führte der Kerl im Schilde? Jude durfte sie nicht direkt kontaktieren, das wusste er. Stattdessen sandte er Nostromo, seinen besten Datapiloten, auf die Suche, um unter Zuhilfenahme von Judes Unbedenklichkeitseinstufung Informationen zu sammeln. Alle halbe Stunde meldete sich der Datapilot, jedes Mal mit leeren Händen.
    Der Flug war kurz und ereignislos. Er erreichte den Treffpunkt, das Café Primo im Peachtree-Einkaufszentrum, vor der verabredeten Zeit und wartete. Mit Geduld und einem Eiskaffee ertrug er die feuchte Hitze, doch je mehr Minuten vergingen, ohne dass sein Kontaktmann auftauchte, desto mehr geriet Jude ins Schwitzen. Er wartete zehn Minuten, dann sagte er sich, dass er unter den abgestumpften Kunden des Einkaufszentrums in seinem Anzug, in dem er wie ein Schauspieler ohne Engagement aussah, allzu sehr herausstach. Obwohl er es als Spionageparanoia betrachtete, hatte er genug.
    Er ging ins Einkaufszentrum, in dem Schutz einer abgeschiedenen Sitzgruppe, die von eingetopften Sagopalmen umstanden war, und rief seinen Kontaktmann an. Nur der Antwortdienst meldete sich.
    Er wählte die Nummer der CDC und hörte, Tetsuo sei zwar früh in die Mittagspause gegangen, aber noch nicht wieder zurück. Vielleicht habe er einen Halt an der Zoohandlung gemacht. Er besitze eine sehr schwierige Katze, die viele Produkte zur Fellpflege benötige, und er kaufe ständig etwas für sie. Allzu große Sorgen mache man sich nicht; das Labor führe gerade einen Langzeittest durch, und für Tetsuo gebe es im Augenblick ohnehin nichts zu tun.
    Mit zunehmender Beklommenheit kontaktierte Jude erneut Nostromos sicheren Server, wo er die brisanten Daten seiner Informanten aufbewahrte, und fuhr mit dem Taxi zu einem Punkt zwei Häuserblocks südlich der angegebenen Adresse. Er rechnete nicht damit, Tetsuo zu Hause anzutreffen. Er rechnete nicht damit, irgendetwas vorzufinden. Er sollte sich in beiden Punkten irren.
    Tetsuos Haus stand offen. Nicht dass es ins Auge sprang, doch als Jude die Treppe hinaufgestiegen war und nach dem Klingeln wartete, bemerkte er, wie sich der Schatten zwischen Tür und Rahmen leicht verschob. Ein warmer Luftzug, schwer von Auspuffdämpfen und fauligem Obstgeruch, strich an ihm vorbei und verschwand in die Dunkelheit des Korridors, als die Tür auf seine Berührung hin leicht nach innen schwang. Das leise Surren der Klimaanlage dämpfte den Straßenlärm. Judes Nasenflügel weiteten sich, während er auf der Schwelle stand und etwas wahrzunehmen suchte.
    »Tetsuo?«
    Die Tür führte auf einen Korridor, von dem mehrere weitere Türen abgingen und der sich am Ende in einen Raum öffnete. Dieser war die Küche; Jude erkannte es an den Schränken, die er gerade noch ausmachen konnte. Beim Klang seiner Stimme erschien eine langhaarige, riesengroße, offensichtlich genetisch aufgebesserte Blue-Point-Siamkatze in der Küchentür. Ohne zu blinzeln, beobachtete sie ihn aus goldenen, golfballgroßen Augen in dem hübschen Gesicht mit den schwarzen Schnurrhaaren. Jude hatte noch nie eine solch große Hauskatze gesehen. Sie war so groß wie ein Kind. Ihr langer dicker Schwanz mit dem prächtigen silbernen und lavendelfarbenen Fell hing herab; die Spitze zuckte unruhig hin und her.
    »Hallo, Miezchen«, sagte Jude und hoffte, dass sie nicht aggressiv war. Er kauerte sich nieder und rieb in ihrer Richtung die Finger gegeneinander.
    Die Katze stieß ein mürrisches, tiefes Maunzen aus und trollte sich voll Abscheu in die lilafarbenen Schatten.
    Jude erhob sich, zog die Waffe und entsicherte sie. Er roch Fisch und noch etwas, das er gar nicht gern roch. Er begann, die Räume einen nach dem anderen zu durchsuchen. Der erste war ein Schlafzimmer mit einem Schreibtisch, auf dem sich Papiere und Disketten stapelten. Der zweite war das Badezimmer, der dritte das Wohnzimmer, das von einer Audio-Anlage und einem Klettergerüst beherrscht wurde. Silbrige Haare bedeckten das Sofa und die glatten Flächen der Anlage wie Spinnenseide.
    Die Küche kam zuletzt an die Reihe. Da Jude wusste, dass die Katze schon dort war, ohne nervös zu sein, nahm er an, dass sich keine Fremden darin aufhielten. Ein Luftzug warf die Haustür ins Schloss, und er fuhr zusammen. Schweiß brach ihm aus. Er schaltete das Licht ein.
    Die Katze kauerte neben Tetsuos Kopf, wo

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