Marc Levy
Hämatokrit.«
»Du schlägst dich verdammt gut«, flüsterte Lauren, »wo hast du das alles her?«
»Aus dem Fernsehen«, wisperte er zurück.
Den Bericht könne er sich in ihrem Zimmer ansehen, und wenn er wolle, könne sie ihn auch begleiten, meinte die Schwester schließlich. Arthur dankte und ermunterte sie, ihren Dienst ruhig pünktlich zu beenden, er würde schon ohne sie klarkommen. Es sei schließlich Sonntag, und sie habe sich ihren Feierabend redlich verdient. Paul, der eben mit der Trage zurückgekommen war, nahm seinen Begleiter am Ellbogen und schob ihn schnell hinaus in den Flur. Der Aufzug brachte sie in den fünften Stock. Die Türen öffneten sich gerade, als Arthur zu Lauren gewandt sagte:
»Bis jetzt läuft es doch ganz gut.«
»Ja!« antworteten Lauren und Paul im Chor.
»Hast du das eben zu mir gesagt?« fragte Paul.
»Zu euch beiden.«
Aus einem der Zimmer kam ein junger Praktikant gestürzt.
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Auf ihrer Höhe blieb er unvermittelt stehen, schaute auf Arthurs Kittel und packte ihn an den Schultern. »Sie sind Arzt?« Arthur war überrascht.
»Nein, das heißt, ja, sicher, wieso?«
»Kommen Sie mit, ich habe ein Problem in der 508, mein Gott, Sie schickt der Himmel!«
Der Student rannte zurück zu dem Zimmer, aus dem er gekommen war.
»Was sollen wir tun?« fragte Arthur, starr vor Schreck.
»Das fragst du mich?« gab Paul ebenso entsetzt zurück.
»Nein, Lauren!«
»Wir gehen hin, du hast keine Wahl, ich werde dir helfen«, sagte sie.
»Wir gehen hin, wir haben keine Wahl«, wiederholte Arthur laut.
»Was soll das heißen, wir gehen hin? Du bist kein Arzt, vielleicht hörst du jetzt mal auf mit dem Quatsch, bevor wir noch jemanden umbringen!«
»Sie wird uns helfen.«
»Ach so, na dann!« sagte Paul und hob die Arme zum Himmel. »Warum ich? Warum gerade ich?«
Zu dritt betraten sie das Zimmer Nummer 508.
Der junge Mann stand am Kopfende des Bettes, eine Schwester wartete auf seine Anweisungen. Voller Panik wandte er sich an Arthur:
»Er hat eine schwere Diabetes, und eben bekam er plötzlich Herzrhythmusstörungen, ich schaffe es nicht, ihn zu stabilisieren, ich bin erst im dritten Studienjahr.«
»Schätze, das ist dem da völlig egal«, sagte Paul.
Lauren flüsterte Arthur ins Ohr:
»Reiß den Papierstreifen ab, der aus dem EKG-Gerät kommt, und lies ihn so, dass ich mit reinschauen kann."
»Machen Sie mir Licht«, befahl Arthur knapp.
Er ging um das Bett herum, riß die Aufzeichnung der EKG-117
Kurve ab, hielt sie sich ausgerollt vors Gesicht, drehte sich um und murmelte: »Kannst du was sehen?«
»Das ist ein Kammerflimmern. Der Typ ist unfähig!«
Arthur wiederholte Wort für Wort:
»Das ist ein Kammerflimmern, Sie sind unfähig!«
Paul fuhr sich mit der Hand über die Stirn und rollte mit den Augen.
»Das sehe ich, dass es ein Kammerflimmern ist, Doktor, aber was können wir tun?«
»Sie sehen gar nichts, Sie sind unfähig! Was können wir tun?« wiederholte Arthur.
»Wir fragen ihn, was er ihm schon injiziert hat«, sagte Lauren.
»Was haben Sie ihm schon injiziert?«
»Nichts!«
Und das sagte die Schwester in einem so spitzen Tonfall, dass sofort klar war, wie sehr der Student sie nervte.
»Wir sind in Panik, Doktor!«
»Sie sind unfähig!« sagte Arthur noch einmal. »Also, was tun wir?«
»Verdammt, guter Mann, ich meine, Doktor, das ist keine Vorlesung hier, der Kerl wird schon ganz grau im Gesicht!«
Paul trat nervös auf der Stelle.
»Wir wandern in den Knast, auf direktem Weg nach Saint Quentin!«
»Beruhigen Sie sich, mein Bester«, sagte Arthur zu Paul, dann wandte er sich an die Schwester:
»Entschuldigen Sie ihn, er ist neu.«
»Epinephrin, eine Injektion von zwei Milligramm, und wir legen einen direkten Zugang, jetzt wird's erst richtig spannend, mein Herz!« sagte Lauren.
»Eine Injektion von zwei Milligramm Epinephrin«, rief Arthur.
»Na, endlich! Ich hatte es schon vorbereitet, Doktor, ich 118
habe nur darauf gewartet, dass jemand die Sache in die Hand nimmt.«
»Und danach legen wir einen direkten Zugang«, verkündete er halb fragend, halb bestimmt. »Wissen Sie, wie man das macht?« fragte er den angehenden Arzt.
»Sag der Schwester, sie soll ihn legen«, sagte Lauren, bevor dieser antworten konnte, »sie wird überglücklich sein, die Ärzte lassen sie das sonst nie machen.«
»Ich habe noch nie einen gelegt«, sagte der Student.
»Junge Frau, dann werden Sie es tun!«
»Aber nicht doch, Doktor, ich würde sehr
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