Marco Polo der Besessene 2
schmachtende yoni unterhalten, wie wir das im
Augenblick tun.« »Das gefällt mir«, sagte ich versonnen.
»Wirklich?«
»Die Wörter. Linga -das klingt aufrecht und standhaft, yoni hingegen weich und feucht. Ich muß gestehen, daß wir im Abendland keine so reizend ausdrucksvollen Bezeichnungen für diese Dinge haben. Ich bin so etwas wie ein Sammler in sprachlichen Dingen, wißt Ihr. Nicht wie ein Gelehrter, sondern ausschließlich zu eigenem Nutzen und Frommen und zu meiner Erbauung. Mir gefällt, wie Ihr mir all diese neuen und
exotischen Wörter beibringt.«
»Ach! Nur die Wörter.«
Gleichwohl konnte ich nicht allzuviel auf einmal davon vertragen. Deshalb ging ich und suchte den zurückhaltenden arabischen Kapitän auf und fragte ihn, was er mir über die Perlentaucher von der Chola-mandal-Küste erzählen könne und ob wir ihnen an der Küste begegnen würden.
»Ja«, sagte er und schnaubte verächtlich. »Nach dem verwünschten Aberglauben der Hindus steigen die Austern -die ›Reptilien‹, wie sie sie nennen - im April an die Oberfläche. Um diese Zeit kommt es zu Regenfällen, und jedes Reptil macht seine Schalen auf und fängt sich einen Regentropfen. Dann läßt es sich wieder am Meeresboden nieder, wo der Regentropfen sich langsam verhärtet und zu einer Perle wird. Dazu braucht es bis Oktober, und so tauchen die Taucher jetzt in die Tiefe. Ihr werdet genau zum richtigen Zeitpunkt eintreffen, wenn sie die Reptilien mit den fest gewordenen Regentropfen darin einsammeln.«
»Ein sonderbarer Aberglaube«, sagte ich. »Jeder gebildete Mensch weiß doch, daß Perlen sich um Sandkörner herum bilden. Ja, in Manzi hören die Han vielleicht bald auf, im Meer nach Perlen zu tauchen, denn sie haben vor kurzem gelernt, sie in Flußmuscheln zu züchten, indem sie ein Sandkorn in jedes Weichtier einsetzen.«
»Versucht das mal Hindus klarzumachen«, knurrte der Kapitän. »Die haben das Hirn von Weichtieren.«
An Bord eines Schiffes war es unmöglich, Tofaa lange auszuweichen. Als sie mich das nächstemal dabei überraschte, wie ich müßig an der Reling stand, lehnte sie sich daneben, bedrängte mich förmlich mit ihrer nicht unbeträchtlichen Leibesfülle und setzte ihre Unterweisung in Hindudingen fort.
»Ihr solltet auch lernen, Marco-wallah, als Kenner unter den nach-Tanzmädchen Ausschau zu halten und ihre Schönheit abzuschätzen, damit Ihr Euch nur in die allerschönste verliebt. Am besten fahrt Ihr dabei, sie im Geiste mit dem zu vergleichen, was Ihr von mir gesehen habt, denn ich entspreche in jedem Betracht dem Schönheitsideal der Hindufrau. Wie es festgesetzt wurde: die Drei und die Fünf, die Fünf, und nochmal die Fünf. Was deutlicher gesagt soviel heißt wie: drei Dinge sollten an einer Frau tief sein: ihre Stimme, ihr Verständnis und ihr Nabel. Nun bin ich selbstverständlich nicht so geschwätzig wie die meisten -alberne Mädchen, die von Würde und Zurückhaltung noch keine Ahnung haben -, aber bei den Gelegenheiten, da ich gesprochen habe, werdet Ihr, dessen bin ich sicher, bemerkt haben, daß ich keine schrille Stimme besitze und daß das, was ich sage, von tiefem weiblichem Verständnis zeugt. Und was meinen Nabel betrifft…« Sie schob den Gürtel ihres Sari herunter und lupfte den Ring aus schwellendem, dunkelbraunem Fleisch dort. »Schaut! Ihr könntet Euer Herz in diesem tiefen Nabel verstecken, oder etwa nicht?« Sie zupfte etwas verklebte alte Fusseln heraus, die sich dort versteckt hatten, und fuhr fort:
»Dann wären da die fünf Dinge, die fein und zart sein sollten: die Haut einer Frau, das Haar, ihre Finger, Zehen und Knöchel. An diesen Dingen werdet Ihr, was das betrifft, gewiß kein Fehl bei mir finden. Dann gibt es aber noch fünf Dinge bei einer Frau, die von gesundem Hellrosa sein sollten: Handteller, Fußsohle, Zunge, Nägel und Augenwinkel.« Mit dieser Aufzählung waren geradezu akrobatische Verrenkungen verbunden: Zunge herausstrecken, Krümmen ihrer Klauen, Vorweisen ihrer Handteller, Herumgezupfe an den dunkelschwarzen Säcken unter den Augen, um mir die roten Flecken in den Augenwinkeln zu zeigen, und Hochhalten eines jeden ihrer grindigen Füße, um mir die ledrige, gleichwohl jedoch sauberen Sohlen vorzuführen.
»Zum Schluß dann noch die fünf Dinge, die hochgewölbt sein sollen: Augen, Nase, Ohren, Hals und Brüste. Alles habt Ihr gesehen und bewundert, nur meinen Busen noch nicht. Schaut!« Sie wickelte den oberen Teil ihres Sari ab und entblößte
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