Marco Polo der Besessene 2
größte und häßlichste Hure der Welt? Mußtest du dich dafür in dieser lächerlichen Verkleidung durch Hintergassen und Hintertüren schleichen? Onkel, Verworfenheit läßt sich nicht als gutes Geschäft entschuldigen.«
»Nein, nein«, sagte er und druckste wieder herum. »Nein, mir hat es weit mehr bedeutet als nur das. Das schwöre ich, obwohl ich kaum von dir erwarten kann, daß du das verstehst.«
»Sacro, nein, das tue ich nicht. Gingest du nur deiner Neugier nach. Na gut, da habe ich mir auch so manches geleistet. Aber ich weiß, wielange du jetzt schon in dieser Sache drinsteckst. Wie konntest du nur!«
»Er hat es gewollt. Und nach einiger Zeit wird selbst Erniedrigung zur Gewohnheit.«
»Und du hast nie den Wunsch verspürt, mit dieser Gewohnheit Schluß zu machen?«
»Das wollte er nicht zulassen.«
»Wollte er nicht zulassen! Aber, Onkel!«
»Er ist… ein böser Mann, vielleicht… aber auch ein sehr herrischer.«
»Das warst du früher auch. Caro Gèsu, wie tief bist du gesunken! Aber wo du von dieser Sache wie von einem Geschäft gesprochen hast, sag mir -ich muß das einfach wissen -, ist mein Vater sich über diese Entwicklung im klaren? Oder besser gesagt, diese Verwicklung?«
»Nein. Von dieser weiß er nichts. Keiner weiß davon, außer dir. Und ich wünschte, du würdest es vergessen.«
»Worauf du dich verlassen kannst, daß ich das tun werde«, sagte ich schneidend. »Sobald ich tot bin. Ich nehme an, du weißt, daß Achmad darauf aus ist, mich zu vernichten. Hast du das die ganze Zeit über gewußt?«
»Nein, das habe ich nicht, Marco. Auch das schwöre ich.«
Und wie ein Weib - das bei einer Unterhaltung immer bereit ist, einem Pfad zu folgen, auf dem sich ihr weder Bedenken noch Widersprüche noch andere Hindernisse in den Weg stellen
- begann er höchst redegewandt daherzuplappern: »Ich weiß es, jetzt, weil ich heute abend, als du kamst und ich versuchte, den Raum zu verlassen, an der Tür gelauscht habe. Sonst hat er mir nie enthüllt, wie er dich haßt, oder was für
Scheußlichkeiten er gegen dich begeht -und wie er immer noch versucht, dich in Mißkredit zu bringen und dich zu vernichten.
Selbstverständlich habe ich immer gewußt, daß er ein leidenschaftlicher Mann ist…« Und wieder wurde mir schlecht, als er abermals anhob zu wimmern und zu schluchzen: »Aber jetzt damit zu drohen, selbst mich zu benutzen… die Bilder von uns…«
Schroff fuhr ich ihn an: »Na, und? Es ist doch schon eine Weile her, daß du diese Drohungen gehört hast. Was hast du seither unternommen? Bist du weiterhin bei ihm geblieben, um wie ich von Herzen hoffe -, um diesen hündischen shaqàl umzubringen?!«
»Umbringen? Meine -den Oberminister des Khanats umbringen! Nun hör aber mal auf, Marco! Dazu hast du genausoviel Gelegenheit gehabt wie ich -und mehr Grund, und doch hast du es nicht getan. Willst du, daß dein armer Onkel es an deiner Stelle tut und sich damit dem Liebkoser ausliefert?«
»Adriò de vu! Es wäre für mich nicht das erste Mal zu sehen, wie du jemand umbringst, und du hättest zumindest größere Chancen als ich, unerkannt davonzukommen. Ich nehme an, Achmad hat genauso eine Hintertür, durch die du dich heimlich hineinschleichen kannst, wie du hier.«
»Mag er sonst sein, was er will, Marco -aber er ist der Oberminister dieses Reiches. Bist du dir darüber im klaren, was das für ein Geschrei und Gezeter ergäbe? Meinst du etwa, der, der ihn erschlägt, käme ungestraft davon? Wie lange würde es dauern, bis man auf mich stieße und mich nicht nur als seinen Mörder entlarvte, sondern -sondern -auch noch als was anderes?«
»Siehst du? Fast hättest du es gesagt. Nicht der Mord ist es, vor dem du zurückschreckst, und auch nicht die Strafe, die darauf steht. Nun, auch ich fürchte mich weder davor, zu töten, noch getötet zu werden. Das aber verspreche ich dir: Ich hole mir Achmad, bevor er mich holt. Das kannst du ihm von mir ausrichten, wenn ihr das nächstemal miteinander schmust.«
»Marco, ich bitte dich - so wie ich ihn gebeten habe -, überlege doch! Er hat dir zumindest die Wahrheit gesagt. Es gibt keinen einzigen Zeugen und nicht den geringsten Beweis, mit dem du seine Glaubwürdigkeit in Zweifel ziehen kannst; und sein Wort wiegt bestimmt mehr als deines. Wenn du dich auf eine Auseinandersetzung mit ihm einläßt, wirst du den Kürzeren ziehen.«
»Und wenn ich es nicht tue, verliere ich auch. Das einzige, worüber noch Zweifel herrschen - und das
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