Marais-Fieber
Faroux.
„Das ist kein Verbrechen. Nur,
während ich bei Badoux war, hab ich auf seinem Tisch einen Haufen Papier
gesehen... alte Dokumente... na ja, auf den ersten Blick, so von weitem... Da
hab ich mir gesagt...“
Pause.
Der Kommissar wurde ungeduldig.
„Hören Sie auf mit dem Theater!
Was haben Sie sich gesagt?“
„Daß er sie bestimmt aus dem
Archiv geklaut hatte.“
Faroux riß die Augen auf. Seine
Schnurrbarthaare sträubten sich.
„Was ist das jetzt wieder für
eine Geschichte?“ bellte er.
„Eine Geschichte eben...
historisch. Liegt wohl an dem Arrondissement. Mein Gott! Sie sehen mich an, als
wollte ich Sie auf den Arm nehmen. Ihre Flics oder die aus dem Viertel hätten
doch genausogut Dokumente bei ihm finden können, oder nicht?“
„Sie haben die Dokumente auch
gefunden. Nur haben wir diesen Gesichtspunkt nicht ins Auge gefaßt.“
„Dafür aber mich! Gut
gemacht...“ lachte ich.
Er überhörte meine Bemerkung
und griff zum Telefon, um meine Angaben überprüfen zu lassen. Dann wandte er
sich wieder an mich.
„Fahren Sie fort.“
„Na ja, das war’s eigentlich
schon. Zavatter ist ausgestiegen. Einen Jungen zu beschatten, der ins
Restaurant geht, sich dann im Archiv vergräbt und mit den Hühnern schlafengeht,
das war unter seiner Würde. Und außerdem schulde ich ihm noch Geld. Gestern bin
ich dann Badoux gefolgt. Standardprogramm: Restaurant und Staatsarchiv. Aber am
Nachmittag ist er in den Basar am Hôtel de Ville gegangen und hat Werkzeug
gekauft. Unter anderem eine zerlegbare Hacke. Ich hab mein Hirn in Gang
gesetzt...“
„Und was ist dabei
rausgekommen?“
„Folgendes: Maurice Badoux
hatte keinen Garten. Für Blumen auf der Fensterbank braucht man keine Hacke.
Also wollte er demnächst wohl ein Loch graben. Auf seinem Tisch liegen alte
Schriftstücke. Er liebt alte Gemäuer. Sein Viertel besteht nur aus so was.
Außerdem lagen zwischen den Dokumenten auch noch Zeitungsausschnitte über
Ausgrabungen von Schätzen. Ich brauchte nur noch zusammenzuzählen.“
„Ergebnis?“
„Maurice Badoux hatte endlich
einen Weg gefunden, seinem Vater zu beweisen, daß er kein Versager war. Und daß
die Liebe zu alten Gemäuern auch zum Erfolg führen kann.“
„Hm, hm“, brummte Faroux
skeptisch. „Und was haben Sie dann gemacht?“
„Den Vater angerufen, um ihn
aufzuklären. Er war aber in einer Konferenz.“
„Sie wollten ihn wieder
anrufen.“
„Ich hab mir überlegt, daß es
besser wäre, ihn zu besuchen. Und ich mußte mir genau zurechtlegen, was ich ihm
sagen wollte. Nur so hatte ich eine Chance. Ich nahm mir vor, heute zu ihm zu
gehen. Aber als ich in der Zeitung las
„Ja, ja, natürlich. Sagen Sie,
Burma, Sie müssen lange mit Badoux junior geredet haben, sonst hätten Sie nicht
alle diese Papiere so genau ansehen können. Dokumente, Zeitungsausschnitte...“
„Ziemlich lange. Ich wollte
Badoux genau kennenlernen, verstehen Sie?“
„Ich sag das, weil... Ich kenn
Sie doch! Sie haben sich für ihn interessiert. Also hätten Sie in aller Ruhe
bei ihm rumschnüffeln können, während er im Archiv war. Ist doch sonst Ihre
Art.“
„Ist sonst meine Art. In diesem
Fall hab ich aber keine Hausdurchsuchung vorgenommen.“
Der Kommissar ging nicht weiter
darauf ein.
„Was anderes: Nach Ihrem Anruf
bei dem Alten gestern, was haben Sie da gemacht?“
„Nichts.“
„Sie haben Badoux nicht weiter
beobachtet?“
„Ja, doch! Hab ein wenig vor
seinem Haus rumgestanden, bin dann aber bald abgehauen. Badoux hatte nämlich
auf dem Weg zum Basar und vom Basar nach Hause ordentlich getankt. Ich dachte,
er schlief seinen Rausch aus.“
Faroux strich über seinen
Schnurrbart.
„Das stimmt mit der
medizinischen Untersuchung überein“, nickte er.
Das Telefon klingelte.
„Kommissar Faroux... Ja...“
Er mußte lange zuhören.
„...Gut.“
Er legte auf und sah mich
lächelnd an.
„Sie verunglimpfen einen Toten.
Der Archivar hat ausgesagt, daß die fraglichen Dokumente nie zu seinen Schätzen
gehört haben.“
„Vielleicht hat er sie woanders
geklaut.“
„Möglich.“
Er stand auf.
„Das wäre alles. Ich danke
Ihnen, Burma.“
„Nichts zu danken.“
Ich stand auch auf, ohne Eile.
„Was wollte er denn in der
Ruine?“ fragte ich. „Einen Schatz suchen?“
„Genau. Unsere Sachverständigen
haben seine Dokumente untersucht und sind zu derselben Theorie gekommen wie
Sie.“
„Große Geister sind sich
einig.“
Er hob die Schultern:
„Oder
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