Marc Levy
gerne, aber dafür haben wir jetzt keine Zeit, ich bereite Ihnen alles vor, trotzdem danke für Ihr Vertrauen, ich weiß es zu schätzen.«
Die Schwester ging in die andere Ecke des Zimmers, um die Nadel und das Röhrchen herzurichten.
»Was soll ich denn jetzt tun?« flüsterte Arthur in panischer Angst.
»Wir verschwinden sofort von hier«, antwortete Paul, »du wirst keinen direkten Zugang legen und auch keinen indirekten, einfach überhaupt keinen, wir nehmen jetzt die Beine unter den Arm und verziehen uns!«
Lauren fuhr fort:
»Du stellst dich vor ihn hin und visierst den Punkt zwei Finger breit unter seinem Brustbein an. Ich korrigiere dich, wenn du die falsche Stelle erwischst. Du setzt die Nadel mit einer Neigung von fünfzehn Grad an und führst sie langsam, aber ohne zu zögern ein. Wenn du es richtig gemacht hast, wird eine weißliche Flüssigkeit herauslaufen, wenn nicht, kommt Blut. Und bete, dass du Anfängerglück hast, sonst sitzen wir ganz tief in der Scheiße, wir und der Typ, der da liegt.«
»Ich kann das nicht tun!« flüsterte er.
»Du hast keine Wahl, und er auch nicht, er wird sterben, wenn du es nicht tust.«
»Hast du mich eigentlich eben >mein Herz< genannt, oder 119
habe ich das geträumt?«
Lauren lächelte: »Los, und atme tief ein, bevor du zustichst.«
Die Schwester hielt Arthur die Nadel hin, die sie vorbereitet hatte. Arthur setzte genau an der Stelle an, die Lauren ihm beschrieben hatte. Die Schwester sah ihm aufmerksam zu.
»Perfekt«, murmelte Lauren, »halt sie nicht ganz so schräg, und jetzt in einem Zug, los.« Die Nadel drang in den Brustkorb des Patienten. »Stop, leg den kleinen Hebel an dem Röhrchen um.« Arthur tat, was sie ihm sagte. Eine milchige Flüssigkeit rann durch den Schlauch. »Bravo, das hast du perfekt gemeistert«, sagte sie, »du hast ihm gerade das Leben gerettet.«
Paul, dem es ein paarmal schwarz vor Augen geworden war, wiederholte nur immer wieder mit tonloser Stimme: »Ich fasse es nicht.« Befreit von der Flüssigkeit, die es eingeengt hatte, fand das Herz des Kranken zu seinem normalen Rhythmus zurück. »Ich kümmere mich jetzt weiter um ihn«, sagte die Schwester voller Dankbarkeit. Arthur und Paul
verabschiedeten sich und traten wieder auf den Flur hinaus. Als sie eben aus dem Zimmer waren, konnte Paul es sich nicht verkneifen, seinen Kopf noch einmal durch den Türspalt zu stecken und dem Studenten zuzurufen:
»Sie sind wirklich total unfähig!«
Im Gehen sagte er zu Arthur:
»Du hast mir da drinnen vielleicht einen Schrecken eingejagt!«
»Sie hat mir geholfen, sie hat mir alles vorgesagt, was ich tun musste«, murmelte er.
Paul schüttelte den Kopf. »Wenn ich aufwache, dich anrufe und dir den Alptraum erzähle, den ich gerade habe, dann wirst du dich kaputtlachen, und du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr du dich über mich lustig machen wirst!«
»Komm, Paul, wir haben keine Zeit zu verlieren«, sagte Arthur.
Sie betraten das Zimmer Nummer 505. Arthur drückte auf 120
den Lichtschalter, und die Neonröhren flackerten auf.
»Hilf mir«, bat er Paul, als sie neben dem Bett standen.
»Ist sie das?«
»Nein, es ist der Typ nebenan. Natürlich ist sie das! Stell die Trage neben das Bett.«
»Machst du diesen Job schon lange?«
»So, jetzt schieb deine Hände unter ihre Knie, und paß auf die Infusion auf. Bei drei heben wir sie hoch.«
Sie legten Laurens Körper auf die Rollbahre. Arthur deckte sie wieder zu, nahm den Tropf von seinem Ständer und befestigte ihn an dem Haken über ihrem Kopf.
»Phase l ist abgeschlossen, jetzt fahren wir schnell, aber ohne Hektik wieder runter.«
»Ja, Doktor«, erwiderte Paul gereizt.
»Ihr macht das wirklich gut, ihr beiden«, sagte Lauren leise.
Sie gingen zurück zum Aufzug. Die Schwester rief vom anderen Ende des Flurs nach ihnen, Arthur drehte sich langsam um.
»Ja?«
»Es ist wieder alles in Ordnung, brauchen Sie Hilfe?«
»Nein, danke, hier ist auch alles in Ordnung.«
»Nochmals vielen Dank.«
»Keine Ursache.«
Die Türen gingen auf, und sie zwängten sich in den Fahrstuhl. Arthur und Paul seufzten im Chor.
»Drei Topmodels, zwei Wochen Hawaii, einen Testarossa und ein Segelboot.«
»Was sagst du?«
»Mein Honorar, ich berechne gerade mein Honorar für diese Nacht.«
Als sie aus dem Fahrstuhl traten, war die Eingangshalle menschenleer. Sie durchquerten sie eilig, schoben Laurens Körper in den Krankenwagen und nahmen ihre Plätze wieder ein.
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Auf
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