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Marco Polo der Besessene 1

Marco Polo der Besessene 1

Titel: Marco Polo der Besessene 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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tauschten belustigte Blicke.
    »Ihr solltet das nicht anzweifeln«, sagte der Wirt eigensinnig.
    »Der Alte -oder einer von seinen mulahidat -wird einen
    geeigneten Mann finden -einen starken, kühnen Mann -und
    wird ihm einen mächtigen Brocken banj unter sein Essen oder
    sein Trinken mischen. Versinkt dieser Mann in Schlaf, wird er
    hinweggezaubert in die Burg ul-Jibal. Wacht er dort auf, findet
    er sich, umgeben von den schönsten jungen Männern und
    Damen, in dem schönsten Garten wieder, den man sich
    vorstellen kann. Diese kaum reichen ihm herrliche Speisen und
    noch mehr von dem hashish, ja selbst von dem verbotenen
    Wein. Sie singen und tanzen bezaubernd, entblößen die Brüste
    mit den brennenden Brustwarzen, den glatten Bauch und das
    verlockende Gesäß. Damit verführen sie ihn zum
    hinreißendsten Liebesspiel, daß ihm zuletzt wieder die Sinne
     
    schwinden. Und wieder wird er hinweggezaubert -zurück dorthin, wo er bisher gelebt hat -und dieses frühere Leben ist bestenfalls fade zu nennen im Vergleich zu dem, was er gerade genossen hat, wahrscheinlich aber sogar elendiglich. So wie das Leben eines karwansarai-Wirts.«
    Gähnend sagte mein Vater: »Ich fange an zu begreifen. Wie es so treffend heißt: Man hat ihm Zuckerbrot und Peitsche gegeben.«
    »Jawohl. Er hat jetzt die Nacht des Möglichen erlebt und verzehrt sich danach, dies wieder zu tun. Er wünscht und bettelt und betet darum, und die Werber kommen und quälen ihn mit Versprechungen, bis er verspricht, alles zu tun, was man von ihm verlangt. Ihm wird eine Aufgabe gestellt -irgendeinen Glaubensfeind zu töten oder zu stehlen oder zu rauben, um mit dem Geraubten die Schatzkammern des Alten zu füllen, und Ungläubige, die in das Land des mulahidat eindringen, in den Hinterhalt zu locken. Bewältigt er die ihm gestellte Aufgabe mit Erfolg, wird er mit einer neuerlichen Nacht des Möglichen belohnt. Und nach jeder solchen frommen Tat wieder mit einer solchen Nacht und wieder einer solchen.«
    »Von denen eine jede«, sagte mein skeptischer Onkel, »in Wahrheit nichts weiter ist als ein hashish-Traum. Irregeführt wahrhaftig!«
    »Oh, Ungläubiger!« schalt Schönheit ihn. »Sagt mir bei Eurem Barte, könnt Ihr in der Erinnerung zwischen einem köstlichen Traum und einem köstlichen Ereignis unterscheiden? Beides existiert nur in Eurer Erinnerung. Wenn Ihr einem anderen davon berichtet -wie könntet Ihr beweisen, was geschah, als Ihr wacht wart, und was, als Ihr schliefet?«
    Leutselig sagte mein Onkel Mafio: »Das werde ich Euch morgen sagen, denn jetzt bin ich müde.« Womit er aufstand, sich gewaltig reckte und herzhaft gähnte.
    Eigentlich waren wir es gar nicht gewohnt, so früh bereits schlafen zu gehen, doch mein Vater und ich gähnten auch, und so folgten wir alle Schönheit des Glaubensmonds, der uns einen langen Gang entlangführte und uns -da wir die einzigen Gäste waren - jedem einen Raum für sich anwies, die alle recht sauber waren und Stroh auf dem Boden aufwiesen. »Räume, die absichtlich weit voneinander entfernt liegen«, sagte er, »damit Euer Schnarchen die anderen nicht stört und Ihr in Euren Träumen nicht gestört werdet.«
    Gleichwohl war mein Traum ziemlich verworren. Ich schlief, und mir träumte, ich erwachte vom Schlaf, um mich -gleich einem der Auserwählten der Irregeleiteten -in einem traumhaften Garten wiederzufinden, denn dieser war voll von Blumen, wie ich sie in wachem Zustand noch nie gesehen hatte. Zwischen den besonnten Blumenbeeten tanzten Tänzer von so traumhafter Schönheit, daß man nicht sagen konnte -und es einem auch völlig gleichgültig war -, ob es sich um Mädchen oder um Knaben handelte. Träumerisch schmachtend schloß ich mich dem Tanz an und fand, wie das einem oft im Traum widerfährt, daß jede Bewegung, jeder Schritt und jedes Ausgreifen sich traumhaft langsam vollzog, als wäre die Luft Sesamöl.
    Dieser Gedanke war mir so widerwärtig -selbst im Traum erinnerte ich mich an mein Erlebnis mit dem Sesamöl -, daß aus dem besonnten Garten unvermittelt ein lauschiger Gang in einem Palast wurde, in dem ich tanzend hinter einem gleichfalls tanzenden Mädchen her war, welches das Gesicht der Dame Ilaria trug. Doch als sie mit einer Drehung in einen Raum hineinwirbelte und ich ihr durch die einzige Tür folgte und sie einholte, wurde ihr Gesicht uralt und voller Warzen und ihr sproß ein rotgrauer Bart. Mit tiefer Männerstimme sagte sie: »Salame-lech«, und ich befand mich weder in einem

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