Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Marais-Fieber

Marais-Fieber

Titel: Marais-Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
Vom Netzwerk:
wird man zuerst eine Frau
verdächtigen. Er kann Zeit gewinnen. Pech für ihn! Die Sache mit dem
Lippenstift wendet sich gegen unseren kleinen Ausbrecher, wenn ich das mal so
sagen darf. Er hat nämlich zweideutige Interessen, obwohl... eigentlich sehr
eindeutige... Sie haben den Lippenstift nicht ganz abgewischt, Mademoiselle
Larchaut. Ist noch was drangeblieben. Genug, um die Leute im Labor der Tour Pointue glücklich zu machen. In ihrer Art sind das
nämlich auch kleine Voyeure. Lippenstift und Fingerabdrücke eines entwichenen
Schurken: die Schlußfolgerung liegt auf der Hand.“
    „Sie wissen aber ‘ne Menge!“
rief sie mit einer Art ängstlichem Respekt.
    „Ich nehm ‘ne Menge an. Gehört
zu meinem Beruf. Ich nehm zum Beispiel an, daß er Cabirol sofort umgebracht
hat, als Sie weg waren. Und ich erschein auf der Bildfläche, bevor er Zeit zum
Abhauen hat. Er versteckt sich und schlägt mich nieder.“
    „Aus welchem Grund?“
    „Aus Gewohnheit oder so.“
    Von wegen! Um sich aus dem
Staub zu machen, schlicht und einfach. Ich hatte doch den Schlüssel für das
Sicherheitsschloß in der Tasche. Jetzt wußte ich auch, warum ich so ein
eigenartiges Gefühl gehabt hatte, als ich den unheilvollen Ort verließ. Dieses
vage Gefühl, etwas vergessen zu haben, daß irgendetwas fehlte oder nicht
stimmte. Eben, bei dem Bericht der Kleinen, war’s mir eingefallen: ich hatte
die Tür zugesperrt, um... ja klar! ... und als ich die Wohnung verlassen hatte,
war der Riegel nicht mehr vorgeschoben gewesen. Da hatte es in meinem
Unterbewußtsein geklingelt. Aber selbst der Schlag auf den Kopf hatte mein
Unterbewußtsein nicht nach oben bringen können. Und so hatte es nur zu diesem
eigenartigen vagen Gefühl gereicht... Latuit war in der Wohnung gefangen. Er
mußte mir eins überziehen, um erstens den Schlüssel und zweitens das Weite zu suchen...
Also hat er mir eins übergezogen. Hat es nicht mal für
nötig gehalten, hinter sich wieder abzuschließen — was auch überhaupt nicht so
günstig gewesen wäre. Und ich hatte freie Bahn. Und Odette auch.
    „So“, schloß ich. „Möchte bloß
wissen, warum ich Ihnen das alles erzähle. Pah! Bestimmt, um etwas
wiedergutzumachen. Ich hab Sie so vieler schrecklicher Dinge verdächtigt,
daß...na ja, Schwamm drüber... Ein Glück, daß wir uns nochmal begegnet sind.
Ich hab gar nichts dagegen, daß man Cabirol beseitigt hat. Wär’ mir aber
trotzdem gegen den Strich gegangen, wenn Sie die gerechte Strafe vollstreckt
hätten. Aber...sprechen wir von was anderem. Ich interessiere mich für Maurice
Badoux. Sie wissen doch, wer das ist, oder?“ Odette runzelte die Stirn:
    „Maurice Badoux?“
    „Der Zeuge, der — offiziell —
Cabirols Leiche entdeckt und die Polizei alarmiert hat. Erzählen Sie mir nicht,
daß Sie seitdem keine Zeitungen mehr gelesen haben. In Ihrer Situation wär das
mehr als ungewöhnlich.“
    „Ich hab sie nicht nur gelesen,
ich hab sie verschlungen. Kenn sie auswendig. Ja, Maurice Badoux, der Stud...“
    Sie stockte und biß sich auf
die Lippen. Das verdammte Rot färbte wieder ab. Diesmal auf ihre Zähne. Sie sah
mir offen in die Augen. Jemand, der plötzlich merkt, daß er an der Nase
herumgeführt wurde.
    „Die Zeitungen!“ rief sie.
    Sie stampfte mit dem Fuß auf:
    „Ich bin ein riesengroßes
Rindvieh, stimmt’s?“
    „Warum denn?“
    „Weil ich mich von ihrem Schild
an der Tür beeindrucken laß... O nein!“ fuhr sie gestikulierend
fort. „Ich bedaure nicht, Sie als Beichtvater benutzt zu haben...“
    Sie zuckte die Achseln.
    „...Das hat mir gutgetan. Aber
Sie müssen doch zugeben, daß Sie ein ziemlich merkwürdiger Beichtvater sind,
oder? Ich möchte wissen, mit welchem Recht Sie mich ausgehorcht haben.
Schließlich stehen Sie mir um nichts nach, Monsieur Burma, hm?“
    Sie versuchte ein Lächeln. Es
wurde ein komplizenhafter Blick:
    „Wenn ich vertuscht habe, daß
ich in der Wohnung war, dann haben Sie anscheinend genau dasselbe getan. Von
Ihnen ist in den Zeitungen genausowenig die Rede. Und Sie haben es diesem
Maurice Badoux überlassen, die Polizei zu benachrichtigen.“
    Ich mußte lachen:
    „Touché! “ mußte ich zugeben. „Stimmt, ich habe auf jede Publicity verzichtet.“
    „Warum?“
    „Wegen meiner
gesellschaftlichen Stellung.“
    „Und was wollten Sie von
Cabirol?“
    „Tzz... Tzz... Man könnte
meinen, Sie wollen mich verhören.“
    „Wir stehen punktgleich.“
    Zweifelnd schüttelte ich den
Kopf:
    „Das würde ich

Weitere Kostenlose Bücher