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Marco Polo der Besessene 1

Marco Polo der Besessene 1

Titel: Marco Polo der Besessene 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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dient auch als Brennmaterial, das von Natur aus mit Öl gesättigt ist. So merkwürdig es ist, aber je grüner es aussieht, desto besser brennt das Burtsa-Holz.«
    Und noch einer sagte: »Diese Berge sind die Khwaja, die ›Herren‹. Und in so großer Höhe machen die Herren es euch unmöglich, die Richtung zu verlieren, selbst im dicksten Sturm nicht. Denkt immer nur daran, daß jeder Berg an seiner Südseite kahl ist. Seht ihr Bäume oder Büsche an den Hängen wachsen, habt ihr die Nordwand des Berges vor euch.«
    Und noch einer sagte: »Diese Berge sind die Muztagh, die ›Hüter‹. Seid bemüht, sie vollständig hinter euch zu lassen, wenn aus dem Frühling Sommer wird, denn dann setzt der Bad-i-sad-o-bist ein, der schreckliche Wind der hundertzwanzig Tage.«
    Und noch einer sagte: »Diese Berge sind der Salomons-Thron, der Takht-i-Sulaiman. Solltet ihr dort oben von einem Wirbelwind überrascht werden, könnt ihr sicher sein, daß er aus einer nahe gelegenen Höhle kommt, dem Zufluchtsort eines der vom guten König Salomon verbannten Dämons. Findet diese Höhle, wälzt Felsen vor den Eingang, und er wird aufhören zu
    wehen.« Also packten wir, zahlten für unseren Unterhalt und verabschiedeten uns von denen, mit denen wir bekannt geworden waren. Dann zogen wir weiter, mein Vater und Onkel und Nasenloch und ich auf unseren vier Reitpferden voran und ein Packpferd sowie zwei Ersatz-Packpferde, die mit fürstlichen Reichtümern beladen waren, hinterher. Von Balkh aus ritten wir geradenwegs nach Osten und kamen durch Ortschaften namens Kholm und Qonduz und Talogan, die ausschließlich als Marktplätze für die Pferdezüchter zu dienen schienen, die in diesen mit Weideplätzen gesegneten Landstrichen lebten. Jedermann dort züchtet Pferde und verkauft ständig Zuchthengste und -Stuten an die Nachbarn. Es handelt sich um sehr schöne Pferde. Jeder Züchter behauptet, seine Herde stamme von Alexanders Streitroß Bucephalos ab. Und ein jeder behauptet, das gelte nur für seine Herde, was geradezu lachhaft ist, wenn man den schwunghaften Handel bedenkt, der hier mit Pferden getrieben wird. Auf jeden Fall habe ich dort nirgends Pferde mit dem Pfauenschweif gesehen, wie ihn der Bucephalos aus meinem Alexanderbuch schmückte, in das ich mich in meiner Kindheit so oft vertieft hatte.
    Um diese Jahreszeit waren die Weiden mit Schnee bedeckt, weshalb wir nicht verfolgen konnten, wie das Grün immer spärlicher wurde, je weiter wir nach Osten kamen. Allerdings wußten wir, daß dies geschah, denn der Boden unter dem Schnee wurde erst steinig und dann felsig, es gab keine Dörfer mehr, und nur ganz gelegentlich tauchte eine karwansarai am Wege auf. Nachdem wir in den Vorbergen vor den eigentlichen Bergen das letzte Dorf hinter uns gelassen hatten -einen Haufen von Hütten aus übereinandergetürmten Steinen, der sich Ke-shem nannte, mußten wir drei von vier Malen unter freiem Himmel übernachten. Das war kein gerade idyllisches Dasein, in Eis und Kälte im Zelt unter unseren chapons liegend zu schlafen und von mehr oder weniger getrocknetem oder eingesalzenem Reiseproviant zu leben.
    Wir hatten Angst gehabt, daß dieses Leben im Freien besonders Onkel Mafio schwerfallen würde. Doch der beschwerte sich nicht einmal, wenn wir Gesunden es taten. Er behauptete, in der scharfen, kalten Luft gehe es ihm einfach besser, so wie Hakim Khosro es vorausgesehen hatte. Auch hatte sein Husten sich gelegt, und in letzter Zeit spuckte er auch kein Blut mehr. Er überließ es uns anderen, die schwere Arbeit zu verrichten, die nun mal getan werden mußte, ließ aber nicht zu, daß wir die Tagesmärsche seinetwegen abkürzten. Tag für Tag saß er im Sattel oder ging auf unwegsamerem Gelände genauso unermüdlich neben seinem Reittier her. Aber wir beeilten uns auch nicht sonderlich, denn wir wußten ja, daß wir den Rest des Winters über ohnehin stilliegen mußten, sobald wir dem Wall des Hochgebirges selbst gegenüberstanden. Nachdem wir eine Zeitlang auf dieser harten Route dahingezogen waren und von den kärglichen Rationen des Reiseproviants gelebt hatten, waren wir genauso ausgemergelt wie Onkel Mafio und nicht besonders darauf erpicht, uns zu überanstrengen. Einzig Nasenloch behielt seinen Kugelwanst, nur sah der neuerlich mehr so aus, als gehörte er nicht recht zu ihm, gleichsam als trüge er unter seinen Kleidern eine Melone mit sich herum.
    Als wir an den Ab-e-Panj-Fluß kamen, folgten wir seinem Lauf stromauf und in östlicher

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