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Marais-Fieber

Marais-Fieber

Titel: Marais-Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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ich die Agentur für eineinhalb Tage dichtmachen wollten.
Ohne Umschweife forderten sie mich auf, ihnen zu folgen, und brachten mich zum Quai des Orfèvres , zu Florimond Faroux. Unterwegs fiel kein
weiteres Wort.
    Auch der Kommissar war nicht
gesprächiger. Es war Samstag. Vielleicht dachte er mit Bitterkeit an alle
diejenigen, die in den Genuß der Fünftagewoche kamen. Keine Antwort auf meinen
Gruß. Nur ein ausdrucksloser Blick. Als er sich endlich entschließen konnte,
den Mund aufzumachen, kam nur der Vorwurf:
    „Da sitzen Sie ja wieder schön
in der Tinte, Nestor Burma.“
    Er sprach ruhig, ohne Wut oder
Haß, schon eher leidgeplagt.
    Ich gähnte. Nicht daß die
Schlafmütze im Cirque d’Hiver mich angesteckt hätte. Auf dem Nachhauseweg
gestern abend hatte ich nur das heftige Verlangen
verspürt, mich vollaufen zu lassen, so ganz für mich alleine. Und heute hatte
ich den entsprechend dicken Kopf.
    „In welcher Tinte?“ fragte ich.
    „Maurice Badoux. Der Junge, der
Cabirols Leiche gefunden hat. Lesen Sie Zeitung?“
    „Jawohl, durch sie hab ich
erfahren, daß der jetzt auch verstorben ist. Und dazu noch an einem seltsamen
Ort. Aber ich versteh nicht...“
    „Sie haben sich für ihn
interessiert“, unterbrach mich Faroux.
    „Ich versteh nicht...“ setzte
ich zum zweiten Mal an.
    Der Kommissar trommelte mit den
Fingern auf seiner Schreibunterlage.
    „Antworten Sie auf meine Frage.
Haben Sie sich für ihn interessiert? Ja oder nein?“
    „Ja, ja, schon gut. Ja, hab
ich. Woher wissen Sie das?“
    „Von seinem Alten. Scheint so,
daß ein Mann namens Nestor Burma, Privatdetektiv, ihn mehrere Male wegen seines
Sohnes angerufen hat. Erst gestern noch.“
    Ich lächelte.
    „Sie können mich nicht
anklagen, weil ich meinen Namen nenne.“
    „Ich klage Sie wegen nichts an.
Warum haben Sie sich für ihn interessiert?“
    „Nennen Sie’s Intuition.“
    „Ich mag Ihre Intuitionen
nicht. Der Alte sagte, er habe den Eindruck gehabt, daß Sie Geld aus einer
Sache rausschlagen wollten, in die sein Sohn verwickelt war.“
    „Nur so eine Idee. Irgend so
eine, ohne so eine zu sein. Hab ‘ne Einnahmequelle gesucht.“
    „Ach nee! Erpressung?“
    „Nein. Meine Absichten waren
sauber. Ich dachte: Maurice Badoux hatte mit Cabirol zu tun; der war kein Heiliger;
sollte Badoux in irgendein krummes Ding verwickelt sein, wird der Vater mich
vielleicht damit beauftragen, Licht in die Sache zu bringen und seinem Ableger
größere Unannehmlichkeiten zu ersparen. Ist aber nichts draus geworden.“
    „Warum haben Sie angenommen,
daß Badoux in eine Sache mit Cabirol verwickelt war?“
    „Es erschien mir seltsam, daß
ein Fabrikantensohn sich bei einem Pfandleiher Geld holt.“
    „Das ist doch Quatsch. Man kann
Fabrikantensohn sein und blank wie’n neuer Sou. Badoux hatte sich mit seinem
Vater zerstritten.“
    „Wußte ich damals noch nicht.
Vielleicht war das ja Quatsch. Aber was danach kam, war schließlich kein
Quatsch.“
    „Erzählen Sie“, sagte Faroux
seufzend.
    „Ich hab mich als Journalist
bei Maurice Badoux eingeschlichen. Flab mich davon überzeugt, daß er zwar nicht
gerade reich, aber auch nicht so abgebrannt ist, um zum Beispiel seine Uhr
verpfänden zu müssen. Das Telefongespräch hinterher mit seinem Vater hat mich
in meiner Meinung bestärkt. Monatliche Zahlungen, verstehen Sie? Der Alte hat
mir auch noch was anderes verraten: sein Sohn war ein Versager, zu nichts
nütze. Hat’s mehrmals wiederholt, so als hätte er Spaß dran. Aber ich hab
gespürt, daß es ihm zu schaffen machte, Gegebenenfalls hätte er seine Hilfe
nicht verweigert. Falls der Sohn in irgendeinem Schlamassel steckte, meine ich.
Das war das einzige, was mich interessierte.“
    „Eine hübsche Geschichte.“
    „Jetzt reicht’s aber! Ich war
eben auch blank. Und schließlich wollte ich ihn nur von der schiefen Bahn
abbringen. Wie hat er’s aufgenommen?“
    „Wer hat was aufgenommen?“
    „Badoux senior. Den Tod seines
Sohnes.“
    „Er ist völlig gebrochen.“
    „In diesem Punkt hab ich mich
also nicht geirrt. Nützt aber jetzt wohl nichts mehr.“
    „Nein, nicht mehr viel.
Erzählen Sie weiter!,,
    „Also: ein Versager! Hab mir
gesagt, daß der Junge seinen Vater widerlegen wollte, egal wodurch. Kurz, ich
hab ihn durch Zavatter beschatten lassen, einfach so ins Blaue.“
    Ich machte eine Pause.
    „Und dann?“
    „So hab ich erfahren, daß er im
Staatsarchiv rumstöberte.“ Pause.
    „Und?“ wiederholte

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