Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Marc Levy

Marc Levy

Titel: Marc Levy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Solange du da bist
Vom Netzwerk:
Statistiken zum Krankheitsverlauf bei Komapatienten der verschiedenen Klassen bereitstellte. Noch nie war jemand von einer Reise in der »Vierten Klasse« zurückgekehrt...
    Zahlreiche Schaubilder, axonometrische Schnitte, Zeichnungen, Forschungsberichte und Literaturempfehlungen wurden auf Arthurs Computer heruntergeladen und dann ausgedruckt. Fast siebenhundert Seiten voller Informationen wurden gesichtet, sortiert und nach Schwerpunkten abgelegt.
    Arthur bestellte eine Pizza und zwei Bier und rief, dass er das alles jetzt nur noch zu lesen brauche. Lauren fragte ihn wieder, wieso er das alles tat. Er antwortete: »Das bin ich jemandem schuldig, der mir in sehr kurzer Zeit sehr viel 72
    beigebracht hat, und vor allem eins: was Glück bedeutet. Weißt du«, sagte er, »jeder Traum hat seinen Preis!« Damit nahm er seine Lektüre wieder auf, wobei er sämtliche Stellen kennzeichnete, die er nicht verstand, das heißt so ziemlich alles. Nach und nach erklärte Lauren ihm die medizinischen Fachbegriffe und Theorien.
    Arthur entrollte einen großen Bogen Papier auf seinem Zeichentisch und begann, die Notizen, die er sich gemacht hatte, darauf zusammenzufassen. Dabei ordnete er sämtliche Informationen verschiedenen Gruppen zu, die er dann umkringelte und durch Pfeile und Linien zueinander in Beziehung setzte. So entstand langsam ein riesiges Schaubild, das in ein zweites Blatt mündete, auf dem sich die Überlegungen zu Schlussfolgerungen verdichteten.
    Zwei Tage und zwei Nächte widmeten sie so dem Versuch, zu verstehen und das Rätsel, das sich ihnen stellte, zu lösen.
    Zwei Tage und zwei Nächte, um zu dem Schluss zu kommen, dass das Koma noch für einige Jahre und eine stattliche Zahl von Wissenschaftlern ein weitgehend unerforschter Zustand bleiben würde, in dem der Betroffene nicht tot, sein Körper aber von dem Geist, der ihn belebte und beseelte, getrennt war. Erschöpft und mit roten Augen schlief Arthur schließlich auf dem Fußboden ein. Lauren betrachtete das Schaubild auf dem Zeichentisch, folgte den Pfeilen mit der Fingerspitze und bemerkte dabei nicht ohne Verwunderung, dass sich das Papier unter ihrem Zeigefinger wellte.
    Sie hockte sich neben ihn, rieb ihre Hand auf dem Teppich und strich dann mit der Handfläche über seinen Unterarm. Die feinen Härchen stellten sich auf. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, sie fuhr Arthur sacht übers Haar und legte sich nachdenklich neben ihn.
    Sieben Stunden später wachte er auf. Lauren saß schon wieder am Zeichentisch.
    Er rieb sich die Augen und schenkte ihr ein Lächeln.
    73
    »In deinem Bett hättest du es sicher gemütlicher gehabt«, meinte sie, ebenfalls lächelnd, »aber du hast so fest geschlafen, dass ich dich nicht wecken mochte.«
    »Habe ich lange geschlafen?«
    »Ein paar Stunden, aber noch lange nicht genug, um dein Schlafdefizit wettzumachen.«
    Er wollte einen Kaffee trinken und sich dann gleich wieder an die Arbeit machen, aber sie bremste ihn in seinem Schwung.
    Sein Einsatz rühre sie, aber es sei verlorene Mühe. Er war kein Mediziner, sie nur Assistenzärztin, und sie beide würden das große Rätsel des Komas sicher nicht lösen.
    »Was schlägst du also vor?«
    »Du trinkst deinen Kaffee, duschst gemütlich, und wir gehen spazieren. Du kannst dich nicht von der Außenwelt abschotten und in deiner Wohnung einschließen, bloß weil du ein Gespenst zu Gast hast.«
    Der Kaffee sei schon in Arbeit, danach würden sie weitersehen, sagte er und bat sie, sich nicht länger als
    »Gespenst« zu bezeichnen, sie sehe ganz und gar nicht danach aus. Sie fragte ihn, was er mit »ganz und gar nicht« meinte, aber er wollte nicht antworten. »Sonst sage ich noch etwas Nettes, und du nimmst es mir hinterher übel.«
    Lauren zog fragend die Augenbrauen hoch und wollte wissen, was denn »etwas Nettes« sei. Er bat sie zu vergessen, was er eben gesagt hatte, doch umsonst, wie er bereits befürchtet hatte. Die Fäuste in die Seiten gestemmt, baute sie sich vor ihm auf und drang weiter in ihn.
    »Was ist etwas Nettes?«
    »Vergiss, was ich eben gesagt habe, Lauren. Du bist kein Gespenst, das ist alles.«
    »Was bin ich dann?«
    »Eine Frau, eine sehr schöne Frau, und jetzt gehe ich duschen.«
    Er verließ das Zimmer, ohne sich umzudrehen. Lauren strich 74
    wieder über den Teppich und lächelte in sich hinein. Eine halbe Stunde später schlüpfte Arthur in eine Jeans und einen dicken Kaschmirpulli und trat aus dem Bad. Er hatte Appetit auf ein gutes

Weitere Kostenlose Bücher