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Mappa Mundi

Mappa Mundi

Titel: Mappa Mundi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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Wege stecken. Dan blickte sich um und fragte sich, wo er war und wie er hierher gekommen war, was es zu bedeuten hatte und weshalb er nichts begriff.
    »Wo bin ich?«, fragte er sie.
    »Nirgendwo«, versicherte sie ihm.
    Er nickte; das leuchtete ein. »Wer bin ich?«
    »Niemand.« Sie wandte sich den beiden kapuzentragenden Männern zu, die ihr in den Raum gefolgt waren. »Halten Sie ihn gegen die Wand«, sagte sie, »und schalten Sie das Licht ein.«
    Sie lächelte ihn an. »Alles ist okay. Sie machen das sehr gut.«
    Er erwiderte ihr Lächeln und freute sich, dass er seine Sache gut machte. Er stand im hellen Licht und blickte aufs Display ihres Pads. Sie schickten jemandem ein Bild von ihm. Auf Bildern lächelt man. Man zeigt sich von der besten Seite.
     
    Einige Augenblicke trommelte Natalies Pad in ihrer Tasche und trillerte geduldig, während sie es aus ihrer Jacke zerrte, dann stieß es ein hohes Klagen aus wie ein trauriges Baby, um sie auf sich aufmerksam zu machen.
    Als das teuer gekleidete Paar auf der anderen Seite des Ganges schon missbilligend »Na, na!« zu sagen begann, brachte Natalie das Pad mit einer heftigen Bewegung zum Verstummen, und der Anruf kam auf den Bildschirm. Sie hielt ihn sich vors Gesicht, während sie sich fragte, wer diese Nummer herausgefunden haben konnte. Hoffentlich war es Dan, und trotzdem fürchtete sie sich vor der Antwort. Jede Sicherheitsbehörde, die auch nur einen Schuss Pulver wert war, musste die Nummer mittlerweile herausgefunden haben.
    Dans Gesicht erschien auf dem Display und taumelte auf die Kamera an seinem Ende der Leitung zu, als wäre er betrunken. Sein Haar war fettig und wirr, und er sah schrecklich aus. Auf seinem Gesicht stand ein absonderliches, dümmliches Grinsen.
    »Dan, du blöder Arsch«, begann Natalie, indem sie direkt in die Mikrofonöffnung flüsterte und ihn entzückt angrinste. »Gott sei Dank bist du …«
    Er sah sie verwirrt an und verhaspelte sich, als er ihren Namen sagen wollte, dann wurde er plötzlich aus dem Bild gerissen.
    Eine riesige eisige Faust schloss sich plötzlich um Natalies Kehle und um ihre Brust. Ihr stockte der Atem. Gleichzeitig drehte sie das Pad in der Hand, um damit um die Ecke zu blicken. Doch wer immer bestimmte, welches Bild sie empfing, ließ sie schon mehr sehen, als ihr recht war.
    Die Sicht fuhr zurück und offenbarte ein Zimmer mit billiger Blumenmustertapete, zu viel Nylonspitzen und vergilbender weißer Farbe wie in einer heruntergekommenen Pension. Dan wurde von zwei dunkel gekleideten Gestalten gegen die Wand gedrückt. Ihre Köpfe steckten unter verspiegelten Mylartaschen, wie man sie für Computerplatinen benutzte, um sie vor statischer Aufladung und Magnetfeldern zu schützen.
    Natalie versuchte zu begreifen, was sie sah, fragte zögernd: »Dan?«, als das Gesicht einer Frau erschien.
    Natalie drückte augenblicklich die Aufnahmetaste, doch es funktionierte nicht. Sie senkte den Blick, um zu sehen, ob sie daneben getippt hatte, als eine Stimme, die zu einem rauen, kehligen Schleppen verzerrt wurde, aus dem Lautsprecher drang.
    »Dr. Armstrong. Ich schlage vor, dass Sie aufhören, an Ihrem Pad herumzufummeln, und mir zuhören. Sie haben zwei Minuten. Lassen Sie mich Ihnen zunächst zeigen, dass ich es ernst meine.«
    Natalie sah sich das Gesicht genau an, das in diesen Sekunden das gesamte Display ausfüllte, und versuchte, ihm jedes Quäntchen Information zu entnehmen.
    Ein junges Gesicht, um die fünfunddreißig. Feine, regelmäßige Züge, die Haut glatt und von einer keltischen Blässe, aber stark geschminkt. Die Nase und die Wangen sprenkelten einige Sommersprossen im hellsten Ocker. Sie waren so gut placiert, dass sie durchaus tätowiert sein konnten, um gezielt den Eindruck guter Laune zu erwecken. Die Augenbrauen zeigten das Kastanienbraun eines natürlichen Rotschopfs, und das lange Haar mit den dichten Locken war von der gleichen Farbe. Die Augen der Frau waren blau, erschienen aber nicht echt, sondern eher, als würde sie blaue Kontaktlinsen tragen, wobei ihre Augen eine andere Farbe besaßen. Natalie erblickte unverhohlenen Ehrgeiz, Geist, Intelligenz und einen Willen, der stark genug war, um rücksichtslos alles niederzuwalzen, was ihm in den Weg kam. Die Mischung wirkte erstaunlich attraktiv, als diese plötzlich aufgetauchte neue Feindin elegant die Schulter zur Seite drehte, damit der Rest der Szene in Sicht kam.
    Graziös hob die Frau den Arm. In der Hand hielt sie eine Pistole, wie

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