Mara und der Feuerbringer, Band 3: Götterdämmerung (German Edition)
Weltesche! Ich kann das alles nicht mehr hören! Also, zum allerletzten Mal: Erspar mir diesen alten Kram von vor zweitausendirgendwas Jahren, ich kann dir gar nicht sagen, wie egal mir das alles ist!«
Mara schwebte in sicherer Entfernung, denn sie wollte wirklich nicht, dass Thurisaz durch sie hindurch fuchtelte. Außerdem glitt sie ein wenig höher hinauf, denn sie wollte einen Überblick haben. Das Wohnzimmer von Dr. Rieses Suite war nicht weniger opulent als das ihre. Auffallend war der riesige Flachbildfernseher an der Wand, auf dem gerade tonlos irgendein Nachrichtensender lief.
Aber Mara hatte gerade weder Interesse an den Nachrichten noch an Innenarchitektur. Denn direkt unter ihr hockte das verdammte Eichhörnchen auf einer Stuhllehne und funkelte Thurisaz wütend an. Der war wohl gerade schwer in Fahrt, denn er war noch nicht fertig. »Weißt du, was mich so nervt an dem Geseiere von Anno Langvorbei? Dass wir hier gerade was hübsches Eigenes machen wollen, dabei laufend Probleme auftauchen und du von nichts anderem redest als davon, was für ein Prachtkerl der Nidhöggr doch ist und wem von den anderen Heinis du welche Pest an welches Körperteil wünschst. Gut, sie haben dich nie ernst genommen. Okay, sie haben dich als Boten missbraucht, ach wie schlimm, und ja, ganz sicher haben sie hinter deinem Rücken über dich gelacht. Aber das ist ebenso belanglos wie mir egal und vor allem jetzt vorbei! Jetzt sind wir am Zug, und die alten Damen und Herren sind abgemeldet. Also, entspann dich endlich mal, und lass uns um die wirklich wichtigen Sachen kümmern! Ja?«
Ja.
Plötzlich vibrierte da eine Stimme in Mara, die noch mal ein paar ganze Töne tiefer war als die vom Feuerbringer. Das konnte doch nicht …
Oh doch. Dieser massive Bass war die Stimme von Ratatösk !
Das dumme Kind und seine Gesellen sind irgendwo in der Stadt. Ich habe die bornierten Raben gesehen, also sind unsere Feinde nicht weit.
Das dumme Kind! Am liebsten hätte Mara das Zimmer geflutet und damit das blöde Vieh ertränkt. Stattdessen hörte sie weiter zu.
Thurisaz wirkte nicht gerade wie ein typischer Bösewicht. Weder saß er irgendwo im Halbdunkel und streichelte eine weiße Katze, noch griff er ab und zu in ein Becken mit Amphibien, um sie sich lebendig in den Rachen zu stopfen. Er tigerte nur nervös hin und her, redete mit den Händen mindestens genau so viel wie mit dem Mund, und Mara bemerkte, dass er schwitzte.
»Dieses dumme Kind hat aber einiges drauf, wenn ich das richtig sehe. Der Delfin ist leer, und der Stab ist für uns wertlos, hast du gesagt! Das bedeutet, dass die Kraft nicht in dem Stab steckt, sondern irgendwie von der Kleinen ausgeht!«
Nein, das bedeutet nur, dass die Kraft nicht in dem Stab steckt. Und es ist nicht nur eine Kraft, sondern vielerlei Kräfte. Es ist unmöglich, dass ein Menschlein allein so viel vermag. Dergleichen habe ich von keinem Gott gesehen.
Jetzt wird es richtig interessant, dachte Mara und wagte sich ein wenig näher heran. Jetzt erfahre ich, wie viel die beiden wissen!
»Wir müssen sie aufhalten!«, rief Thurisaz aufgebracht. »Sie hat Loge vor wenigen Stunden wieder einmal fast ausgelöscht! Ich kann nicht jedes Mal von vorne anfangen, nur weil uns dieses Kind laufend in die Suppe spuckt.«
Dann sorge dafür, dass der Feuerbringer nicht immer und immer wieder den Kampf mit ihr sucht!
»Ich habe dir schon einmal gesagt, dass ich das nicht kann! Je länger Loge existiert, desto weniger beugt er sich meiner Macht. Er hat Sigyn entführt, um sich mit dem Göttergeschlecht der Asen zu verbinden, verdammt noch mal! Das habe ich ihm nicht befohlen!«
Hätte Mara ihren Körper dabei gehabt, hätte der vor Aufregung gezittert. Sie war wirklich gerade noch rechtzeitig gekommen und hatte in wenigen Minuten mehr erfahren als in den ganzen Tagen zuvor.
Los, streitet euch weiter!, wollte sie den beiden am liebsten zurufen, ließ es aber natürlich so was von bleiben.
Thurisaz lief hin und her wie ein eingesperrtes Tier. Wäre er nicht, wer er war, Mara hätte vielleicht Mitleid mit ihm gehabt. So, wie die Dinge nun lagen, konnte er für Mara gar nicht genug schwitzen, Nägel kauen und panisch hin und her tigern.
»Ich will sie loswerden, Ratatösk. Jetzt sofort. Sie und diesen alten Klugscheißer! Und wenn wir gerade dabei sind, erlöse mich bitte auch noch von ihrer wirren Mutter, die mir sonst ein Loch durch den Schädelbasisknochen fragt!«
Bei der Erwähnung ihrer Mutter stieg
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