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Marco Polo der Besessene 2

Marco Polo der Besessene 2

Titel: Marco Polo der Besessene 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Blick auf seine Füße werfen. Jetzt war klar, warum er zu unserer Begrüßung nicht aufgestanden war, und mir dämmerte allmählich, warum dieser kurdische Bandit einen so sonderbaren Namen hatte. Beide Füße des Schäfers, sonst nackt, waren blutverkrustet und starrten im Spann von Nägeln nicht von Nagelköpfen, sondern von den hochstehenden Spitzen der Nägel -, denn beide Füße waren ihm mit Hufeisen beschlagen.
    Zwei oder drei Abende später sorgte der Chiti Ayakkabi in einem Dorf namens Tunceli dafür, daß wir es bedauerten, das Schaf geraubt zu haben. Tunceli war ein Kurdendorf und besaß nur eine einzige karwansarai, die überdies auch noch sehr klein und heruntergekommen war. Da sie mit unserer Gesellschaft von fünfzehn Berittenen und rund dreißig Ersatzpferden über Gebühr belegt gewesen wäre, ritten wir durch das Dorf hindurch und schlugen in einer grasbewachsenen Mulde neben einem klarfließenden Bach unser Lager auf. Wir hatten gegessen, rollten uns in unsere Decken und schliefe n; nur ein Mongole hatte Wache, als plötzlich die Banditen über uns waren.
    Unser einsamer Wächter hatte gerade noch Zeit, »Chiti!« zu rufen, dann wurde ihm mit einer Streitaxt der Schädel zerschmettert. Wir anderen befreiten uns in aller Hast von unseren Decken, doch die Banditen waren schon mit Schwertern und Keulen über uns hergefallen, und im schwachen Widerschein des Feuers war alles ein schreckliches Durcheinander. Mein Vater und ich hatten es Onkel Mafìo zu verdanken, daß wir nicht genauso im Handumdrehen erschlagen wurden wie unsere mongolische Eskorte. Diese Krieger wollten selbstverständlich zuerst nach den Waffen greifen, deshalb fielen die Banditen zunächst über sie her. Doch mein Vater und ich sahen Mafìo am Feuer stehen und sich belustigt und nicht recht begreifend umsehen. Wir beide stürzten uns im selben Augenblick auf ihn, packten ihn, rissen ihn zu Boden, damit er kein so besonders gutes Ziel abgab. Im nächsten Augenblick erwischte es mich über dem Ohr, und damit wurde die Nacht für mich wirklich schwarz.
    Als ich erwachte, hielt jemand meinen Kopf weich im Schoß, und als ich richtig sehen konnte, blickte ich in ein vom inzwischen neuentfachten Feuer erhelltes Frauengesicht. Es war nicht das eckige, kräftige Gesicht einer Kurdin, und umrahmt wurde es von einer Fülle von Haar, das nicht schwarz war, sondern tiefrot. Ich bemühte mich, wieder klar zu denken, und sagte mit krächzender Stimme auf farsi:
    »Bin ich tot und seid Ihr jetzt eine peri?«
    »Ihr seid nicht tot, Marco Efendi. Ich habe Euch gerade noch rechtzeitig gesehen, um die Männer zurückzuhalten.«
    »Früher habt Ihr mich aber Mirza Marco genannt, Sitaré.«
    »Marco Efendi bedeutet das gleiche. Ich bin heute mehr Kurdin als Perserin.«
    »Was ist mit meinem Vater? Und meinem Onkel?«
    »Beiden ist kein Leids geschehen. Tut mir leid, daß Ihr den Schlag abbekommen habt. Könnt Ihr Euch aufsetzen?«
    Ich setzte mich hin, obwohl die Bewegung bewirkte, daß ich meinte, der Kopf würde mir von den Schultern gerissen. Ich sah meinen Vater mit einer Gruppe schwarz beschnurrbarteter Banditen sitzen. Sie hatten qawah gemacht, und er und sie tranken und plauderten freundschaftlich miteinander, während Onkel Mafìo heiter daneben saß. Das Ganze hätte völlig normal ausgesehen, wären nicht die anderen Briganten damit beschäftigt gewesen, die Leichen der erschlagenen Mongolen wie Klafterholz aufeinanderzustapeln. Als der größte Mann mit dem verwegensten Schnurrbart sah, daß ich mich rührte, kam er zu mir und Sitaré herüber. Sie sagte: »Dies ist mein Mann, Neb Efendi, auch als Chiti Ayakkabi bekannt.«
    Er sprach genauso gut Farsi wie sie. »Ich muß mich bei Euch entschuldigen, Marco Efendi. Nie hätte ich bewußt den Mann angegriffen, der es mir ermöglicht hat, den größten Schatz meines Lebens zu gewinnen.«
    Ich hatte meine fünf Sinne immer noch nicht wieder ganz beisammen und wußte nicht, wovon er redete. Doch als ich bitteren schwarzen qawah trank, bekam ich allmählich wieder einen klaren Kopf; er und Sitaré erklärten mir, um was es ging. Er war der Kashaner Schuster, den die Almauna Esther mit ihrer Dienerin Sitaré verheiratet hatte. Bei ihm war es Liebe auf den ersten Blick gewesen, doch hätten sie nie heiraten können, wäre Sitaré nicht unberührt gewesen, und Sitaré hatte ihm freimütig erklärt, daß sie nur deshalb noch Jungfrau sei, weil ein gewisser ritterlicher Mirza Marco sich geweigert hatte,

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