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Marco Polo der Besessene 1

Marco Polo der Besessene 1

Titel: Marco Polo der Besessene 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Wir selbst ziehen es vor, Zarduchi genannt zu werden, denn wir sind Anhänger des Propheten Zaratushtra, dem Goldenen Kamel. Er war es, der uns gelehrt hat, den Gott Ahura Mazda zu verehren,
    dessen Name heute zu Ormuzd verschliffen wird.« »Und das bedeutet Feuer«, machte ich mich wichtig, denn soviel immerhin hatte ich von Nasenloch erfahren. Mit einer Kopfbewegung deutete ich auf die helle Lampe, die ständig im Laden brannte.
    »NichtFteuer«, sagte er, und das klang verärgert. »Es ist ein auf Nichtwissen beruhendes Vorurteil, daß wir das Feuer anbeteten. Ahura Mazda ist der Gott des Lichts, und wir lassen nur deshalb eine Flamme brennen, um an Sein wohltätiges Licht zu gemahnen, welches die Finsternis Seines Widersachers Ahriman vertreibt.«
    »Ah«, sagte ich. »Also gar nicht so unähnlich unserem Herrgott,
    der gegen Satan, gegen das Erzböse kämpft.« »Richtig, alles andere als unähnlich. Euren Christengott und den Satan habt ihr von den Juden, so wie die Muslime ihren Allah und Shaitan von ihnen haben. Und Gott und Teufel der Juden wurden offen gestanden nach dem Muster unserer Ahura Mazda und Ahriman gebildet. Desgleichen sind die Engel Gottes und die Dämonen Satans unseren himmlischen malakhim-Roten und ihrem Gegenstück, den daeva, nachempfunden. Auch entstammen Euer Himmel und Eure Hölle den Lehren Zaratushtras über das Leben nach dem Tode.«
    »Nun hört schon auf!« verwahrte ich mich. »Für Juden oder Muslime kann ich nicht sprechen, aber der wahre Glaube kann nicht nur der Religion von anderen nachgemacht worden sein...«
    Er fiel mir ins Wort: »Seht Euch doch einmal die Bilder christlicher Gottheiten oder Engel oder Heiliger an. Er oder sie werden mit einem schimmernden Heiligenschein dargestellt, habe ich nicht recht? Das ist ein hübscher Einfall, aber wir haben ihn zuerst gehabt. Dieser Heiligenschein imitiert das Licht unserer ewig brennenden Flamme, die wiederum das Licht des Ahura Mazda bedeutet, das Seinen Boten und Heiligen immerdar leuchtet.«
    Das klang recht einleuchtend, und ich wußte nicht, wie es bestreiten; doch zugeben wollte ich es selbstverständlich auch nicht, und er fuhr fort:
    »Das ist der Grund, warum wir Zardushi jahrhundertelang verfolgt wurden, und warum man sich über uns lustig gemacht hat, warum man uns zerstreute und ins Exil trieb. Und zwar Muslime, Juden und Chris ten gleichermaßen. Ein Volk, das stolz behauptet, im Besitz der einzig wahren Religion zu sein, muß doch vorgeben, diese sei ihr durch irgendeine nur ihm allein beschiedene Offenbarung zuteil geworden. Solche Völker möchten nicht daran erinnert werden, daß sie sich nur von der ursprünglichen Religion eines anderen Volkes herleitet.«
    Als ich an diesem Tag in die karwansarai zurückkehrte, dachte ich: Vielleicht ist es weise von der Kirche, von den Christen Glauben zu verlangen und ihnen die Vernunft zu verbieten. Je mehr Fragen ich stelle und je mehr Antworten ich erhalte, desto weniger weiß ich mit Gewißheit. Im Dahingehen schob ich ein wenig Schnee zusammen und formte einen Schneeball daraus. Er war rund und fest wie eine Gewißheit. Betrachtete ich ihn jedoch eingehend und genau, war sein Rundsein nichts anderes als eine dichte Fülle und Vielfalt von Punkten und Ecken. Hielt ich ihn lange genug in der Hand, würde die Festigkeit da-hinschmelzen und zu Wasser werden. Solches sind die Gefahren der Neugier, dachte ich: Alle Gewißheiten zerfallen und lösen sich auf. Jemand, der neugierig und hartnäckig genug ist, stellt vielleicht fest, daß nicht einmal die runde und feste Erdkugel wirklich rund und fest ist. Vielleicht ist er gar nicht mehr so stolz auf seine Fähigkeit zu vernünftigem Denken, wenn er hinterher gewissermaßen mit leeren Händen dasteht. Und doch -stellte die Wahrheit keinen festeren Boden dar, darauf zu stehen, als die Illusion?
    Ich weiß nicht mehr, ob es an diesem oder am nächsten Abend war, daß ich in die karwansarai zurückkehrte und dort meinen Vater und Nasenloch von ihrer Reise heimgekehrt vorfand. Auch Hakim Khosro war da, und alle drei hatten sie sich um das Krankenlager von Onkel Mafio versammelt und redeten alle auf einmal.
    »... nicht in der Stadt Kabul. Der Sultan Kutb-ud-Din hat jetzt
    weit im Süden eine eigene Hauptstadt, eine Stadt namens
    Delhi...«
     
    »Kein Wunder, daß ihr so lange fort wart«, sagte mein Onkel.
     
    »... Mußten durch ausgedehntes Gebirge hindurch und durch
    einen Paß, der Khaibar heißt...«
    »... und dann quer

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