Mara und der Feuerbringer, Band 3: Götterdämmerung (German Edition)
lassen und sah nun der Landschaft beim Vorbeirasen zu. Er hatte wohl noch nie so einen Film gesehen und wusste darum nicht, wie man sich als Zeitreisender zu benehmen hatte. Mara war ihm dafür sehr dankbar.
Sie saß vorne neben Steffi, die den Jeep steuerte. Der Professor saß hinten neben Thumelicus und wirkte deutlich angespannter als der junge Germane.
»Ein Grund für die Scheidung war auch, dass ich nie wieder in einem Gefährt sitzen wollte, das von dir gesteuert wird«, sagte er gerade, und seine Hand suchte den Griff über der Tür.
»Wenn du jetzt am Steuer säßest, würde ich das Gleiche über dich sagen«, gab Steffi zurück und beschleunigte.
»Und darum musst du jetzt noch schneller fahren?«, rief Professor Weissinger säuerlich.
»Exakt«, erwiderte seine Exfrau, und Mara sah, wie ein leichtes Lächeln ihre Lippen umspielte.
Der Professor stöhnte und sagte dann etwas auf Latein zu Thumelicus. Dabei deutete er auf sich und Steffi und rollte mit den Augen. Der junge Germane lachte, und Mara fand, dass ihm das ganz gut stand.
Doch sie wäre nicht Mara Lorbeer, wenn sie nicht sofort analysierte, warum sie das gerade gefunden hatte, was es bedeutete, ob es eine gute Idee war, zu finden, dass der Thumelicus ein nettes Lächeln hatte, wie er wohl ihr Lächeln fand, obwohl sie bisher noch gar nicht gelächelt hatte, und tausend Dinge mehr. Außerdem wartete sie nach wie vor vergeblich darauf, wieder vierzehn zu sein! Wie konnte sie auch nur darüber nachdenken, ob Thumelicus ihr Lächeln wohl nett finden würde! Sie klang wie eine Zweitklässlerin und sah aus wie eine Avocado. Leise stöhnte sie auf. Es war gerade mal wieder echt schwer, Mara Lorbeer zu sein.
Sie sah zu Steffi hinüber.
Die schien zum Beispiel überhaupt kein Problem damit zu haben, Stefanie Warnatzsch-Abra zu sein. Und das war allein angesichts dieses Ungetüms von einem Nachnamen schon eine reife Leistung. Die Archäologin schien richtiggehend Spaß zu haben und war Feuer und Flamme für die ganze Sache. Mara hatte vorhin versucht, ihr klarzumachen, dass Feuer und Flamme genau genommen sogar ein großer Teil des Problems waren. Doch Steffi hatte sich die ganze Geschichte mit dem Feuerbringer, Dr. Thurisaz und den Göttern angehört und danach nur gesagt: »Ich finde, man merkt dein Lispeln gar nicht, wenn du auch nicht dran denkst.«
Daraufhin hatte Mara wieder an ihr Lispeln gedacht, das sie eigentlich vergessen hatte. Steffi hatte also die ganze Zeit über nur darauf geachtet, wie Maras Sprachfehler klang? Sie nahm sich vor, erst wieder etwas Längeres zu erzählen, wenn sie das Lispeln abermals vergessen hatte. Wie sie allerdings bemerken sollte, dass sie etwas vergessen hatte, ohne sich wieder daran zu erinnern, war ihr noch nicht so ganz klar. Also schwieg sie erst mal.
Sie sah wieder verstohlen in den Rückspiegel und erschrak. Thumelicus hatte sie gerade angesehen! Oder doch nicht? Wieso sollte er? Sie war ein Kind! Mit Sprachfehler. Mist. Immer noch nicht vergessen. Argh!
»Willst du nicht mal deine Mutter anrufen, Mara?«, fragte der Professor von der Rückbank. »Es ist jetzt immerhin schon halb elf, und sie macht sich vielleicht Sorgen.«
Sofort ploppte ein bleierner Sack voller Schuldgefühle über Mara auf und drückte sie tief in den Sitz. Stimmt! Mama!, dachte sie nur und wühlte nach ihrem Handy. Es war nicht in der Jackentasche mit dem Reißverschluss, wo es eigentlich sein sollte. Der stand nämlich mal wieder offen, war ja klar. Sie fand das Telefon schließlich in der Ritze zwischen Sitz und Handbremse. Das Display war aus, und es ließ sich auch nicht mehr starten.
»Hat zufällig jemand ein Ladekabel für ein XG 81F?«, fragte sie und stellte sich kurz ihr eigenes Gesicht vor, wenn Thumelicus »Na klar« gesagt hätte.
»Schau mal im Handschuhfach, da ist ein Anschluss für den Zigarettenanzünder mit ganz vielen Steckern für verschiedene Handymarken dran«, antwortete Steffi, und Mara streckte den rechten Arm nach der Klappe aus. Er war zu kurz. Genervt streckte sie sich noch etwas mehr und schaffte es dann, das Handschuhfach zu öffnen. Ein Oktopus aus Kabeln und Steckern purzelte ihr entgegen. Einer der Stecker passte doch tatsächlich in ihr Handy. Sie schloss es an und registrierte zufrieden, wie sich das Display fröhlich blinkend zurückmeldete.
»Hab ich erst vor zwei Wochen an einer Tanke gekauft. Sollte in keinem Firmenwagen fehlen, so ein Adapter«, sagte Steffi. »Man kann damit so viele
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