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Mappa Mundi

Mappa Mundi

Titel: Mappa Mundi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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er mit dem letztendlichen Problem allein, zu dessen Lösung er Natalie Armstrong oder ihr Selfware-System brauchte – falls dieses Problem überhaupt zu lösen war.
    So weit es Natalie Armstrong anging, war es zu spät, sich weiter mit dem Fluidum des Geheimnisvollen zu umgeben. Wie schon ihren Vater müsste er auch sie in sein Spiel einweihen, solange ihm sein Netz außerhalb dieses verfluchten Bunkers noch zu helfen vermochte. Dank des Deer-Ridge-Versuchs waren seine besseren Pläne sämtlich auf der Mülldeponie gelandet. Nun hieß es, möglichst rasch zu reagieren, und das intelligenteste Manöver gewann.
    Nachdem die Präsentation vorbei war, ergriff Guskow die Chance und nutzte die wenigen Stunden in Freiheit, die ihm verblieben: Mit dem Auto fuhr er in das winzige Kaff, das als nächster zivilisierter Ort galt. Er parkte vor der kurzen Ladenzeile und tätigte einige Pad-Anrufe, bei denen er eine Verschlüsselungs- und Zerhacker-Sequenz einsetzte, die er sich für diese Gelegenheit aufgespart hatte. Als er sich vorstellte, wie sehr es Mary Delaney erzürnen würde, zwar zu wissen, dass er anrief, aber nicht, wen er anrief, und schon gar nicht abhören zu können, was er sagte, ertappte er sich, wie er trotz seines Grinsens seufzte. Er war kein Dummkopf. Am Ende würden die Amerikaner ihn erwischen, das wusste er.
     
    Natalie hatte eine kleine Tasche mit persönlichen Dingen gepackt und wartete auf den Wagen, der sie zum Flughafen bringen sollte, als ihr Pad per Vibrationsalarm einen dringenden Anruf signalisierte. Weil sie glaubte, dass Dan sich endlich meldete, riss sie es aus der Tasche und klappte es auf, während sie sich von ihren Aufpassern entfernte und in die relative Abgeschiedenheit des alten, holzvertäfelten Wohnzimmers zurückzog. Die Bohlen knarrten unter ihren Füßen, als sie begriff, dass doch nicht Dan anrief, sondern dass Guskow irgendwoher ihre persönlichen Kodes bekommen hatte und ihr nun eine Riesenmenge Material schickte, von dem sie mit höchster Wahrscheinlichkeit nichts wissen wollte. Dennoch, das Zeug lief unter so vielen Dringlichkeitsmarkern, dass sie es überflog, nachdem ihre Enttäuschung etwas nachgelassen hatte.
    Er hatte ihr eine Reihe alternativer Anweisungen gesendet, wie sie zu ihm stoßen sollte, darin eingeschlossen ausgeklügelte Pläne, die Kriminalpolizisten und Agenten anderer Organisationen, die sie beschatteten, ein für alle Mal loszuwerden. Sie vermutete, dass solche Anweisungen gesetzwidrig sein mussten. Sobald sie nicht mehr beobachtet wurde, sollte eine Reihe von Privatflugzeugen und Autos sie zu ihrem endgültigen Bestimmungsort bringen – einer Adresse in Virginia, die ihr fast gar nichts sagte, sah man davon ab, dass sie irgendwo mitten in den Appalachen liegen musste. Sie bat Erewhon zu verifizieren, ob es sich bei der Quelle der Sendung tatsächlich um Guskow handelte. Während sie wartete, machte sie sich an ein angehängtes Dokument, von dem er schrieb, es teile ihr alles über die »übereilte Aktion« mit.
    Einer der Polizisten steckte den Kopf durch die Tür. »Sind Sie fertig?«, fragte er.
    Ihr Vater war schon vor zwei Stunden aufgebrochen. Ihre Pläne waren so geheim, dass das Personal am Boden die Abreisezeit nicht erfuhr, bis die Abfahrt unmittelbar bevorstand. Erst als Calums Anweisungen eintrafen, hatten sie entdeckt, dass sie getrennt in die Staaten fliegen sollten. Natalie machte eine doppeldeutige Kopfbewegung.
    »Einen Moment noch.«
    Sie setzte sich in den alten, mit dickem Samt gepolsterten Lehnstuhl und begann zu lesen. Es wurde dem Polizisten bald langweilig, sie zu beobachten. Er sah sie zornig an, zog sich dann aber wie eine Schildkröte in die Aktivität in der Diele zurück, wo die Leute ihr Gepäck durchsahen und dann noch einmal überprüften. Beiläufig dachte Natalie, dass es in den alten Zeiten so gewesen sein musste, als die reichen Familien noch Dienstboten hatten. Ein schrecklicher Wirbel.
    Als Natalie den Umfang, den Ehrgeiz und die unfassbare Arroganz von Guskows Plänen begriffen hatte, pfiff sie laut durch die Zähne und schüttelte den Kopf.
    »Damit kommst du nie im Leben durch, Kumpel«, flüsterte sie mit ihrer besten Handwerkerstimme. »Da brauchst du mehr als ’n paar Leisten und ’n Presslufttacker.«
    Trotz seiner komplizierten Einzelheiten war der Plan im Grunde simpel. Guskow ließ sich seinen persönlichen Kreuzzug gegen den Einbruch von Regulation in das Alltagsleben und die Ausbreitung der Weltpolitik

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