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Marathon

Marathon

Titel: Marathon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Frangenberg
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recherchiert. Crowley lebte von 1875 bis 1947 und hielt
sich selbst für das ›große Tier‹, so eine
Art Inkarnation des Leibhaftigen. In Ägypten will er einen
Minister des Teufels kennen gelernt haben, der ihm dann an drei
Tagen dieses Buch diktiert haben soll.«
    »So, so, ein
Minister des Teufels«, höhnte Gröber.
    »Er hat eine Art
Religion geschaffen. Ihr wichtigster Grundsatz: Tu, was du willst,
das sei das ganze Gesetz. Er hat eine feine Suppe angerührt
aus alten Traditionen, ein bisschen Geheimwissen und Hexenkult
sowie indischem Geistesgut. Er gründete eine Art Geheimbund
für Auserwählte, die die Welt aus all ihren
Beschränkungen befreien sollen, einschließlich aller
überlieferten Moralvorstellungen. Um eine vollkommenere
Bewusstseinsstufe zu erreichen, sollen allerlei Rituale mit
Tieropfern, viel Blut und Sex helfen. Da ist es ganz schön
rundgegangen. Es gab ein regelrechtes Ekeltraining: Exkremente
fressen, um seinen Willen zu trainieren, der möglichst keine
Schranken mehr kennt. Und das kann die Jünger schon mal in
unsere Karteien führen.«
    »Von dem meisten
dürften wir nie was erfahren«, warf Gröber ein.
»Alles schön geheim. Und keiner packt aus, weil er Angst
hat.«
    »Ich erinnere
mich an diesen wahnsinnigen Amerikaner, der damals diese
Schauspielerin getötet hat«, sinnierte Remmer.
»Wie hieß er noch?«
    »Manson, Charles
Manson«, las Schiller von ihrem Zettel ab. »Der hielt
sich für den Teufel und Christus zugleich und hat in
Kalifornien acht Menschen rituell getötet.«
    »Die Zeitungen
waren voll davon. Die Leute waren angeekelt und gleichzeitig
fasziniert«, erinnerte sich Remmer.
    »Mit der
Berichterstattung über den Fall kam der Satanismus nach
Europa«, sagte Schiller lapidar, »und bis heute gibt es
Leute, die in Geheimlogen, Sekten oder ganz offen diesem Crowley
huldigen. Wenn Sie mehr wissen wollen, tippen Sie seinen Namen in
eine Suchmaschine im Internet.«
    »Haben wir so
ein Buch auch bei Leuschen gefunden?«
    »Bis jetzt noch
nicht«, antwortete Schiller. »Wir müssen mit der
Frau sprechen. Wir konnten da nicht einfach das ganze Haus
durchsuchen.«
    »Gut, tun Sie
das.« Remmer stand auf und drehte auf Socken eine Runde
durchs Zimmer. »Was ist mit unserer Namensliste von den
Geburtstagsfotos? Stehen da eine Mona oder eine Randy
drauf?«
    Gröber
schüttelte den Kopf.
    »Dann
müssen wir eben alle fragen, ob sie eine Mona oder eine Randy
kennen. Lasst die Jungs auch nach diesem Buch fragen. Wer hat das
noch? Wieso, weshalb, warum und so weiter. Dann müssen wir
unsere Karteien durchsuchen, ob uns irgendwelche aktiven Freaks
dieser Szene bekannt sind. Wo läuft so was hier? Bei der
Sitte? Oder bei Betrug?«
    »Vielleicht bei
den Politischen«, spekulierte Schiller.
    »Wie auch immer.
Fragen Sie nach, ob jemand was weiß. Wir müssen wissen,
ob eines unserer Opfer etwas mit der Szene zu tun
hatte.«
    »Die sahen nicht
so aus wie Satanisten, oder?«, meinte Gröber.
    »Was heißt
das schon. Vielleicht hatten sie früher mal Spaß dran.
Vielleicht ist das die Verbindung, nach der wir suchen. Vielleicht
haben sie sich heimlich zum Rumexperimentieren getroffen, ohne dass
es jemand mitbekommen hat. Eine Geheimloge eben
…«
    »… mit
knallhartem Peitschensex in dunklen Kellergewölben
…«, ergänzte Gröber.
    »… und
Ziegenscheiße zum Nachtisch«, fuhr Schiller
fort.
    »Ist mir
egal«, schloss Remmer, »holt euch die Leute, die ihr
braucht, und sucht. Vielleicht kommen wir mit diesem Liber al Dings
weiter.«

29
    Es dämmerte
schon. Er war zu spät losgelaufen. Das Gefühl war anders
als sonst, sein Tempo außerordentlich hoch. Die Umgebung kam
ihm fremd vor. Er rannte durch einen Park mit hohen Bäumen, in
dem er noch nie gewesen war. Mit voller Geschwindigkeit an
Baumreihen entlang. Sch-sch-sch-sch. Das Geräusch störte
nicht das Gefühl von Ruhe, Freiheit und Ausgeglichenheit. Im
Gegenteil. Sch-sch-sch.
    Nach einer Weile trieb
es ihn regelrecht an, weil es ihn einengte und bedrückte. Er
suchte nach einer Möglichkeit, den Weg zu verlassen,
abzubiegen auf eine Strecke, die durch lichteres Gelände oder
gar über eine Straße führte. Er fühlte sich
beobachtet. Jemand schien ihn zu verfolgen, doch wenn er sich
umschaute, konnte er nichts entdecken. Alles nur
Einbildung?
    Wenn man Angst hat,
wird man unsicher, sieht und fürchtet Dinge, die gar nicht da
sind. Es regnete in Strömen und war bitterkalt. Obwohl er
rannte wie ein Verrückter, wurde ihm nicht

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