Marc Levy
dich zu kennen, alter Kumpel, sonst hätte ich was verpasst im Leben.«
»Ich weiß, ich verlange viel von dir.«
»Nein, das weißt du nicht! Wann musst du das alles haben?«
105
Den Krankenwagen brauchte er für den Abend des nächsten Tages, die Aktion sollte gegen dreiundzwanzig Uhr starten.
Paul sollte ihn eine halbe Stunde vorher zu Hause abholen. Am späten Vormittag würde Arthur ihn anrufen, um die Einzelheiten genau festzulegen. Er umarmte seinen Freund, drückte ihn an sich und dankte ihm von Herzen. Paul begleitete ihn etwas beunruhigt bis zu seinem Wagen.
»Danke nochmals«, sagte Arthur durch das
heruntergelassene Autofenster.
»Dafür hat man Freunde, vielleicht brauche ich dich Ende des Monats, um einem Grizzlybären in den Bergen die Nägel zu schneiden, ich sag' dir dann Bescheid. Los, zisch ab, du siehst mir ganz so aus, als hättest du noch jede Menge zu tun.«
Das Auto verschwand hinter der Kreuzung, Paul hob die Arme gen Himmel und rief: »Warum gerade ich?« Er sah einen Moment still zu den Wolken empor, und da er keine Antwort zu bekommen schien, zuckte er mit den Schultern und murmelte: »Ja, ja, ich weiß! Warum auch nicht!«
Arthur brachte den Rest des Tages damit zu, von Apotheke zu Apotheke zu eilen und den Kofferraum seines Wagens voll zu packen. Als er wieder in die Wohnung kam, fand er Lauren schlafend auf seinem Bett. Er setzte sich ganz vorsichtig neben sie und fuhr mit der Hand über ihr Haar, das er dabei kaum berührte. Leise sagte er: »Jetzt gelingt es dir schon zu schlafen.
Du bist wirklich sehr schön.«
Dann stand er ebenso vorsichtig wieder auf und ging an seinen Schreibtisch zurück. Als er das Schlafzimmer verlassen hatte, öffnete Lauren ein Auge und lächelte verschmitzt.
Arthur nahm die Formulare, die er am Abend zuvor ausgedruckt hatte, und begann sie auszufüllen. Ein paar Zeilen ließ er frei, dann schob er sie in eine Klarsichthülle. Er zog seine Jacke wieder an, nahm sein Auto und fuhr Richtung Krankenhaus. Dort hielt er auf dem Parkplatz der Unfallstation, ließ die Wagentür offen und schlich sich in die Notaufnahme.
106
Eine Überwachungskamera nahm alles auf, was im Flur vor sich ging, aber er bemerkte sie nicht. Er ging den Korridor hinunter bis zu einem großen Raum, der als Speisesaal diente.
Eine Nachtschwester sprach ihn an.
»Was tun Sie hier?«
Er wolle eine alte Freundin überraschen, die hier arbeite, ob sie sie vielleicht kenne, sie heiße Lauren Kline. Die Schwester war einen Moment lang unsicher.
»Sie haben sie wohl lange nicht mehr gesehen?«
»Mindestens ein halbes Jahr!«
Er gab sich als Fotoreporter aus, der eben erst aus Afrika zurückgekehrt sei und seiner Cousine guten Tag sagen wolle.
»Wir sind sehr gut befreundet. Arbeitet sie nicht mehr hier?«
Die Schwester wich der Frage aus und empfahl ihm, zum Empfang zu gehen, wo man ihm Auskunft geben würde. Es täte ihr leid, aber hier würde er sie nicht finden. Arthur tat beunruhigt und fragte, ob irgendetwas nicht in Ordnung sei.
Deutlich verlegen bestand sie darauf, dass er zur Hauptaufnahme des Krankenhauses ginge.
»Muss ich außen herum gehen?«
»Eigentlich schon, aber das ist ein ziemlicher Umweg ...«
Sie erklärte ihm, wie er durch den Gebäudekomplex zum Haupteingang gelangen konnte. Er verabschiedete sich dankend und mit unverändert besorgter Miene. Sobald sie weg war, huschte er von Korridor zu Korridor, bis er gefunden hatte, wonach er suchte. Durch eine angelehnte Tür sah er in einem Zimmer zwei weiße Kittel am Haken hängen. Er trat ein, nahm sie an sich, rollte sie zusammen und verbarg sie unter seinen Mantel. In der Tasche des einen fühlte er ein Stethoskop. Eilig trat er wieder auf den Flur hinaus, folgte der Wegbeschreibung der Schwester und verließ das Krankenhaus über den Haupteingang. Von da aus ging er um das Gebäude herum zurück zum Parkplatz der Notaufnahme und fuhr nach Hause.
107
Lauren saß vor dem Computer und rief, noch bevor er das Zimmer betreten hatte: »Du spinnst total!« Er antwortete nicht, ging zum Schreibtisch und ließ die beiden Kittel darauffallen.
»Du bist wirklich verrückt. Ist der Krankenwagen in der Garage?«
»Paul holt mich damit ab, morgen um halb elf.«
»Wo hast du die her?«
»Aus deinem Krankenhaus!«
»Wie machst du das alles nur? Kann dich überhaupt jemand aufhalten, wenn du dir etwas in den Kopf gesetzt hast? Zeig mir die Namen auf den Kitteln.«
Arthur faltete sie auseinander, zog den
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