Marais-Fieber
dir die Telefonnummer
geben?“
„So was Ähnliches. Wo steigen
diese Akrobaten ab, wenn sie in Paris sind?“
„In der
Rue des Filles-du-Calvaire gibt’s ein Hotel-Café-Restaurant. La Piste. Steigen viele
Durchreisende ab. Ob Pearl auch, kann ich dir nicht hundertprozentig sagen.
Letzten November haben sie und Mario dort gewohnt. Aber vielleicht ist das ein
Grund für sie, jetzt woanders abzusteigen... Sag mal, vergißt mal das mit dem
Berufsgeheimnis: du willst ihnen doch nichts Böses, hm?“
„Nein, nein. Keine Sorge.“
Er lachte.
„Gut. Sonst... Laß sie in Ruhe.
Vor allem Mario. Soll mir zuerst mein Geld zurückgeben.“
„Er schuldet dir Geld?“
„Ja. Ist ein netter Kerl. Aber
dem rinnt das Geld nur so durch die Finger!“
„So was soll’s geben, ja, ja.“
„Man kann ihm nicht mal böse
sein. Nur für mich...wär wirklich nicht lustig, wenn du als Freund ihn daran
hindert würdest, bei mir seine Schulden abzustottern. Verstehst du?“
„Mach dir deswegen nicht in die
Hose“, lachte ich. „Salut. Vielleicht seh ich mir deine Zauberei an.“
„Würd mich freuen.
Wiedersehen.“
Ich legte auf.
„So. Das wäre erledigt. Wir
können für heute Feierabend machen. Vor Donnerstag oder Freitag kann ich den
Akrobaten keinen Besuch abstatten. Was machen wir, schönes Fräulein? Kino oder
Bois de Chaville?“
„Lieber ins Kino“, antwortete
Hélène. „Im Frühling ist Chaville zu gefährlich.
*
* *
Die Zeitungen, allen voran der Crépuscule, berichteten in ihren
Spätausgaben in allen Einzelheiten die Geschichte von Maurice Badoux und seinem
Schatz.
In allen Einzelheiten wäre
zuviel gesagt. Immer noch kein Wort von einem Clochard oder so, der das
ehemalige Stadthaus Isabeaus von Bayern zu seinem Unterschlupf auserkoren
hatte.
Und immer noch kein Wort über
Latuit, dem entlaufenen Sträfling von Fresnes.
Also lief er wohl noch immer
frei rum.
* * *
Am nächsten Morgen rief
Florimond Faroux mich an. „Wie Sie selbst sehen ,“ lachte ich, „spiel ich Ihnen keinen Streich. Den Teufel werd ich tun!“
Er lachte zurück.
„Blöder Witz. Heute ist
Sonntag.“
„Was kann ich für Sie tun?“
„Sie haben Badoux zu Unrecht
verdächtigt. Er war kein Dieb. Wir haben den Beweis für seine Anständigkeit.
Ich sag Ihnen das, damit Sie’s auch glauben. Bei Ihnen kann man nie wissen.
Wenn Sie ihn nämlich für einen Gauner halten, könnten Sie womöglich noch auf
einen Ihrer berühmten krummen Gedanken kommen.“
„Keine Gefahr. Woher kamen denn
nun diese Dokumente?“
„Cabirol gehörte zu denen, die
alles Mögliche kaufen und gegen jedes Pfand Geld verleihen ..
„Sogar gegen Plüschbären.“
„So einer stand tatsächlich bei
ihm rum.“
„Wenn man daran denkt, daß Sie
das Geld ehrenwerter Steuerzahler vergeuden, um seinen Mörder zu fangen... Na
ja... Wenn ich also recht verstehe, dann wollen Sie mir mittei-len, daß Cabirol
diese Dokumente gekauft hat, ja?“
„Nun...er besaß sie. Und er
kannte Badoux. Irgendwann muß der junge Mann trotz allem seine Pannenhilfe in
Anspruch genommen haben. Badoux war gebildet, wußte ‘ne Menge über historische
Gebäude, Ruinen... Also nehmen wir an, daß Cabirol ihn angeheuert hat, um ihn
die Hieroglyphen entziffern zu lassen und rauszukriegen, wie man das zu Geld
machen konnte.“
„Und Badoux stellte im
Staatsarchiv Vergleiche an?“
„Ja.“
„Also hatte ich doch recht. Die
Beziehung zu Cabirol beschränkte sich nicht darauf, drei Groschen gegen eine
Uhr zu leihen.“
„Sie hatten recht.“
„Und Sie wissen jetzt, was er
Cabirol brachte, als er seine Leiche fand.“
„So ungefähr.“
„Dann werd ich’s Ihnen ganz
genau sagen. Er kam zum Rapport. Cabirol war tot, und er dachte sich, ich
buddel auf eigene Rechnung weiter. Das konnte er natürlich den Flics nicht
erzählen. Also hat er ihnen erzählt, er wollte etwas versetzen. Richtig?“
„Richtig.“
Die Sache war abgehakt. Wie
Badoux. Sein seltsames Benehmen, seine Lügen bei der Polente, seine Beziehung
zu Cabirol, alles klärte sich von selbst.
Immerhin etwas.
So was schafft Platz.
11
Der Gehörnte
spielt nicht mehr mit
In den folgenden Tagen
herrschte völlige Windstille. Ich konnte nur alles so weiterlaufen lassen.
Fatalismus hieß die Parole. Meine ganze Arbeit bestand darin, darauf zu warten,
daß Miss Pearl nach Paris zurückkam, hoffentlich mit Jacquier im Gepäck. Das war
alles. Ansonsten... Schließlich bin ich nicht der
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