Marc Levy
im Ernst, das nervt mich!«
»Was denn?«
»Was denn?« äffte er ihn nach. »Deine bescheuerte Masche, mit dir selbst zu reden!«
»Ich rede nicht mit mir selbst, Paul, ich rede mit Lauren.
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Vertrau mir, bitte.«
»Arthur, du bist vollkommen übergeschnappt. Wir müssen sofort aufhören mit diesem Unsinn, du brauchst Hilfe!«
Jetzt wurde Arthur laut.
»Dir muß man auch alles zweimal sagen. Heiliger Strohsack, vertrau mir doch einfach, das ist alles, worum ich dich bitte!«
»Dann erklär mir jetzt endlich, was das Ganze soll!« Paul schrie fast. »Im Moment sieht es nämlich ganz so aus, als hättest du den Verstand verloren. Du führst dich auf wie ein Verrückter, sprichst laut mit dir selbst, glaubst an Gespenster und ziehst mich jetzt auch noch in diese völlig irrsinnige Aktion mit rein!«
»Ich flehe dich an, fahr weiter, ich erkläre dir alles, und du, versuch einfach mal zu verstehen.«
Und während der Krankenwagen die Stadt durchquerte, erzählte Arthur seinem alten Vertrauten die ganze unerklärliche Geschichte von Anfang an.
Für einen Moment vergaß er, dass Lauren mit ihnen im Auto saß, und sprach von ihr, von ihren Blicken, ihrem Leben, ihren Zweifeln, ihrer Kraft, von den Gesprächen mit ihr, vom Zauber einiger Augenblicke, die sie miteinander erlebt hatten, von ihren kleinen gegenseitigen Attacken. Paul unterbrach ihn.
»Wenn sie wirklich hier ist, dann hast du dich gerade ganz schön reingeritten, mein Lieber.«
»Wieso?«
»Weil das, was du eben erzählt hast, eine astreine Liebeserklärung war.«
Paul wandte den Kopf und sah Arthur an. Dann sagte er mit einem zufriedenen Grinsen:
»Auf jeden Fall glaubst du deine Geschichte.«
»Natürlich glaube ich sie, wieso?«
»Weil du gerade rot geworden bist. Ich habe dich noch nie rot werden sehen«, und er konnte nicht an sich halten, fortzufahren: »Wertes Fräulein, deren Körper wir entführen 114
werden, falls Sie wirklich hier sind, kann ich Ihnen versichern, dass mein Kumpel sehr angetan ist von Ihnen, jedenfalls habe ich ihn so noch nie erlebt!«
»Halt die Klappe und fahr!«
»Ich werde dir deine Geschichte glauben, weil du mein Freund bist und mir keine Wahl lässt. Wenn Freundschaft nicht heißt, jeden Blödsinn mitzumachen, wofür ist sie dann gut, frage ich mich. Ach, da kommt ja schon dein Krankenhaus.«
»Wie Abott und Costello!« bemerkte Lauren, die die ganze Zeit still gewesen war, mit einem strahlenden Lächeln.
»Wo muß ich jetzt hin?«
»Fahr zum Eingang der Notaufnahme und stell den Wagen dort ab. Mach das Blaulicht an.«
Sie stiegen aus und gingen zur Anmeldung, wo eine Schwester sie begrüßte.
»Was bringen Sie uns?« fragte sie.
»Nichts, wir kommen, um jemanden zu holen«, antwortete Arthur in einem Ton, der keinen Zweifel an seiner Autorität aufkommen ließ.
»Wen denn?«
Er stellte sich als Doktor Bronswick vor. Er sei gekommen, um seine Patientin Lauren Kline abzuholen und in eine andere Klinik zu bringen. Die Schwester fragte sofort nach den Verlegungspapieren. Arthur gab ihr den Stapel Formulare. Sie guckte mürrisch. Warum sie ausgerechnet zum Schichtwechsel kommen müssten! Das würde mindestens eine halbe Stunde dauern, und sie hatte in fünf Minuten Dienstschluss. Arthur entschuldigte sich, sie hätten sich vorher noch um andere Patienten kümmern müssen. »Ja, mir tut es auch leid«, gab die Schwester zurück. Die Patientin liege in Zimmer 505, im fünften Stock. Sie würde inzwischen die Papiere unterschreiben, sie auf den Sitz des Krankenwagens legen und ihrer Ablösung Bescheid sagen. Das sei aber nun wirklich nicht der richtige Zeitpunkt für eine Verlegung! Arthur konnte es 115
sich nicht verkneifen, ihr zu sagen, dass man niemals im richtigen Moment käme; es sei immer entweder zu früh oder zu spät. Sie begnügte sich damit, ihnen den Weg zu zeigen.
»Ich hol' indessen die Trage«, sagte Paul, um ihr kleines Wortgefecht zu beenden. »Ich komme dann gleich nach, Doktor.«
Sie bot ihnen halbherzig ihre Hilfe an, doch Arthur lehnte ab und bat sie, Laurens Krankenakte herauszusuchen und mit den anderen Papieren in den Wagen zu legen.
»Die Akte bleibt hier, sie wird per Post nachgesandt. Das müssten Sie doch wissen«, gab sie zurück.
Mit einemmal zögerte sie.
»Sicher weiß ich das, junge Frau«, antwortete Arthur schlagfertig, »ich spreche auch nur von den aktuellen Werten: Herz-Kreislauf-Parameter, Differential-Blutbild, Blutgase, NFS, Elektrolyte,
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