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Marco Polo der Besessene 2

Marco Polo der Besessene 2

Titel: Marco Polo der Besessene 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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sogar die seltene Ehre, auf einem weißen Elefanten zu reiten.«
    Das Tier war prächtig mit Seidendecke und edelsteinfunkelndem Kopfputz, perlenbesticktem Zaumzeug und reich geschnitzter und vergoldeter hauda ausstaffiert, doch war der Elefant, wie man mir schon vor langer Zeit erklärt hatte, nicht richtig weiß. Er wies in der Tat ein paar unbestimmt menschenfleischfarbene Stellen an seiner faltigen, hellgrauen Haut auf, doch der Stallmeister und die mahawat erklärten uns, dieses »weiß« beziehe sich nicht einmal darauf -die Bezeichnung »weiß« in bezug auf Elefanten bedeute nur »etwas Besonderes, Anderes, Überlegenes«. Sie wiesen uns auf ein paar Besonderheiten dieses Tieres hin, die es -für Menschen, die täglich mit Elefanten umgingen -zu etwas Außergewöhnlichem machten. Seht zum Beispiel, sagten sie, wie hübsch die Vorderbeine sich nach außen biegen und seine Kruppe hinten steil abfällt und wie mächtig seine Wamme herunterhängt. Dies jedoch, sagten sie, als sie uns hinführten, den Schwanz des Tieres zu betrachten, sei ein unverkennbares Zeichen dafür, daß es wert sei, als ein heiliger weißer Elefant behandelt zu werden. Denn dieses Tier weise neben dem üblichen Haarquast am Schwanzende auch noch einen Saum von Fransen zu beiden Seiten dieses Anhängsels auf.
    Um mit meiner Erfahrung zu glänzen und zu zeigen, wie mühelos ich mit diesen Tieren umgehen könne, ließ ich, wie jeder Mann, der vor der Dame seines Herzens eine gute Figur machen möchte, Hui-sheng ein wenig auf die Seite treten und bedeutete ihr aufzupassen. Sodann borgte ich mir von einem der mahawat seinen ankus-Haken, langte mit diesem hoch und berührte den Elefanten an der richtigen Stelle am Rumpf, woraufhin die Kuh gehorsam den Rüssel durchbog und den Rumpf senkte, so daß ich hinaufsteigen konnte und bis auf den Nacken hinaufgehoben wurde. Hui-sheng unten führte einen Freudentanz auf und klatschte bewundernd in die Hände wie ein aufgeregtes kleines Mädchen, während Yissun ein bißchen weniger leidenschaftlich »Hui! Hui!« rief. Der Stallmeister und die Stallburschen verfolgten beifällig, wie ich mit dem heiligen Elefanten umging, und wedelten mit den Händen, daß ich ohne ihre Aufsicht mit dem Tier davonreiten könne. Daraufhin winkte ich Hui-sheng, der Elefant bog den Rüssel nochmals durch, und Hui-sheng, die sich nur reizvoll etwas zierte, wurde gleichfalls in die Höhe gehoben. Ich half ihr in die hauda hinein, ließ den Elefanten kehrtmachen und klopfte ihm dann leicht auf jene Stelle an der Schulter, die ihm den Befehl: »Vorwärts!« vermittelte. Und los ging's in wiegendem und schnell ausholendem Schritt vorüber an den zahllosen p'hra das Flußufer entlang, durch die banyangesäumten Alleen ein ganzes Stück zur Stadt hinaus.
    Als der Elefant schnaubte und trompetenhafte Schreie ausstieß, vermutete ich, daß er ghariyals witterte, die am Ufersaum dösten, oder vielleicht auch einen Tiger, der in dem gewundenen Gewirr der Banyan-bäume lauerte. Da ich den heiligen weißen Elefanten nicht aufs Spiel setzen wollte und es überdies nachgerade heiß wurde, kehrte ich zu den Stallungen zurück, und die letzten paar li legten wir in einem belustigenden Sturmschritt zurück. Als ich Hui-sheng aus der hauda heraushalf, bedankte ich mich laut bei den Elefantenwärtern und bat Yissun, das, was ich sagte, möglichst blumig zu dolmetschen. Hui-sheng dankte den Männern schweigend, doch über die Maßen anmutig, indem sie vor jedem einzelnen den wai vollführte, die Geste des die Hände vor dem Gesicht Zusammenlegens und leichten Nickens, wie Arùn es sie gelehrt hatte.
    Auf dem Rückweg zum Palast unterhielten Yissun und ich uns darüber, ob es nicht angebracht sei, einen weißen Elefanten nach Khanbalik zurückzubringen -als jenes ausgefallene Geschenk, das ich dem Khakhan versprochen hatte. Wir waren beide der Meinung, daß ein solches Tier etwas ausgesprochen Typisches für Champa sei, das freilich nicht einmal hier häufig vorkomme. Dann jedoch ging mir auf, daß man die Aufgabe, einen Elefanten diese siebentausend li schwierigstes Terrain überwinden zu lassen, besser Helden wie Hannibal von Karthago überließ, und so ließ ich den Plan fallen, nachdem Yissun gesagt hatte:
    »Offen gestanden, Älterer Bruder Marco, könnte ich einen weißen Elefanten nie von irgendeinem anderen unterscheiden, und ich bezweifle, daß Khan Kubilai dazu imstande wäre; und andere Elefanten hat er ja schon genug.«
    Es war erst

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