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Marco Polo der Besessene 1

Marco Polo der Besessene 1

Titel: Marco Polo der Besessene 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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singt magische Beschwörungen -und nach einiger Zeit fängt der Kopf an zu sprechen. Auf Anfrage wird er Hungersnöte und große Ernten,
    Kriege und Friedenszeiten vorhersagen -alle möglichen Prophezeiungen dieser Art.« Ich fing an zu lachen und meinte zu begreifen, daß er bei
    diesem Streich mitmachte, der mir gespielt worden war -und
    ihn jetzt noch in die Länge zog. »Na, schön«, sagte ich zwischen zwei Lachanfällen. »Ihr habt mir jetzt eine solche Angst eingejagt, daß ich förmlich erstarrt
    bin, alter Zellengenosse. Jetzt kann ich mich nicht mehr beherrschen und leere meine Blase -dadurch wird dies schöne Öl verdorben. Aber jetzt reicht es doch wohl. Als ich Euch das letztemal sah, alter Mordecai, hatte ich keine Ahnung, daß Ihr so weit von Venedig fliehen würdet. Aber Ihr seid hier, und ich bin froh, Euch zu sehen, und Ihr habt Euren Spaß gehabt. Jetzt laßt mich hier raus, und dann laßt uns hingehen und ein Glas qawah miteinander trinken und über die Abenteuer reden, die wir erlebt haben, seit wir uns das letztemal gesehen haben.«
    Er machte keinerlei Anstalten, sich zu bewegen, sondern stand einfach da und schaute mich betrübt an. »Es reicht, Mordecai, es reicht!«
    »Ich heiße Levi«, sagte er. »Armer Bursche, Ihr seid schon so
    verhext, daß Ihr nahe daran seid, den Verstand zu verlieren.« »Mordecai, Levi, wer immer Ihr seid'« schimpfte ich, und die kalte Hand des Entsetzens griff nach mir. »Nehmt diesen verfluchten Deckel ab und laßt mich raus'«
    »Ich? Ich werde mich nicht mit diesem terephah Dreck besudeln!« erklärte er angewidert und machte vorsichtshalber einen Schritt rückwärts. »Ich bin doch kein dreckiger Araber! Ich bin ein Jude!«
    Unruhe, Wut und Verzweiflung brachten endlich Klarheit in mein benebeltes Denken, verführten mich jedoch nicht dazu, sonderlich taktvoll zu sein. Ich sagte: »Seid Ihr dann nur hergekommen, um mich in meiner Gefangenschaft zu unterhalten? Wollt Ihr mich hier für die wahnsinnigen Araber zurücklassen? Sind denn Juden genauso von aberwitzigem Aberglauben erfüllt wie sie?«
    Er knurrte: »Altidäg« und verließ mich. Das heißt, er schlurfte durch den dämmerigen Raum zur grauen Tür hinaus. Erschrocken sah ich ihm nach. Ob altidäg wohl so etwas Ähnliches wie ›du kannst mir gestohlen bleiben‹ bedeutete? Vermutlich stellte er meine einzige Hoffnung auf Rettung dar, und ich hatte nichts Besseres zu tun gehabt, als ihn zu beleidigen.
    Aber fast im Handumdrehen war er wieder da. Diesmal trug er eine schwere Metallstange in der Hand. »Altidäg«, sagte er noch einmal, doch diesmal dachte er auch daran, es zu übersetzen: »Keine Sorge. Ich werde Euch herausholen, wie Ihr mich gebeten habt, doch muß ich es tun, ohne mich mit dieser Unsauberkeit zu besudeln. Ihr habt Glück, denn ich bin Schmied, und meine Schmiede steht gerade auf der anderen Seite des Wegs. Diese Stange sollte es schaffen. Also, seid gefaßt, damit Ihr nicht fallt, wenn er zerbricht, junger Marco.«
    Er holte aus und sprang im selben Augenblick, da die Stange den Krug traf, zur Seite, damit er sein Gewand nicht mit dem Schwall Öl beschmutze, der herausgeschossen kam. Der Krug ging unter großem Krach zu Bruch, und ich schwankte unsicher hin und her, als die Scherben und das Öl den Druck von mir nahmen und sich auf dem Boden ergossen. Plötzlich hing mir der Holzdeckel wie eine Zentnerlast um den Hals, doch da ich jetzt mit den Händen um ihn herumfassen konnte, fand ich rasch die Riegel und riß sie auf. Dann ließ ich die hölzerne Scheibe in die immer größer werdende Öllache auf dem Boden platschen.
    »Werdet Ihr Jetzt große Scherereien bekommen?« fragte ich und zeigte auf den Ölsee um uns. Levi zuckte höchst umständlich und ausdrucksvoll die Achseln, breitete die Hände aus und hob die schorfigen Brauen. Ich fuhr fort: »Ihr habt mich mit meinem Namen angeredet, und außerdem habt Ihr gesagt, man hätte Euch gebeten, mich aus dieser Gefahr zu erretten.«
    »Nicht aus dieser besonderen Gefahr«, sagte er. »Es hieß bloß, ich sollte versuchen, Marco Polo aus Schwierigkeiten herauszuhalten. Außerdem war da eine kurze Beschreibung daß man Euch leicht daran erkennen könne, daß Ihr stets im Begriff stündet, in den nächstmöglichen Schlamassel hineinzugeraten.«
    »Das ist interessant. Und wer hat Euch das gesagt?« »Keine Ahnung. Ich vermute, daß Ihr einst einem Juden aus einer schlimmen Klemme herausgeholfen habt. Und wie das
    Sprichwort sagt, ist

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